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Staats- und Gelehrte Zeitung des Hamburgischen unpartheyischen Correspondenten. Nr. 63, Hamburg, 20. April 1790.

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Mit allergnädigster Kayserlichen Freyheit.
Staats- und [Abbildung] Gelehrte
Zei- tung
des Hamburgischen unpartheyischen
CORRESPONDENTEN.

Anno 1790.    (Am Dienstage, den 20 April.)
Num. 63.



[Beginn Spaltensatz]

Noch nie hat vielleicht eine Huldigung so tiefen Ein-
druck auf die Gemüther gemacht, als die am vorigen
Dienstage. Jeder war gerührt, und Freudenthränen
standen in den Augen der Anwesenden. Dem Könige
gefielen diese Empfindungen so sehr, daß er den Stän-
den durch den Grafen von Pergen sagen ließ, daß Er
nur wünsche, daß sie Jhm Zeit lassen möchten, für
der Stände Bestes zu sorgen, weil er nicht gewohnt
sey, sich zu übereilen. Auf solche Art hoffe Er, das
Land und die Stände im Ganzen, und Jeden insbe-
sondere, nach Gerechtigkeit und Billigkeit glücklich zu
machen.

Die Eßwaaren, welche bey der Huldigung von dem
Schaugerüste unter das Volk geworfen wurden, be-
standen in 3 Centnern Schincken, 30 Centnern Kalb-
fleisch, 3000 Semmeln und 2000 Krapsen, (eine Art
Gebackenes.) Aus den dabey angebrachten Löwenköpfen
flossen 40 Eimer rother und 40 Eimer weißer Wein.

Der König will den Augarten, den Lieblingsausent-
halt Josephs II. verkaufen, und man nennt den Für-
sten von Lichtenstein als Käufer.

Die Kayserwahl dürste sich bis im August, vielleicht
auch noch weiter hinaus verzögern. Der Churfürst
von Maynz soll, in einem gewissen Fall, sein Krö-
nungsrecht an Chur-Cölln abtreten wollen, wovon
man schon bey der Krönung Carls VII. ein Beyspiel
hat.

Der Bothschafter von Venedig und der Chursächs[i]-
sche Gesandte, Reichsgraf von Schönfeld, haben vor-
gestern ihr Beglaubigungsschreiben überreicht.

Unser ganzes Bannitisches Corps steht nun jenseits
der Donau in Serbien, in der Wallachey und in Bul-
garien, daher man alle Tage blutigen Auftritten ent-
gegen sehen kann.

Den 4ten dieses hat der König den Bothschaftern
[Spaltenumbruch] und Gesandten, jedem insbesondere, die erste Audienz
ertheilt.

Die hiesige Steuerregulirungs Hauptcasse ist so, wie
die auf dem Lande, versiegelt worden.

Der in Ruhestand versetzt gewesene Herr von Beck
soll als 2ter Verpflegungs-Jnspecteur nach Böhmen,
und Herr von Sonnenfels, als Ober-Pflegsverwalter
in Mähren, mit 2500 Gulden angestellt werden.

Am 7ten März ist das Englische Schiff in den Ge-
wässern von Corfu gewesen, an dessen Bord sich der
Preußische Major von Knobelsdorf, und verschiedene
Preußische Officiers befunden haben, welche nach Con-
stantinopel gehen.


Der Transport von Kriegsbedürfnissen und der
Marsch von Cavallerie- und Jnfanterie-Regimentern
nach Böhmen und Mähren geht beständig fort. Jn
Oesterreich wird aufs neue wiederum sehr viele Mann-
schaft ausgehoben, theils um die neuen Staats-Regi-
menter bald vollzählig zu machen, theils zum Dienst
der Artillerie, welche eine Vermehrung von 4000 Mann
erhält, damit in Zukunft von den Jnfanterie-Regi-
mentern keine Mannschaft mehr als Handlanger für
die Artillerie abgegeben werden dürfen. Den Cavallerie-
Regimenter sind nun auch reitende Jäger zugetheilt
worden. -- Bey der Armee ist das Avancement außer-
ordentlich häufig, da bey Gelegenheit der Errichtung
der vierten Bataillons viele neue Chargen für Officiere
eröffnet sind.

Jn Betreff der neuen Steuer-Regulirung ist der
König den Wünschen der Landstände in den sämmt-
lichen Provinzen der Monarchie zuvorgekommen. Se.
Majestät haben nämlich dieselbe einsweilen durchaus
eingestellt. Da aber die Ungleichheit des alten Steuer-
fußes dennoch eine gleichmäßigere Repartition erheischt,
so haben Se. Majestät den Ständen in Böhmen, Mäh-

Mit allergnaͤdigſter Kayſerlichen Freyheit.
Staats- und [Abbildung] Gelehrte
Zei- tung
des Hamburgiſchen unpartheyiſchen
CORRESPONDENTEN.

Anno 1790.    (Am Dienſtage, den 20 April.)
Num. 63.



