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Hebbel, Friedrich: Maria Magdalene. Hamburg, 1844.

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zum Brunnen gehe, daß Du Grund zum Verdacht hast?
Mutter.
Nein, das nicht! Aber nur darum hab' ich ihm
Erlaubniß gegeben, daß er zu uns kommen darf,
damit er Dir nicht bei Nebel und Nacht aufpassen
soll. Das hat meine Mutter auch nicht gelitten!
Klara
Ich seh ihn nicht!
Mutter.
Schmollt Ihr mit einander? Ich mag ihn sonst
wohl leiden, er ist so gesetzt! Wenn er nur erst
etwas wäre! Zu meiner Zeit hätt' er nicht lange
warten dürfen, da rissen die Herren sich um einen
geschickten Schreiber, wie die Lahmen um die Krücke,
denn sie waren selten. Auch wir geringeren Leute
konnten ihn brauchen. Heute setzte er dem Sohn
einen Neujahrswunsch für den Vater auf, und erhielt
allein für den vergoldeten Anfangsbuchstaben so viel,
daß man einem Kinde eine Docke dafür hätte kaufen
können. Morgen gab ihm der Vater einen Wink
und ließ sich den Wunsch vorlesen, heimlich, bei ver-
schlossenen Thüren, um nicht überrascht zu werden
zum Brunnen gehe, daß Du Grund zum Verdacht haſt?
Mutter.
Nein, das nicht! Aber nur darum hab’ ich ihm
Erlaubniß gegeben, daß er zu uns kommen darf,
damit er Dir nicht bei Nebel und Nacht aufpaſſen
ſoll. Das hat meine Mutter auch nicht gelitten!
Klara
Ich ſeh ihn nicht!
Mutter.
Schmollt Ihr mit einander? Ich mag ihn ſonſt
wohl leiden, er iſt ſo geſetzt! Wenn er nur erſt
etwas wäre! Zu meiner Zeit hätt’ er nicht lange
warten dürfen, da riſſen die Herren ſich um einen
geſchickten Schreiber, wie die Lahmen um die Krücke,
denn ſie waren ſelten. Auch wir geringeren Leute
konnten ihn brauchen. Heute ſetzte er dem Sohn
einen Neujahrswunſch für den Vater auf, und erhielt
allein für den vergoldeten Anfangsbuchſtaben ſo viel,
daß man einem Kinde eine Docke dafür hätte kaufen
können. Morgen gab ihm der Vater einen Wink
und ließ ſich den Wunſch vorleſen, heimlich, bei ver-
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[11/0079] zum Brunnen gehe, daß Du Grund zum Verdacht haſt? Mutter. Nein, das nicht! Aber nur darum hab’ ich ihm Erlaubniß gegeben, daß er zu uns kommen darf, damit er Dir nicht bei Nebel und Nacht aufpaſſen ſoll. Das hat meine Mutter auch nicht gelitten! Klara Ich ſeh ihn nicht! Mutter. Schmollt Ihr mit einander? Ich mag ihn ſonſt wohl leiden, er iſt ſo geſetzt! Wenn er nur erſt etwas wäre! Zu meiner Zeit hätt’ er nicht lange warten dürfen, da riſſen die Herren ſich um einen geſchickten Schreiber, wie die Lahmen um die Krücke, denn ſie waren ſelten. Auch wir geringeren Leute konnten ihn brauchen. Heute ſetzte er dem Sohn einen Neujahrswunſch für den Vater auf, und erhielt allein für den vergoldeten Anfangsbuchſtaben ſo viel, daß man einem Kinde eine Docke dafür hätte kaufen können. Morgen gab ihm der Vater einen Wink und ließ ſich den Wunſch vorleſen, heimlich, bei ver- ſchloſſenen Thüren, um nicht überraſcht zu werden

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Zitationshilfe: Hebbel, Friedrich: Maria Magdalene. Hamburg, 1844, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hebbel_magdalene_1844/79>, abgerufen am 21.11.2024.