Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hebel, Johann Peter: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen, 1811.

Bild:
<< vorherige Seite

wurde, und die Hohenzollerer Kürassiere und Kaiser-Dragoner und Erdödi-Husaren sahen ihn vorbey führen, sagte einer von der Patrouille seinem Kameraden vom Pferd herab: "Es ist ein Spion." Der Kamerad sagte: "Strick ist sein Lohn." Und der Officier, an den sie ihn ablieferten, war auch der Meinung, und bestellte spottweise schon bei ihm einen Gruß an den Schwarzen und seine Großmutter. Dem Hausfreund ists aber bey dieser Geschichte nicht halb so angst, als dem geneigten Leser, denn ohne seinen Willen kann der Amtmann nicht sterben, sondern als er vor das Verhör geführt wurde, schaute ihn der Hauptm. Auditor mit Verwunderung und Bedauren an, und sagte: "Seyd ihr nicht der Nemliche, der mich vor einem Jahr drey Tage lang im Keller hinter der Sauerkrautstande vor den Franzosen verborgen hat, und habt Schläge genug von ihnen bekommen, und als sie euch oben den Speck verzehrten, aß ich unten das Sauerkraut dazu, sammt den Gumbist-Aepfeln." Der Amtmann sagte: "Gott erkennts, und ich bin so unschuldig als die Mutter Gottes in der Kirche, so doch von Lindenholz ist, und ihr Lebenlang noch keinen Buchstaben geschrieben hat." Indem kamen auch mehrere gute Freunde und angesehene Bürger von Nordheim ins Hauptquartier und bezeugten seine Rechtschaffenheit und Treue und was er schon für Drangsalirung von den Franzosen habe ausstehen müßen, und wie auf seine Anordnung der letzte Sieg der Oestreicher mit Katzenköpfen gefeiert wurde, daß der Kirchthurm wackelte, und er selber habe keinen Rausch gehabt, aber einen Stich. Der Hauptmann Auditor, der noch immer daran dachte, wie er drey Tage lang

wurde, und die Hohenzollerer Kürassiere und Kaiser-Dragoner und Erdödi-Husaren sahen ihn vorbey führen, sagte einer von der Patrouille seinem Kameraden vom Pferd herab: „Es ist ein Spion.“ Der Kamerad sagte: „Strick ist sein Lohn.“ Und der Officier, an den sie ihn ablieferten, war auch der Meinung, und bestellte spottweise schon bei ihm einen Gruß an den Schwarzen und seine Großmutter. Dem Hausfreund ists aber bey dieser Geschichte nicht halb so angst, als dem geneigten Leser, denn ohne seinen Willen kann der Amtmann nicht sterben, sondern als er vor das Verhör geführt wurde, schaute ihn der Hauptm. Auditor mit Verwunderung und Bedauren an, und sagte: „Seyd ihr nicht der Nemliche, der mich vor einem Jahr drey Tage lang im Keller hinter der Sauerkrautstande vor den Franzosen verborgen hat, und habt Schläge genug von ihnen bekommen, und als sie euch oben den Speck verzehrten, aß ich unten das Sauerkraut dazu, sammt den Gumbist-Aepfeln.“ Der Amtmann sagte: „Gott erkennts, und ich bin so unschuldig als die Mutter Gottes in der Kirche, so doch von Lindenholz ist, und ihr Lebenlang noch keinen Buchstaben geschrieben hat.“ Indem kamen auch mehrere gute Freunde und angesehene Bürger von Nordheim ins Hauptquartier und bezeugten seine Rechtschaffenheit und Treue und was er schon für Drangsalirung von den Franzosen habe ausstehen müßen, und wie auf seine Anordnung der letzte Sieg der Oestreicher mit Katzenköpfen gefeiert wurde, daß der Kirchthurm wackelte, und er selber habe keinen Rausch gehabt, aber einen Stich. Der Hauptmann Auditor, der noch immer daran dachte, wie er drey Tage lang