[Beginn Spaltensatz]

Noch nie hat vielleicht eine Huldigung ſo tiefen Ein-
druck auf die Gemuͤther gemacht, als die am vorigen
Dienſtage. Jeder war geruͤhrt, und Freudenthraͤnen
ſtanden in den Augen der Anweſenden. Dem Koͤnige
gefielen dieſe Empfindungen ſo ſehr, daß er den Staͤn-
den durch den Grafen von Pergen ſagen ließ, daß Er
nur wuͤnſche, daß ſie Jhm Zeit laſſen moͤchten, fuͤr
der Staͤnde Beſtes zu ſorgen, weil er nicht gewohnt
ſey, ſich zu uͤbereilen. Auf ſolche Art hoffe Er, das
Land und die Staͤnde im Ganzen, und Jeden insbe-
ſondere, nach Gerechtigkeit und Billigkeit gluͤcklich zu
machen.

Die Eßwaaren, welche bey der Huldigung von dem
Schaugeruͤſte unter das Volk geworfen wurden, be-
ſtanden in 3 Centnern Schincken, 30 Centnern Kalb-
fleiſch, 3000 Semmeln und 2000 Krapſen, (eine Art
Gebackenes.) Aus den dabey angebrachten Loͤwenkoͤpfen
floſſen 40 Eimer rother und 40 Eimer weißer Wein.

Der Koͤnig will den Augarten, den Lieblingsauſent-
halt Joſephs II. verkaufen, und man nennt den Fuͤr-
ſten von Lichtenſtein als Kaͤufer.

Die Kayſerwahl duͤrſte ſich bis im Auguſt, vielleicht
auch noch weiter hinaus verzoͤgern. Der Churfuͤrſt
von Maynz ſoll, in einem gewiſſen Fall, ſein Kroͤ-
nungsrecht an Chur-Coͤlln abtreten wollen, wovon
man ſchon bey der Kroͤnung Carls VII. ein Beyſpiel
hat.

Der Bothſchafter von Venedig und der Churſaͤchſ[i]-
ſche Geſandte, Reichsgraf von Schoͤnfeld, haben vor-
geſtern ihr Beglaubigungsſchreiben uͤberreicht.

Unſer ganzes Bannitiſches Corps ſteht nun jenſeits
der Donau in Serbien, in der Wallachey und in Bul-
garien, daher man alle Tage blutigen Auftritten ent-
gegen ſehen kann.

Den 4ten dieſes hat der Koͤnig den Bothſchaftern
[Spaltenumbruch] und Geſandten, jedem insbeſondere, die erſte Audienz
ertheilt.

Die hieſige Steuerregulirungs Hauptcaſſe iſt ſo, wie
die auf dem Lande, verſiegelt worden.

Der in Ruheſtand verſetzt geweſene Herr von Beck
ſoll als 2ter Verpflegungs-Jnſpecteur nach Boͤhmen,
und Herr von Sonnenfels, als Ober-Pflegsverwalter
in Maͤhren, mit 2500 Gulden angeſtellt werden.

Am 7ten Maͤrz iſt das Engliſche Schiff in den Ge-
waͤſſern von Corfu geweſen, an deſſen Bord ſich der
Preußiſche Major von Knobelsdorf, und verſchiedene
Preußiſche Officiers befunden haben, welche nach Con-
ſtantinopel gehen.


Der Tranſport von Kriegsbeduͤrfniſſen und der
Marſch von Cavallerie- und Jnfanterie-Regimentern
nach Boͤhmen und Maͤhren geht beſtaͤndig fort. Jn
Oeſterreich wird aufs neue wiederum ſehr viele Mann-
ſchaft ausgehoben, theils um die neuen Staats-Regi-
menter bald vollzaͤhlig zu machen, theils zum Dienſt
der Artillerie, welche eine Vermehrung von 4000 Mann
erhaͤlt, damit in Zukunft von den Jnfanterie-Regi-
mentern keine Mannſchaft mehr als Handlanger fuͤr
die Artillerie abgegeben werden duͤrfen. Den Cavallerie-
Regimenter ſind nun auch reitende Jaͤger zugetheilt
worden. — Bey der Armee iſt das Avancement außer-
ordentlich haͤufig, da bey Gelegenheit der Errichtung
der vierten Bataillons viele neue Chargen fuͤr Officiere
eroͤffnet ſind.

Jn Betreff der neuen Steuer-Regulirung iſt der
Koͤnig den Wuͤnſchen der Landſtaͤnde in den ſaͤmmt-
lichen Provinzen der Monarchie zuvorgekommen. Se.
Majeſtaͤt haben naͤmlich dieſelbe einsweilen durchaus
eingeſtellt. Da aber die Ungleichheit des alten Steuer-
fußes dennoch eine gleichmaͤßigere Repartition erheiſcht,
ſo haben Se. Majeſtaͤt den Staͤnden in Boͤhmen, Maͤh-

