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Hebbel, Friedrich: Maria Magdalene. Hamburg, 1844.

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Leonhard.
(lies't mit großem Ernst) Es ist ein ganz vernünftiger
Brief! Wie kann ein Mann, dem die öffentlichen
Gelder anvertraut sind, in eine Familie heirathen,
zu der
(er verschluckt ein Wort) zu der Dein Bruder ge-
hört?
Klara.
Leonhard!
Leonhard.
Aber vielleicht hat die ganze Stadt Unrecht? Dein
Bruder sitzt nicht im Gefängniß? Er hat nie im
Gefängniß gesessen? Du bist nicht die Schwester
eines -- Deines Bruders?
Klara.
Leonhard, ich bin die Tochter meines Vaters, und
nicht als Schwester eines unschuldig Verklagten, der
schon wieder freigesprochen ist, denn das ist mein
Bruder, nicht als Mädchen, das vor unverdienter
Schande zittert, denn
(halb laut) ich zittre noch mehr
vor Dir, nur als Tochter des alten Mannes, der
mir das Leben gegeben hat, stehe ich hier!
Leonhard.
(lieſ’t mit großem Ernſt) Es iſt ein ganz vernünftiger
Brief! Wie kann ein Mann, dem die öffentlichen
Gelder anvertraut ſind, in eine Familie heirathen,
zu der
(er verſchluckt ein Wort) zu der Dein Bruder ge-
hört?
Klara.
Leonhard!
Leonhard.
Aber vielleicht hat die ganze Stadt Unrecht? Dein
Bruder ſitzt nicht im Gefängniß? Er hat nie im
Gefängniß geſeſſen? Du biſt nicht die Schweſter
eines — Deines Bruders?
Klara.
Leonhard, ich bin die Tochter meines Vaters, und
nicht als Schweſter eines unſchuldig Verklagten, der
ſchon wieder freigeſprochen iſt, denn das iſt mein
Bruder, nicht als Mädchen, das vor unverdienter
Schande zittert, denn
(halb laut) ich zittre noch mehr
vor Dir, nur als Tochter des alten Mannes, der
mir das Leben gegeben hat, ſtehe ich hier!
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[92/0160] Leonhard. (lieſ’t mit großem Ernſt) Es iſt ein ganz vernünftiger Brief! Wie kann ein Mann, dem die öffentlichen Gelder anvertraut ſind, in eine Familie heirathen, zu der (er verſchluckt ein Wort) zu der Dein Bruder ge- hört? Klara. Leonhard! Leonhard. Aber vielleicht hat die ganze Stadt Unrecht? Dein Bruder ſitzt nicht im Gefängniß? Er hat nie im Gefängniß geſeſſen? Du biſt nicht die Schweſter eines — Deines Bruders? Klara. Leonhard, ich bin die Tochter meines Vaters, und nicht als Schweſter eines unſchuldig Verklagten, der ſchon wieder freigeſprochen iſt, denn das iſt mein Bruder, nicht als Mädchen, das vor unverdienter Schande zittert, denn (halb laut) ich zittre noch mehr vor Dir, nur als Tochter des alten Mannes, der mir das Leben gegeben hat, ſtehe ich hier!

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Zitationshilfe: Hebbel, Friedrich: Maria Magdalene. Hamburg, 1844, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hebbel_magdalene_1844/160>, abgerufen am 25.11.2024.