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Staats- und Gelehrte Zeitung des Hamburgischen unpartheyischen Correspondenten. Nr. 116, Hamburg, 22. Juli 1789.

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erste Seite
Mit allergnädigster Kayserlichen Freyheit.
Staats- und [Abbildung] Gelehrte
Zei- tung
des Hamburgischen unpartheyischen
CORRESPONDENTEN.

Anno 1789.    (Am Mittewochen, den 22 Julii.)    
Num. 116.



[Beginn Spaltensatz]

Die heutige Hofzeitung enthält folgende Nachricht
unsers Ministers zu Constantinopel:


"Die Pest dauert in dem Bagnino noch fort, und
es ist nun gewiß, daß sie sich auch am Bord eines
Schiffes von der Flotte geäußert hat,
die durch
widrigen Wind sich noch beym Eingange des Canals
aufhält."

Eben gedachte Hofzeitung bestätiget auch unter Paris
die (bereits gestern gemeldete) Nachricht, daß der Baron
von Breteuil, Präsident des Finanz-Conseils; der Her-
zog de la Vauguyon, Minister der auswärtigen Ange-
legenheiten, und der Marschall von Broglio, Kriegs-
Minister geworden.

Parlementssachen.

Der lange gedrohete und von manchen vielleicht ge-
fürchtete Vortrag des Herrn Sheridans über den Zustand
der Finanzen des Reichs hatte endlich am Freytage im
Unterhause Statt. Er machte den Eingang dazu mit
vieler Laune und zum Theil bitterer Satyre, in welcher
Herr Pitt und seine Freunde ziemlich herhalten mußten.
Es waren vier Sätze, die er in der Folge seiner Rede
zu beweisen sich bemühte: Erstlich, daß in den dreyen
letzt verflossenen Jahren die Ausgaben des Staats die
Einnahme desselben jährlich um 2 Millionen überstie-
gen hätten, und noch in den zweyen nächst folgenden
übersteigen würden. Zweytens, daß der Bericht, welchen
die zur Untersuchung der Finanzen im Jahre 1786 nie-
dergesetzte Committee abgestattet habe, in allen Haupt-
punkten ungegründet befunden werde. Drittens, daß
von den National-Schulden nichts abgetragen worden,
sondern dieselben seit dem Jahre 1786 vergrößert sind.
Viertens, daß bey dem gegenwärtigen Zustande unserer
Einnahme und Ausgabe auch nicht eine entfernte
Hoffnung unterhalten werden könne, die National-
[Spaltenumbruch] Schuld zu vermindern. Es ist unmöglich, in dem engen
Raume dieser Blätter dem Redner durch eine Menge
von Zahlen und Berechnungen zu folgen, wodurch er
seine Sätze zu beweisen sich bemühete. Da seine Be-
hauptungen sich auf die auf der Tafel des Hauses vor-
gelegten Papiere, welche er vorläufig gefordert hatte,
gründeten, so hatten sie allerdings einigen Anschein der
Glaubwürdigkeit. Weil indessen Herr Sheridan nicht
bloß auf sein Wort und auf die in seiner Rede ange-
brachten Zeugnisse geglaubt zu werden verlangte; so
that er den Antrag, daß eine Committee von 15 Par-
lementsgliedern ernannt würde, um den Zustand der
Finanzen des Königreichs zu untersuchen, und dem
Hause neuen Bericht darüber abzustatten. Seine Un-
partheyligkeit dabey wollte er dadurch zeigen, daß er
meistens solche Parlementsherren dazu vorschlug, die
auf der Seite des Ministers sind, und für ihn stimmen.
Er las die Namen derselben von einem Papiere ab,
auf welchem er sie niedergesetzt hatte. -- Herrn Pitts
vertrauter Freund, Herr Grenville, der letzthin Sprecher
war, und jetzt Staats-Secretair ist, widersetzte sich die-
sem Antrage aus allen Kräften. Er hieß den Vorschlag
zu einer Finanz-Committee läppisch und verdrießlich,
behauptete auch, daß nicht die geringste Ursache dazu
vorhanden sey. Nach Parlements-Gebrauch lege der
Minister an einem dazu bestimmten Tage den Finanz-
Zustand der Nation im Parlemente vor. Hätte Herr
Sheridan mit Grunde etwas einzuwenden gehabt, war-
um habe er es denn damals nicht gleich gethan? Es
sey völlig wahr, daß die Einkünfte des Staats, wie Herr
Pitt es vorgelegt habe, die Ausgaben überträfen, und
daß die Schulden der Nation um mehr als 3 Millionen
vermindert wären. Ums Jahr 1791 werde alles auf
einem solchen Fuße sich befinden, daß der Minister für
die Bedürfnisse des Jahres keine neue Anleihen zu
machen nothig haben werde. -- Herr Fox lachte über

Mit allergnaͤdigſter Kayſerlichen Freyheit.
Staats- und [Abbildung] Gelehrte
Zei- tung
des Hamburgiſchen unpartheyiſchen
CORRESPONDENTEN.

Anno 1789.    (Am Mittewochen, den 22 Julii.)    
Num. 116.



