Hebbel, Friedrich: Maria Magdalene. Hamburg, 1844. Mutter. Gott sey Dank, wir bleiben noch eine Weile bei- sammen. Meister Anton. Ich hoff's auch, Du hast ja ordentlich wieder rothe Backen! Mutter. Ein possirlicher Mensch, unser neue Todtengräber. Er machte ein Grab, als ich heute Morgen über den Kirchhof ging, ich fragte ihn, für wen es sey. "Für wen Gott will, sagte er, vielleicht für mich selbst, es kann mir gehen, wie meinem Großvater, der auch mal eins auf den Vorrath gemacht hatte, und in der Nacht, als er aus dem Wirthshaus zu Hause kam, hinein fiel und sich den Hals brach." Leonhard. (der bisher im Wochenblatt gelesen hat) Der Kerl ist nicht von hier, er kann uns vorlügen, was ihm gefällt! Mutter. Ich fragte ihn, warum wartet Er denn nicht, bis man die Gräber bei Ihm bestellt? Ich bin heute Mutter. Gott ſey Dank, wir bleiben noch eine Weile bei- ſammen. Meiſter Anton. Ich hoff’s auch, Du haſt ja ordentlich wieder rothe Backen! Mutter. Ein poſſirlicher Menſch, unſer neue Todtengräber. Er machte ein Grab, als ich heute Morgen über den Kirchhof ging, ich fragte ihn, für wen es ſey. „Für wen Gott will, ſagte er, vielleicht für mich ſelbſt, es kann mir gehen, wie meinem Großvater, der auch mal eins auf den Vorrath gemacht hatte, und in der Nacht, als er aus dem Wirthshaus zu Hauſe kam, hinein fiel und ſich den Hals brach.“ Leonhard. (der bisher im Wochenblatt geleſen hat) Der Kerl iſt nicht von hier, er kann uns vorlügen, was ihm gefällt! Mutter. Ich fragte ihn, warum wartet Er denn nicht, bis man die Gräber bei Ihm beſtellt? Ich bin heute <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0113" n="45"/> <sp who="#MUTTER"> <speaker><hi rendition="#g">Mutter</hi>.</speaker><lb/> <p>Gott ſey Dank, wir bleiben noch eine Weile bei-<lb/> ſammen.</p> </sp><lb/> <sp who="#ANTON"> <speaker><hi rendition="#g">Meiſter Anton</hi>.</speaker><lb/> <p>Ich hoff’s auch, Du haſt ja ordentlich wieder<lb/> rothe Backen!</p> </sp><lb/> <sp who="#MUTTER"> <speaker><hi rendition="#g">Mutter</hi>.</speaker><lb/> <p>Ein poſſirlicher Menſch, unſer neue Todtengräber.<lb/> Er machte ein Grab, als ich heute Morgen über den<lb/> Kirchhof ging, ich fragte ihn, für wen es ſey. „Für<lb/> wen Gott will, ſagte er, vielleicht für mich ſelbſt,<lb/> es kann mir gehen, wie meinem Großvater, der auch<lb/> mal eins auf den Vorrath gemacht hatte, und in der<lb/> Nacht, als er aus dem Wirthshaus zu Hauſe kam,<lb/> hinein fiel und ſich den Hals brach.“</p> </sp><lb/> <sp who="#LEO"> <speaker><hi rendition="#g">Leonhard</hi>.</speaker><lb/> <stage>(der bisher im Wochenblatt geleſen hat)</stage> <p>Der Kerl iſt<lb/> nicht von hier, er kann uns vorlügen, was ihm<lb/> gefällt!</p> </sp><lb/> <sp who="#MUTTER"> <speaker><hi rendition="#g">Mutter</hi>.</speaker><lb/> <p>Ich fragte ihn, warum wartet Er denn nicht, bis<lb/> man die Gräber bei Ihm beſtellt? Ich bin heute<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [45/0113]
Mutter.
Gott ſey Dank, wir bleiben noch eine Weile bei-
ſammen.
Meiſter Anton.
Ich hoff’s auch, Du haſt ja ordentlich wieder
rothe Backen!
Mutter.
Ein poſſirlicher Menſch, unſer neue Todtengräber.
Er machte ein Grab, als ich heute Morgen über den
Kirchhof ging, ich fragte ihn, für wen es ſey. „Für
wen Gott will, ſagte er, vielleicht für mich ſelbſt,
es kann mir gehen, wie meinem Großvater, der auch
mal eins auf den Vorrath gemacht hatte, und in der
Nacht, als er aus dem Wirthshaus zu Hauſe kam,
hinein fiel und ſich den Hals brach.“
Leonhard.
(der bisher im Wochenblatt geleſen hat) Der Kerl iſt
nicht von hier, er kann uns vorlügen, was ihm
gefällt!
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man die Gräber bei Ihm beſtellt? Ich bin heute
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