Hauptmann, Gerhart: Vor Sonnenaufgang. Berlin, 1889.
Sundainseln.....am Ende fiel mir ein, daß mein Knabenstreich ja mittlerweile verjährt war, da habe ich mich denn entschlossen in die Mausefalle zurückzukriechen. Loth. Und Dein Schweizer Examen? Dr. Schimmelpfennig. Ich mußte eben die Geschichte hier noch mal über mich ergehen lassen. Loth. Du hast also das Staatsexamen zwei Mal gemacht, Kerl!? Dr. Schimmelpfennig. Ja! -- schließlich habe ich dann glücklicherweise diese fette Weide hier ausfindig gemacht. Loth. Du bist zähe, zum beneiden. Dr. Schimmelpfennig. Wenn man nur nicht plötzlich mal zusammenklappt. -- Na! schließlich ist's auch kein Unglück. Loth. Hast Du denn 'ne große Praxis? Dr. Schimmelpfennig. Ja! Mitunter komme ich erst um fünf Uhr früh zu Bett, um sieben Uhr fängt dann bereits wieder meine Sprechstunde an. (Eduard kommt und bringt Caffee.) Dr. Schimmelpfennig (indem er sich am Tisch niederläßt, zu Eduard). Danke Eduard! -- (zu Loth.) Caffee saufe ich ...unheimlich. Loth. Du solltest das lieber lassen mit dem Caffee. Dr. Schimmelpfennig. Was soll man machen. (Er nimmt kleine Schlucke.) Wie gesagt -- ein Jahr noch, dann -- hört's auf...hoffentlich wenigstens. Loth. Willst Du dann gar nicht mehr practicieren? Dr. Schimmelpfennig. Glaube nicht. Nein... nicht mehr. (Er schiebt das Tablet mit dem Caffeegeschirr zurück, wischt sich den Mund.) Uebrigens -- zeig' mal Deine Hand. (Loth hält ihm beide Hände hin.) Nein? -- keine Dalekarlierin heim- geführt? -- keine gefunden, wie?....Wolltest doch immer so 'n Ur- und Kernweib von wegen des gesunden Blutes. Hast übrigens recht: wenn schon, denn schon ...oder nimmst Du's in dieser Beziehung etwa nicht mehr so genau?
Sundainſeln.....am Ende fiel mir ein, daß mein Knabenſtreich ja mittlerweile verjährt war, da habe ich mich denn entſchloſſen in die Mauſefalle zurückzukriechen. Loth. Und Dein Schweizer Examen? Dr. Schimmelpfennig. Ich mußte eben die Geſchichte hier noch mal über mich ergehen laſſen. Loth. Du haſt alſo das Staatsexamen zwei Mal gemacht, Kerl!? Dr. Schimmelpfennig. Ja! — ſchließlich habe ich dann glücklicherweiſe dieſe fette Weide hier ausfindig gemacht. Loth. Du biſt zähe, zum beneiden. Dr. Schimmelpfennig. Wenn man nur nicht plötzlich mal zuſammenklappt. — Na! ſchließlich iſt's auch kein Unglück. Loth. Haſt Du denn 'ne große Praxis? Dr. Schimmelpfennig. Ja! Mitunter komme ich erſt um fünf Uhr früh zu Bett, um ſieben Uhr fängt dann bereits wieder meine Sprechſtunde an. (Eduard kommt und bringt Caffee.) Dr. Schimmelpfennig (indem er ſich am Tiſch niederläßt, zu Eduard). Danke Eduard! — (zu Loth.) Caffee ſaufe ich ...unheimlich. Loth. Du ſollteſt das lieber laſſen mit dem Caffee. Dr. Schimmelpfennig. Was ſoll man machen. (Er nimmt kleine Schlucke.) Wie geſagt — ein Jahr noch, dann — hört's auf...hoffentlich wenigſtens. Loth. Willſt Du dann gar nicht mehr practicieren? Dr. Schimmelpfennig. Glaube nicht. Nein... nicht mehr. (Er ſchiebt das Tablet mit dem Caffeegeſchirr zurück, wiſcht ſich den Mund.) Uebrigens — zeig' mal Deine Hand. (Loth hält ihm beide Hände hin.) Nein? — keine Dalekarlierin heim- geführt? — keine gefunden, wie?....Wollteſt doch immer ſo 'n Ur- und Kernweib von wegen des geſunden Blutes. Haſt übrigens recht: wenn ſchon, denn ſchon ...oder nimmſt Du's in dieſer Beziehung etwa nicht mehr ſo genau? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <sp who="#SCH"> <p><pb facs="#f0097" n="91"/> Sundainſeln.....am Ende fiel mir ein, daß mein<lb/> Knabenſtreich ja mittlerweile verjährt war, da habe ich<lb/> mich denn entſchloſſen in die Mauſefalle zurückzukriechen.</p> </sp><lb/> <sp who="#LOT"> <speaker><hi rendition="#g">Loth</hi>.</speaker> <p>Und Dein Schweizer Examen?</p> </sp><lb/> <sp who="#SCH"> <speaker><hi rendition="#aq">Dr.</hi><hi rendition="#g">Schimmelpfennig</hi>.</speaker> <p>Ich mußte eben die<lb/> Geſchichte hier noch mal über mich ergehen laſſen.</p> </sp><lb/> <sp who="#LOT"> <speaker><hi rendition="#g">Loth</hi>.</speaker> <p>Du haſt alſo das Staatsexamen zwei Mal<lb/> gemacht, Kerl!?</p> </sp><lb/> <sp who="#SCH"> <speaker><hi rendition="#aq">Dr.</hi><hi rendition="#g">Schimmelpfennig</hi>.</speaker> <p>Ja! — ſchließlich habe<lb/> ich dann glücklicherweiſe dieſe fette Weide hier ausfindig<lb/> gemacht.</p> </sp><lb/> <sp who="#LOT"> <speaker><hi rendition="#g">Loth</hi>.</speaker> <p>Du biſt zähe, zum beneiden.</p> </sp><lb/> <sp who="#SCH"> <speaker><hi rendition="#aq">Dr.</hi><hi rendition="#g">Schimmelpfennig</hi>.</speaker> <p>Wenn man nur nicht<lb/> plötzlich mal zuſammenklappt. — Na! ſchließlich iſt's<lb/> auch kein Unglück.</p> </sp><lb/> <sp who="#LOT"> <speaker><hi rendition="#g">Loth</hi>.</speaker> <p>Haſt Du denn 'ne große Praxis?</p> </sp><lb/> <sp who="#SCH"> <speaker><hi rendition="#aq">Dr.</hi><hi rendition="#g">Schimmelpfennig</hi>.</speaker> <p>Ja! Mitunter komme<lb/> ich erſt um fünf Uhr früh zu Bett, um ſieben Uhr<lb/> fängt dann bereits wieder meine Sprechſtunde an.</p><lb/> <p> <stage>(Eduard kommt und bringt Caffee.)</stage> </p> </sp><lb/> <sp who="#SCH"> <speaker> <hi rendition="#aq">Dr.</hi> <hi rendition="#g">Schimmelpfennig</hi> </speaker> <p><stage>(indem er ſich am Tiſch niederläßt,<lb/> zu Eduard).</stage> Danke Eduard! — <stage>(zu Loth.)</stage> Caffee ſaufe ich<lb/> ...unheimlich.</p> </sp><lb/> <sp who="#LOT"> <speaker><hi rendition="#g">Loth</hi>.</speaker> <p>Du ſollteſt das lieber laſſen mit dem Caffee.</p> </sp><lb/> <sp who="#SCH"> <speaker><hi rendition="#aq">Dr.</hi><hi rendition="#g">Schimmelpfennig</hi>.</speaker> <p>Was ſoll man machen.