[Beginn Spaltensatz]

Die heutige Hofzeitung enthaͤlt folgende Nachricht
unſers Miniſters zu Conſtantinopel:


“Die Peſt dauert in dem Bagnino noch fort, und
es iſt nun gewiß, daß ſie ſich auch am Bord eines
Schiffes von der Flotte geaͤußert hat,
die durch
widrigen Wind ſich noch beym Eingange des Canals
aufhaͤlt.”

Eben gedachte Hofzeitung beſtaͤtiget auch unter Paris
die (bereits geſtern gemeldete) Nachricht, daß der Baron
von Breteuil, Praͤſident des Finanz-Conſeils; der Her-
zog de la Vauguyon, Miniſter der auswaͤrtigen Ange-
legenheiten, und der Marſchall von Broglio, Kriegs-
Miniſter geworden.

Parlementsſachen.

Der lange gedrohete und von manchen vielleicht ge-
fuͤrchtete Vortrag des Herrn Sheridans uͤber den Zuſtand
der Finanzen des Reichs hatte endlich am Freytage im
Unterhauſe Statt. Er machte den Eingang dazu mit
vieler Laune und zum Theil bitterer Satyre, in welcher
Herr Pitt und ſeine Freunde ziemlich herhalten mußten.
Es waren vier Saͤtze, die er in der Folge ſeiner Rede
zu beweiſen ſich bemuͤhte: Erſtlich, daß in den dreyen
letzt verfloſſenen Jahren die Ausgaben des Staats die
Einnahme deſſelben jaͤhrlich um 2 Millionen uͤberſtie-
gen haͤtten, und noch in den zweyen naͤchſt folgenden
uͤberſteigen wuͤrden. Zweytens, daß der Bericht, welchen
die zur Unterſuchung der Finanzen im Jahre 1786 nie-
dergeſetzte Committee abgeſtattet habe, in allen Haupt-
punkten ungegruͤndet befunden werde. Drittens, daß
von den National-Schulden nichts abgetragen worden,
ſondern dieſelben ſeit dem Jahre 1786 vergroͤßert ſind.
Viertens, daß bey dem gegenwaͤrtigen Zuſtande unſerer
Einnahme und Ausgabe auch nicht eine entfernte
Hoffnung unterhalten werden koͤnne, die National-
[Spaltenumbruch] Schuld zu vermindern. Es iſt unmoͤglich, in dem engen
Raume dieſer Blaͤtter dem Redner durch eine Menge
von Zahlen und Berechnungen zu folgen, wodurch er
ſeine Saͤtze zu beweiſen ſich bemuͤhete. Da ſeine Be-
hauptungen ſich auf die auf der Tafel des Hauſes vor-
gelegten Papiere, welche er vorlaͤufig gefordert hatte,
gruͤndeten, ſo hatten ſie allerdings einigen Anſchein der
Glaubwuͤrdigkeit. Weil indeſſen Herr Sheridan nicht
bloß auf ſein Wort und auf die in ſeiner Rede ange-
brachten Zeugniſſe geglaubt zu werden verlangte; ſo
that er den Antrag, daß eine Committee von 15 Par-
lementsgliedern ernannt wuͤrde, um den Zuſtand der
Finanzen des Koͤnigreichs zu unterſuchen, und dem
Hauſe neuen Bericht daruͤber abzuſtatten. Seine Un-
partheyligkeit dabey wollte er dadurch zeigen, daß er
meiſtens ſolche Parlementsherren dazu vorſchlug, die
auf der Seite des Miniſters ſind, und fuͤr ihn ſtimmen.
Er las die Namen derſelben von einem Papiere ab,
auf welchem er ſie niedergeſetzt hatte. — Herrn Pitts
vertrauter Freund, Herr Grenville, der letzthin Sprecher
war, und jetzt Staats-Secretair iſt, widerſetzte ſich die-
ſem Antrage aus allen Kraͤften. Er hieß den Vorſchlag
zu einer Finanz-Committee laͤppiſch und verdrießlich,
behauptete auch, daß nicht die geringſte Urſache dazu
vorhanden ſey. Nach Parlements-Gebrauch lege der
Miniſter an einem dazu beſtimmten Tage den Finanz-
Zuſtand der Nation im Parlemente vor. Haͤtte Herr
Sheridan mit Grunde etwas einzuwenden gehabt, war-
um habe er es denn damals nicht gleich gethan? Es
ſey voͤllig wahr, daß die Einkuͤnfte des Staats, wie Herr
Pitt es vorgelegt habe, die Ausgaben uͤbertraͤfen, und
daß die Schulden der Nation um mehr als 3 Millionen
vermindert waͤren. Ums Jahr 1791 werde alles auf
einem ſolchen Fuße ſich befinden, daß der Miniſter fuͤr
die Beduͤrfniſſe des Jahres keine neue Anleihen zu
machen nothig haben werde. — Herr Fox lachte uͤber