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0256" n="248"/>
wurde, und die Hohenzollerer Kürassiere und Kaiser-Dragoner und Erdödi-Husaren sahen ihn vorbey führen, sagte einer von der Patrouille seinem Kameraden vom Pferd herab: &#x201E;Es ist ein Spion.&#x201C; Der Kamerad sagte: &#x201E;Strick ist sein Lohn.&#x201C; Und der Officier, an den sie ihn ablieferten, war auch der Meinung, und bestellte spottweise schon bei ihm einen Gruß an den Schwarzen und seine Großmutter. Dem Hausfreund ists aber bey dieser Geschichte nicht halb so angst, als dem geneigten Leser, denn ohne seinen Willen kann der Amtmann nicht sterben, sondern als er vor das Verhör geführt wurde, schaute ihn der Hauptm. Auditor mit Verwunderung und Bedauren an, und sagte: &#x201E;Seyd ihr nicht der Nemliche, der mich vor einem Jahr drey Tage lang im Keller hinter der Sauerkrautstande vor den Franzosen verborgen hat, und habt Schläge genug von ihnen bekommen, und als sie euch oben den Speck verzehrten, aß ich unten das Sauerkraut dazu, sammt den Gumbist-Aepfeln.&#x201C; Der Amtmann sagte: &#x201E;Gott erkennts, und ich bin so unschuldig als die Mutter Gottes in der Kirche, so doch von Lindenholz ist, und ihr Lebenlang noch keinen Buchstaben geschrieben hat.&#x201C; Indem kamen auch mehrere gute Freunde und angesehene Bürger von Nordheim ins Hauptquartier und bezeugten seine Rechtschaffenheit und Treue und was er schon für Drangsalirung von den Franzosen habe ausstehen müßen, und wie auf seine Anordnung der letzte Sieg der Oestreicher mit Katzenköpfen gefeiert wurde, daß der Kirchthurm wackelte, und er selber habe keinen Rausch gehabt, aber einen Stich. Der Hauptmann Auditor, der noch immer daran dachte, wie er drey Tage lang
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[248/0256] wurde, und die Hohenzollerer Kürassiere und Kaiser-Dragoner und Erdödi-Husaren sahen ihn vorbey führen, sagte einer von der Patrouille seinem Kameraden vom Pferd herab: „Es ist ein Spion.“ Der Kamerad sagte: „Strick ist sein Lohn.“ Und der Officier, an den sie ihn ablieferten, war auch der Meinung, und bestellte spottweise schon bei ihm einen Gruß an den Schwarzen und seine Großmutter. Dem Hausfreund ists aber bey dieser Geschichte nicht halb so angst, als dem geneigten Leser, denn ohne seinen Willen kann der Amtmann nicht sterben, sondern als er vor das Verhör geführt wurde, schaute ihn der Hauptm. Auditor mit Verwunderung und Bedauren an, und sagte: „Seyd ihr nicht der Nemliche, der mich vor einem Jahr drey Tage lang im Keller hinter der Sauerkrautstande vor den Franzosen verborgen hat, und habt Schläge genug von ihnen bekommen, und als sie euch oben den Speck verzehrten, aß ich unten das Sauerkraut dazu, sammt den Gumbist-Aepfeln.“ Der Amtmann sagte: „Gott erkennts, und ich bin so unschuldig als die Mutter Gottes in der Kirche, so doch von Lindenholz ist, und ihr Lebenlang noch keinen Buchstaben geschrieben hat.“ Indem kamen auch mehrere gute Freunde und angesehene Bürger von Nordheim ins Hauptquartier und bezeugten seine Rechtschaffenheit und Treue und was er schon für Drangsalirung von den Franzosen habe ausstehen müßen, und wie auf seine Anordnung der letzte Sieg der Oestreicher mit Katzenköpfen gefeiert wurde, daß der Kirchthurm wackelte, und er selber habe keinen Rausch gehabt, aber einen Stich. Der Hauptmann Auditor, der noch immer daran dachte, wie er drey Tage lang

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-12-03T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-12-03T13:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-12-03T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hebel_schatzkaestlein_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hebel_schatzkaestlein_1811/256
Zitationshilfe: Hebel, Johann Peter: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen, 1811, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hebel_schatzkaestlein_1811/256>, abgerufen am 22.11.2024.