Hauptmann, Gerhart: Vor Sonnenaufgang. Berlin, 1889.
Du bringst einen in Hitze,...ordentlich unheimlich. (Nimmt eine Cigarre aus der Kiste und läßt sich dann auf das Sopha links vorn nieder. Er schneidet die Spitze der Cigarre ab und hält während des Folgenden die Cigarre in der Linken, das abgetrennte Spitzchen zwischen den Fingern der rechten Hand.) Bei alledem...es amüsirt doch. Und dann: Du glaubst nicht, wie wohl es thut, so'n paar Tage auf dem Lande, abseit von den Geschäften zuzubringen. Wenn nur nicht heute dies verwünschte ...wie spät ist es denn eigentlich? Ich muß nämlich leider Gottes heute zu einem Essen nach der Stadt. -- Es war unumgänglich: dies Diner mußte ich geben. Was soll man machen, als Geschäftsmann? -- Eine Hand wäscht die andere. Die Bergbeamten sind nun 'mal d'ran gewöhnt. -- Na! eine Cigarre kann man noch rauchen, -- in aller Gemüthsruhe. (Er trägt das Spitz- chen nach dem Spucknapf, läßt sich dann abermals auf dem Sopha nieder und setzt seine Cigarre in Brand.) Loth (am Tisch; blättert stehend in einem Prachtwerk). Die Aben- teuer des Grafen Sandor. Hoffmann. Diesen Unsinn findest Du hier bei den meisten Bauern aufliegen. Loth (unter dem Blättern). Wie alt ist eigentlich Deine Schwägerin? Hoffmann. Im August einundzwanzig gewesen. Loth. Ist sie leidend? Hoffmann. Weiß nicht. -- Glaube übrigens nicht -- macht Sie Dir den Eindruck? -- Loth. Sie sieht allerdings mehr verhärmt als krank aus. Hoffmann. Na ja! die Scherereien mit der Stief- mutter...... Loth. Auch ziemlich reizbar scheint sie zu sein!? Hoffmann. Unter solchen Verhältnissen..... Ich möchte den sehen, der unter solchen Verhältnissen nicht reizbar werden würde. .................. Loth. Viel Energie scheint sie zu besitzen. Hoffmann. Eigensinn! Loth. Auch Gemüth, nicht?
Du bringſt einen in Hitze,...ordentlich unheimlich. (Nimmt eine Cigarre aus der Kiſte und läßt ſich dann auf das Sopha links vorn nieder. Er ſchneidet die Spitze der Cigarre ab und hält während des Folgenden die Cigarre in der Linken, das abgetrennte Spitzchen zwiſchen den Fingern der rechten Hand.) Bei alledem...es amüſirt doch. Und dann: Du glaubſt nicht, wie wohl es thut, ſo'n paar Tage auf dem Lande, abſeit von den Geſchäften zuzubringen. Wenn nur nicht heute dies verwünſchte ...wie ſpät iſt es denn eigentlich? Ich muß nämlich leider Gottes heute zu einem Eſſen nach der Stadt. — Es war unumgänglich: dies Diner mußte ich geben. Was ſoll man machen, als Geſchäftsmann? — Eine Hand wäſcht die andere. Die Bergbeamten ſind nun 'mal d'ran gewöhnt. — Na! eine Cigarre kann man noch rauchen, — in aller Gemüthsruhe. (Er trägt das Spitz- chen nach dem Spucknapf, läßt ſich dann abermals auf dem Sopha nieder und ſetzt ſeine Cigarre in Brand.) Loth (am Tiſch; blättert ſtehend in einem Prachtwerk). Die Aben- teuer des Grafen Sandor. Hoffmann. Dieſen Unſinn findeſt Du hier bei den meiſten Bauern aufliegen. Loth (unter dem Blättern). Wie alt iſt eigentlich Deine Schwägerin? Hoffmann. Im Auguſt einundzwanzig geweſen. Loth. Iſt ſie leidend? Hoffmann. Weiß nicht. — Glaube übrigens nicht — macht Sie Dir den Eindruck? — Loth. Sie ſieht allerdings mehr verhärmt als krank aus. Hoffmann. Na ja! die Scherereien mit der Stief- mutter...... Loth. Auch ziemlich reizbar ſcheint ſie zu ſein!? Hoffmann. Unter ſolchen Verhältniſſen..... Ich möchte den ſehen, der unter ſolchen Verhältniſſen nicht reizbar werden würde. .................. Loth. Viel Energie ſcheint ſie zu beſitzen. Hoffmann. Eigenſinn! Loth. Auch Gemüth, nicht? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <sp who="#HOF"> <p><pb facs="#f0072" n="66"/> Du bringſt einen in Hitze,...ordentlich unheimlich.<lb/><stage>(Nimmt eine Cigarre aus der Kiſte und läßt ſich dann auf das Sopha<lb/> links vorn nieder. Er ſchneidet die Spitze der Cigarre ab und hält während<lb/> des Folgenden die Cigarre in der Linken, das abgetrennte Spitzchen zwiſchen<lb/> den Fingern der rechten Hand.)</stage> Bei alledem...es amüſirt doch.