Hebbel, Friedrich: Maria Magdalene. Hamburg, 1844.
Taschen? Zwing' ich ihn, die Strümpfe auszuziehen und die Stiefel umzukehren? Damit wollt' ich an- fangen, denn ich hasse ihn, wie ich nur hassen kann, seit er im Wirthshaus sein Glas -- Er kennt die Geschichte, und Er müßte Sich auch beleidigt fühlen, wenn Er Ehre im Leibe hätte. (zu Klara) Wo ist die Kammer des Bruders? Klara. (zeigt sie) Hinten! Beide Gerichtsdiener. (ab) Klara. Vater, er ist unschuldig! Er muß unschuldig sein! Er ist ja Dein Sohn, er ist ja mein Bruder! Meister Anton. Unschuldig, und ein Muttermörder? (lacht) Eine Magd. (tritt ein mit einem Brief zu Klara) Von Herrn Cas- sirer Leonhard! (ab) Meister Anton. Du brauchst ihn nicht zu lesen! Er sagt sich von Dir los! (schlägt in die Hände) Bravo, Lump!
Taſchen? Zwing’ ich ihn, die Strümpfe auszuziehen und die Stiefel umzukehren? Damit wollt’ ich an- fangen, denn ich haſſe ihn, wie ich nur haſſen kann, ſeit er im Wirthshaus ſein Glas — Er kennt die Geſchichte, und Er müßte Sich auch beleidigt fühlen, wenn Er Ehre im Leibe hätte. (zu Klara) Wo iſt die Kammer des Bruders? Klara. (zeigt ſie) Hinten! Beide Gerichtsdiener. (ab) Klara. Vater, er iſt unſchuldig! Er muß unſchuldig ſein! Er iſt ja Dein Sohn, er iſt ja mein Bruder! Meiſter Anton. Unſchuldig, und ein Muttermörder? (lacht) Eine Magd. (tritt ein mit einem Brief zu Klara) Von Herrn Caſ- ſirer Leonhard! (ab) Meiſter Anton. Du brauchſt ihn nicht zu leſen! Er ſagt ſich von Dir los! (ſchlägt in die Hände) Bravo, Lump! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#ADA"> <p><pb facs="#f0121" n="53"/> Taſchen? Zwing’ ich ihn, die Strümpfe auszuziehen<lb/> und die Stiefel umzukehren? Damit wollt’ ich an-<lb/> fangen, denn ich haſſe ihn, wie ich nur haſſen kann,<lb/> ſeit er im Wirthshaus ſein Glas — Er kennt die<lb/> Geſchichte, und Er müßte Sich auch beleidigt fühlen,<lb/> wenn Er Ehre im Leibe hätte.</p> <stage>(zu Klara)</stage> <p>Wo iſt die<lb/> Kammer des Bruders?</p> </sp><lb/> <sp who="#KLARA"> <speaker><hi rendition="#g">Klara</hi>.</speaker><lb/> <stage>(zeigt ſie)</stage> <p>Hinten!</p><lb/> <stage><hi rendition="#g">Beide Gerichtsdiener</hi>. (ab)</stage> </sp><lb/> <sp who="#KLARA"> <speaker><hi rendition="#g">Klara</hi>.</speaker><lb/> <p>Vater, er iſt unſchuldig! Er muß unſchuldig ſein!<lb/> Er iſt ja Dein Sohn, er iſt ja mein Bruder!</p> </sp><lb/> <sp who="#ANTON"> <speaker><hi rendition="#g">Meiſter Anton</hi>.</speaker><lb/> <p>Unſchuldig, und ein Muttermörder?</p> <stage>(lacht)</stage> </sp><lb/> <sp who="#MAGD"> <speaker><hi rendition="#g">Eine Magd</hi>.</speaker><lb/> <stage>(tritt ein mit einem Brief zu Klara)</stage> <p>Von Herrn Caſ-<lb/> ſirer Leonhard!</p> <stage>(ab)</stage> </sp><lb/> <sp who="#ANTON"> <speaker><hi rendition="#g">Meiſter Anton</hi>.</speaker><lb/> <p>Du brauchſt ihn nicht zu leſen! Er ſagt ſich von<lb/> Dir los!</p> <stage>(ſchlägt in die Hände)</stage> <p>Bravo, Lump!</p> </sp><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [53/0121]
Taſchen? Zwing’ ich ihn, die Strümpfe auszuziehen
und die Stiefel umzukehren? Damit wollt’ ich an-
fangen, denn ich haſſe ihn, wie ich nur haſſen kann,
ſeit er im Wirthshaus ſein Glas — Er kennt die
Geſchichte, und Er müßte Sich auch beleidigt fühlen,
wenn Er Ehre im Leibe hätte. (zu Klara) Wo iſt die
Kammer des Bruders?
Klara.
(zeigt ſie) Hinten!
Beide Gerichtsdiener. (ab)
Klara.
Vater, er iſt unſchuldig! Er muß unſchuldig ſein!
Er iſt ja Dein Sohn, er iſt ja mein Bruder!
Meiſter Anton.
Unſchuldig, und ein Muttermörder? (lacht)
Eine Magd.
(tritt ein mit einem Brief zu Klara) Von Herrn Caſ-
ſirer Leonhard! (ab)
Meiſter Anton.
Du brauchſt ihn nicht zu leſen! Er ſagt ſich von
Dir los! (ſchlägt in die Hände) Bravo, Lump!
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