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[[1]/0001] Mit allergnaͤdigſter Kayſerlichen Freyheit. Staats- und [Abbildung] Gelehrte Zei- tung des Hamburgiſchen unpartheyiſchen CORRESPONDENTEN. Anno 1790. (Am Dienſtage, den 20 April.) Num. 63. Wien, den 10 April. Noch nie hat vielleicht eine Huldigung ſo tiefen Ein- druck auf die Gemuͤther gemacht, als die am vorigen Dienſtage. Jeder war geruͤhrt, und Freudenthraͤnen ſtanden in den Augen der Anweſenden. Dem Koͤnige gefielen dieſe Empfindungen ſo ſehr, daß er den Staͤn- den durch den Grafen von Pergen ſagen ließ, daß Er nur wuͤnſche, daß ſie Jhm Zeit laſſen moͤchten, fuͤr der Staͤnde Beſtes zu ſorgen, weil er nicht gewohnt ſey, ſich zu uͤbereilen. Auf ſolche Art hoffe Er, das Land und die Staͤnde im Ganzen, und Jeden insbe- ſondere, nach Gerechtigkeit und Billigkeit gluͤcklich zu machen. Die Eßwaaren, welche bey der Huldigung von dem Schaugeruͤſte unter das Volk geworfen wurden, be- ſtanden in 3 Centnern Schincken, 30 Centnern Kalb- fleiſch, 3000 Semmeln und 2000 Krapſen, (eine Art Gebackenes.) Aus den dabey angebrachten Loͤwenkoͤpfen floſſen 40 Eimer rother und 40 Eimer weißer Wein. Der Koͤnig will den Augarten, den Lieblingsauſent- halt Joſephs II. verkaufen, und man nennt den Fuͤr- ſten von Lichtenſtein als Kaͤufer. Die Kayſerwahl duͤrſte ſich bis im Auguſt, vielleicht auch noch weiter hinaus verzoͤgern. Der Churfuͤrſt von Maynz ſoll, in einem gewiſſen Fall, ſein Kroͤ- nungsrecht an Chur-Coͤlln abtreten wollen, wovon man ſchon bey der Kroͤnung Carls VII. ein Beyſpiel hat. Der Bothſchafter von Venedig und der Churſaͤchſi- ſche Geſandte, Reichsgraf von Schoͤnfeld, haben vor- geſtern ihr Beglaubigungsſchreiben uͤberreicht. Unſer ganzes Bannitiſches Corps ſteht nun jenſeits der Donau in Serbien, in der Wallachey und in Bul- garien, daher man alle Tage blutigen Auftritten ent- gegen ſehen kann. Den 4ten dieſes hat der Koͤnig den Bothſchaftern und Geſandten, jedem insbeſondere, die erſte Audienz ertheilt. Die hieſige Steuerregulirungs Hauptcaſſe iſt ſo, wie die auf dem Lande, verſiegelt worden. Der in Ruheſtand verſetzt geweſene Herr von Beck ſoll als 2ter Verpflegungs-Jnſpecteur nach Boͤhmen, und Herr von Sonnenfels, als Ober-Pflegsverwalter in Maͤhren, mit 2500 Gulden angeſtellt werden. Am 7ten Maͤrz iſt das Engliſche Schiff in den Ge- waͤſſern von Corfu geweſen, an deſſen Bord ſich der Preußiſche Major von Knobelsdorf, und verſchiedene Preußiſche Officiers befunden haben, welche nach Con- ſtantinopel gehen. Schreiben aus Wien, vom 10 April. Der Tranſport von Kriegsbeduͤrfniſſen und der Marſch von Cavallerie- und Jnfanterie-Regimentern nach Boͤhmen und Maͤhren geht beſtaͤndig fort. Jn Oeſterreich wird aufs neue wiederum ſehr viele Mann- ſchaft ausgehoben, theils um die neuen Staats-Regi- menter bald vollzaͤhlig zu machen, theils zum Dienſt der Artillerie, welche eine Vermehrung von 4000 Mann erhaͤlt, damit in Zukunft von den Jnfanterie-Regi- mentern keine Mannſchaft mehr als Handlanger fuͤr die Artillerie abgegeben werden duͤrfen. Den Cavallerie- Regimenter ſind nun auch reitende Jaͤger zugetheilt worden. — Bey der Armee iſt das Avancement außer- ordentlich haͤufig, da bey Gelegenheit der Errichtung der vierten Bataillons viele neue Chargen fuͤr Officiere eroͤffnet ſind. Jn Betreff der neuen Steuer-Regulirung iſt der Koͤnig den Wuͤnſchen der Landſtaͤnde in den ſaͤmmt- lichen Provinzen der Monarchie zuvorgekommen. Se. Majeſtaͤt haben naͤmlich dieſelbe einsweilen durchaus eingeſtellt. Da aber die Ungleichheit des alten Steuer- fußes dennoch eine gleichmaͤßigere Repartition erheiſcht, ſo haben Se. Majeſtaͤt den Staͤnden in Boͤhmen, Maͤh-

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Zitationshilfe: Staats- und Gelehrte Zeitung des Hamburgischen unpartheyischen Correspondenten. Nr. 63, Hamburg, 20. April 1790, S. [1]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hc_632004_1790/1>, abgerufen am 21.11.2024.