<lb/><stage>(Er nimmt kleine Schlucke.)</stage> Wie geſagt — ein Jahr noch,<lb/> dann — hört's auf...hoffentlich wenigſtens.</p> </sp><lb/> <sp who="#LOT"> <speaker><hi rendition="#g">Loth</hi>.</speaker> <p>Willſt Du dann gar nicht mehr practicieren?</p> </sp><lb/> <sp who="#SCH"> <speaker><hi rendition="#aq">Dr.</hi><hi rendition="#g">Schimmelpfennig</hi>.</speaker> <p>Glaube nicht. Nein...<lb/> nicht mehr. <stage>(Er ſchiebt das Tablet mit dem Caffeegeſchirr zurück, wiſcht<lb/> ſich den Mund.)</stage> Uebrigens — zeig' mal Deine Hand. <stage>(Loth<lb/> hält ihm beide Hände hin.)</stage> Nein? — keine Dalekarlierin heim-<lb/> geführt? — keine gefunden, wie?....Wollteſt doch<lb/> immer ſo 'n Ur- und Kernweib von wegen des geſunden<lb/> Blutes. Haſt übrigens recht: wenn ſchon, denn ſchon<lb/> ...oder nimmſt Du's in dieſer Beziehung etwa nicht<lb/> mehr ſo genau?</p> </sp><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [91/0097]
Sundainſeln.....am Ende fiel mir ein, daß mein
Knabenſtreich ja mittlerweile verjährt war, da habe ich
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Loth. Und Dein Schweizer Examen?
Dr. Schimmelpfennig. Ich mußte eben die
Geſchichte hier noch mal über mich ergehen laſſen.
Loth. Du haſt alſo das Staatsexamen zwei Mal
gemacht, Kerl!?
Dr. Schimmelpfennig. Ja! — ſchließlich habe
ich dann glücklicherweiſe dieſe fette Weide hier ausfindig
gemacht.
Loth. Du biſt zähe, zum beneiden.
Dr. Schimmelpfennig. Wenn man nur nicht
plötzlich mal zuſammenklappt. — Na! ſchließlich iſt's
auch kein Unglück.
Loth. Haſt Du denn 'ne große Praxis?
Dr. Schimmelpfennig. Ja! Mitunter komme
ich erſt um fünf Uhr früh zu Bett, um ſieben Uhr
fängt dann bereits wieder meine Sprechſtunde an.
(Eduard kommt und bringt Caffee.)
Dr. Schimmelpfennig (indem er ſich am Tiſch niederläßt,
zu Eduard). Danke Eduard! — (zu Loth.) Caffee ſaufe ich
...unheimlich.
Loth. Du ſollteſt das lieber laſſen mit dem Caffee.
Dr. Schimmelpfennig. Was ſoll man machen.
(Er nimmt kleine Schlucke.) Wie geſagt — ein Jahr noch,
dann — hört's auf...hoffentlich wenigſtens.
Loth. Willſt Du dann gar nicht mehr practicieren?
Dr. Schimmelpfennig. Glaube nicht. Nein...
nicht mehr. (Er ſchiebt das Tablet mit dem Caffeegeſchirr zurück, wiſcht
ſich den Mund.) Uebrigens — zeig' mal Deine Hand. (Loth
hält ihm beide Hände hin.) Nein? — keine Dalekarlierin heim-
geführt? — keine gefunden, wie?....Wollteſt doch
immer ſo 'n Ur- und Kernweib von wegen des geſunden
Blutes. Haſt übrigens recht: wenn ſchon, denn ſchon
...oder nimmſt Du's in dieſer Beziehung etwa nicht
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Zitationshilfe: | Hauptmann, Gerhart: Vor Sonnenaufgang. Berlin, 1889, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauptmann_sonnenaufgang_1889/97>, abgerufen am 16.02.2025. |