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[[1]/0001] Mit allergnaͤdigſter Kayſerlichen Freyheit. Staats- und [Abbildung] Gelehrte Zei- tung des Hamburgiſchen unpartheyiſchen CORRESPONDENTEN. Anno 1789. (Am Mittewochen, den 22 Julii.) Num. 116. Schreiben aus London, vom 14 Julii. Die heutige Hofzeitung enthaͤlt folgende Nachricht unſers Miniſters zu Conſtantinopel: Conſtantinopel, den 1 Junii. “Die Peſt dauert in dem Bagnino noch fort, und es iſt nun gewiß, daß ſie ſich auch am Bord eines Schiffes von der Flotte geaͤußert hat, die durch widrigen Wind ſich noch beym Eingange des Canals aufhaͤlt.” Eben gedachte Hofzeitung beſtaͤtiget auch unter Paris die (bereits geſtern gemeldete) Nachricht, daß der Baron von Breteuil, Praͤſident des Finanz-Conſeils; der Her- zog de la Vauguyon, Miniſter der auswaͤrtigen Ange- legenheiten, und der Marſchall von Broglio, Kriegs- Miniſter geworden. Parlementsſachen. Der lange gedrohete und von manchen vielleicht ge- fuͤrchtete Vortrag des Herrn Sheridans uͤber den Zuſtand der Finanzen des Reichs hatte endlich am Freytage im Unterhauſe Statt. Er machte den Eingang dazu mit vieler Laune und zum Theil bitterer Satyre, in welcher Herr Pitt und ſeine Freunde ziemlich herhalten mußten. Es waren vier Saͤtze, die er in der Folge ſeiner Rede zu beweiſen ſich bemuͤhte: Erſtlich, daß in den dreyen letzt verfloſſenen Jahren die Ausgaben des Staats die Einnahme deſſelben jaͤhrlich um 2 Millionen uͤberſtie- gen haͤtten, und noch in den zweyen naͤchſt folgenden uͤberſteigen wuͤrden. Zweytens, daß der Bericht, welchen die zur Unterſuchung der Finanzen im Jahre 1786 nie- dergeſetzte Committee abgeſtattet habe, in allen Haupt- punkten ungegruͤndet befunden werde. Drittens, daß von den National-Schulden nichts abgetragen worden, ſondern dieſelben ſeit dem Jahre 1786 vergroͤßert ſind. Viertens, daß bey dem gegenwaͤrtigen Zuſtande unſerer Einnahme und Ausgabe auch nicht eine entfernte Hoffnung unterhalten werden koͤnne, die National- Schuld zu vermindern. Es iſt unmoͤglich, in dem engen Raume dieſer Blaͤtter dem Redner durch eine Menge von Zahlen und Berechnungen zu folgen, wodurch er ſeine Saͤtze zu beweiſen ſich bemuͤhete. Da ſeine Be- hauptungen ſich auf die auf der Tafel des Hauſes vor- gelegten Papiere, welche er vorlaͤufig gefordert hatte, gruͤndeten, ſo hatten ſie allerdings einigen Anſchein der Glaubwuͤrdigkeit. Weil indeſſen Herr Sheridan nicht bloß auf ſein Wort und auf die in ſeiner Rede ange- brachten Zeugniſſe geglaubt zu werden verlangte; ſo that er den Antrag, daß eine Committee von 15 Par- lementsgliedern ernannt wuͤrde, um den Zuſtand der Finanzen des Koͤnigreichs zu unterſuchen, und dem Hauſe neuen Bericht daruͤber abzuſtatten. Seine Un- partheyligkeit dabey wollte er dadurch zeigen, daß er meiſtens ſolche Parlementsherren dazu vorſchlug, die auf der Seite des Miniſters ſind, und fuͤr ihn ſtimmen. Er las die Namen derſelben von einem Papiere ab, auf welchem er ſie niedergeſetzt hatte. — Herrn Pitts vertrauter Freund, Herr Grenville, der letzthin Sprecher war, und jetzt Staats-Secretair iſt, widerſetzte ſich die- ſem Antrage aus allen Kraͤften. Er hieß den Vorſchlag zu einer Finanz-Committee laͤppiſch und verdrießlich, behauptete auch, daß nicht die geringſte Urſache dazu vorhanden ſey. Nach Parlements-Gebrauch lege der Miniſter an einem dazu beſtimmten Tage den Finanz- Zuſtand der Nation im Parlemente vor. Haͤtte Herr Sheridan mit Grunde etwas einzuwenden gehabt, war- um habe er es denn damals nicht gleich gethan? Es ſey voͤllig wahr, daß die Einkuͤnfte des Staats, wie Herr Pitt es vorgelegt habe, die Ausgaben uͤbertraͤfen, und daß die Schulden der Nation um mehr als 3 Millionen vermindert waͤren. Ums Jahr 1791 werde alles auf einem ſolchen Fuße ſich befinden, daß der Miniſter fuͤr die Beduͤrfniſſe des Jahres keine neue Anleihen zu machen nothig haben werde. — Herr Fox lachte uͤber

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Zitationshilfe: Staats- und Gelehrte Zeitung des Hamburgischen unpartheyischen Correspondenten. Nr. 116, Hamburg, 22. Juli 1789, S. [1]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hc_1162207_1789/1>, abgerufen am 21.11.2024.