Hebbel, Friedrich: Maria Magdalene. Hamburg, 1844.
armer Kopf -- ich kann nicht einmal beten -- Bru- der! Bruder! -- Hilf mir -- Karl Was hast Du? Klara. Das Vaterunser! (sie besinnt sich) Mir war, als ob ich schon im Wasser läge, und untersänke, und hätte noch nicht gebetet! Ich -- (plötzlich) Vergieb uns unsere Schuld, wie wir vergeben unsern Schuldigern! Da ist's! Ja! Ja! ich vergeb' ihm gewiß, ich denke ja nicht mehr an ihn! Gute Nacht, Karl! Karl. Willst Du schon so früh schlafen gehen? Gute Nacht! Klara. (wie ein Kind, das sich das Vaterunser überhört) Vergieb uns -- Karl. Ein Glas Wasser könntest Du mir noch bringen, aber es muß recht frisch seyn! Klara. (schnell) Ich will es Dir vom Brunnen holen!
armer Kopf — ich kann nicht einmal beten — Bru- der! Bruder! — Hilf mir — Karl Was haſt Du? Klara. Das Vaterunſer! (ſie beſinnt ſich) Mir war, als ob ich ſchon im Waſſer läge, und unterſänke, und hätte noch nicht gebetet! Ich — (plötzlich) Vergieb uns unſere Schuld, wie wir vergeben unſern Schuldigern! Da iſt’s! Ja! Ja! ich vergeb’ ihm gewiß, ich denke ja nicht mehr an ihn! Gute Nacht, Karl! Karl. Willſt Du ſchon ſo früh ſchlafen gehen? Gute Nacht! Klara. (wie ein Kind, das ſich das Vaterunſer überhört) Vergieb uns — Karl. Ein Glas Waſſer könnteſt Du mir noch bringen, aber es muß recht friſch ſeyn! Klara. (ſchnell) Ich will es Dir vom Brunnen holen! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#KLARA"> <p><pb facs="#f0185" n="117"/> armer Kopf — ich kann nicht einmal beten — Bru-<lb/> der! Bruder! — Hilf mir —</p> </sp><lb/> <sp who="#KAR"> <speaker> <hi rendition="#g">Karl</hi> </speaker><lb/> <p>Was haſt Du?</p> </sp><lb/> <sp who="#KLARA"> <speaker><hi rendition="#g">Klara</hi>.</speaker><lb/> <p>Das Vaterunſer!</p> <stage>(ſie beſinnt ſich)</stage> <p>Mir war, als<lb/> ob ich ſchon im Waſſer läge, und unterſänke, und hätte<lb/> noch nicht gebetet! Ich —</p> <stage>(plötzlich)</stage> <p>Vergieb uns<lb/> unſere Schuld, wie wir vergeben unſern Schuldigern!<lb/> Da iſt’s! Ja! Ja! ich vergeb’ ihm gewiß, ich denke<lb/> ja nicht mehr an ihn! Gute Nacht, Karl!</p> </sp><lb/> <sp who="#KAR"> <speaker><hi rendition="#g">Karl</hi>.</speaker><lb/> <p>Willſt Du ſchon ſo früh ſchlafen gehen? Gute<lb/> Nacht!</p> </sp><lb/> <sp who="#KLARA"> <speaker><hi rendition="#g">Klara</hi>.</speaker><lb/> <stage>(wie ein Kind, das ſich das Vaterunſer überhört)</stage> <p>Vergieb<lb/> uns —</p> </sp><lb/> <sp who="#KAR"> <speaker><hi rendition="#g">Karl</hi>.</speaker><lb/> <p>Ein Glas Waſſer könnteſt Du mir noch bringen,<lb/> aber es muß recht friſch ſeyn!</p> </sp><lb/> <sp who="#KLARA"> <speaker><hi rendition="#g">Klara</hi>.</speaker><lb/> <stage>(ſchnell)</stage> <p>Ich will es Dir vom Brunnen holen!</p> </sp><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [117/0185]
armer Kopf — ich kann nicht einmal beten — Bru-
der! Bruder! — Hilf mir —
Karl
Was haſt Du?
Klara.
Das Vaterunſer! (ſie beſinnt ſich) Mir war, als
ob ich ſchon im Waſſer läge, und unterſänke, und hätte
noch nicht gebetet! Ich — (plötzlich) Vergieb uns
unſere Schuld, wie wir vergeben unſern Schuldigern!
Da iſt’s! Ja! Ja! ich vergeb’ ihm gewiß, ich denke
ja nicht mehr an ihn! Gute Nacht, Karl!
Karl.
Willſt Du ſchon ſo früh ſchlafen gehen? Gute
Nacht!
Klara.
(wie ein Kind, das ſich das Vaterunſer überhört) Vergieb
uns —
Karl.
Ein Glas Waſſer könnteſt Du mir noch bringen,
aber es muß recht friſch ſeyn!
Klara.
(ſchnell) Ich will es Dir vom Brunnen holen!
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