<lb/> Und dann: Du glaubſt nicht, wie wohl es thut, ſo'n<lb/> paar Tage auf dem Lande, abſeit von den Geſchäften<lb/> zuzubringen. Wenn nur nicht heute dies verwünſchte<lb/> ...wie ſpät iſt es denn eigentlich? Ich muß nämlich<lb/> leider Gottes heute zu einem Eſſen nach der Stadt. —<lb/> Es war unumgänglich: dies Diner mußte ich geben.<lb/> Was ſoll man machen, als Geſchäftsmann? — Eine<lb/> Hand wäſcht die andere. Die Bergbeamten ſind nun<lb/> 'mal d'ran gewöhnt. — Na! eine Cigarre kann man<lb/> noch rauchen, — in aller Gemüthsruhe. <stage>(Er trägt das Spitz-<lb/> chen nach dem Spucknapf, läßt ſich dann abermals auf dem Sopha nieder und<lb/> ſetzt ſeine Cigarre in Brand.)</stage></p> </sp><lb/> <sp who="#LOT"> <speaker> <hi rendition="#g">Loth</hi> </speaker> <p><stage>(am Tiſch; blättert ſtehend in einem Prachtwerk).</stage> Die Aben-<lb/> teuer des Grafen Sandor.</p> </sp><lb/> <sp who="#HOF"> <speaker><hi rendition="#g">Hoffmann</hi>.</speaker> <p>Dieſen Unſinn findeſt Du hier bei<lb/> den meiſten Bauern aufliegen.</p> </sp><lb/> <sp who="#LOT"> <speaker> <hi rendition="#g">Loth</hi> </speaker> <p><stage>(unter dem Blättern). </stage>Wie alt iſt eigentlich Deine<lb/> Schwägerin?</p> </sp><lb/> <sp who="#HOF"> <speaker><hi rendition="#g">Hoffmann</hi>.</speaker> <p>Im Auguſt einundzwanzig geweſen.</p> </sp><lb/> <sp who="#LOT"> <speaker><hi rendition="#g">Loth</hi>.</speaker> <p>Iſt ſie leidend?</p> </sp><lb/> <sp who="#HOF"> <speaker><hi rendition="#g">Hoffmann</hi>.</speaker> <p>Weiß nicht. — Glaube übrigens<lb/> nicht — macht Sie Dir den Eindruck? —</p> </sp><lb/> <sp who="#LOT"> <speaker><hi rendition="#g">Loth</hi>.</speaker> <p>Sie ſieht allerdings mehr verhärmt als<lb/> krank aus.</p> </sp><lb/> <sp who="#HOF"> <speaker><hi rendition="#g">Hoffmann</hi>.</speaker> <p>Na ja! die Scherereien mit der Stief-<lb/> mutter......</p> </sp><lb/> <sp who="#LOT"> <speaker><hi rendition="#g">Loth</hi>.</speaker> <p>Auch ziemlich reizbar ſcheint ſie zu ſein!?</p> </sp><lb/> <sp who="#HOF"> <speaker><hi rendition="#g">Hoffmann</hi>.</speaker> <p>Unter ſolchen Verhältniſſen.....<lb/> Ich möchte den ſehen, der unter ſolchen Verhältniſſen<lb/> nicht reizbar werden würde.</p><lb/> <p>..................</p> </sp><lb/> <sp who="#LOT"> <speaker><hi rendition="#g">Loth</hi>.</speaker> <p>Viel Energie ſcheint ſie zu beſitzen.</p> </sp><lb/> <sp who="#HOF"> <speaker><hi rendition="#g">Hoffmann</hi>.</speaker> <p>Eigenſinn!</p> </sp><lb/> <sp who="#LOT"> <speaker><hi rendition="#g">Loth</hi>.</speaker> <p>Auch Gemüth, nicht?</p> </sp><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [66/0072]
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des Folgenden die Cigarre in der Linken, das abgetrennte Spitzchen zwiſchen
den Fingern der rechten Hand.) Bei alledem...es amüſirt doch.
Und dann: Du glaubſt nicht, wie wohl es thut, ſo'n
paar Tage auf dem Lande, abſeit von den Geſchäften
zuzubringen. Wenn nur nicht heute dies verwünſchte
...wie ſpät iſt es denn eigentlich? Ich muß nämlich
leider Gottes heute zu einem Eſſen nach der Stadt. —
Es war unumgänglich: dies Diner mußte ich geben.
Was ſoll man machen, als Geſchäftsmann? — Eine
Hand wäſcht die andere. Die Bergbeamten ſind nun
'mal d'ran gewöhnt. — Na! eine Cigarre kann man
noch rauchen, — in aller Gemüthsruhe. (Er trägt das Spitz-
chen nach dem Spucknapf, läßt ſich dann abermals auf dem Sopha nieder und
ſetzt ſeine Cigarre in Brand.)
Loth (am Tiſch; blättert ſtehend in einem Prachtwerk). Die Aben-
teuer des Grafen Sandor.
Hoffmann. Dieſen Unſinn findeſt Du hier bei
den meiſten Bauern aufliegen.
Loth (unter dem Blättern). Wie alt iſt eigentlich Deine
Schwägerin?
Hoffmann. Im Auguſt einundzwanzig geweſen.
Loth. Iſt ſie leidend?
Hoffmann. Weiß nicht. — Glaube übrigens
nicht — macht Sie Dir den Eindruck? —
Loth. Sie ſieht allerdings mehr verhärmt als
krank aus.
Hoffmann. Na ja! die Scherereien mit der Stief-
mutter......
Loth. Auch ziemlich reizbar ſcheint ſie zu ſein!?
Hoffmann. Unter ſolchen Verhältniſſen.....
Ich möchte den ſehen, der unter ſolchen Verhältniſſen
nicht reizbar werden würde.
..................
Loth. Viel Energie ſcheint ſie zu beſitzen.
Hoffmann. Eigenſinn!
Loth. Auch Gemüth, nicht?
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