Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hebel, Johann Peter: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen, 1811.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Wirthin sagte: "in Basel kann man für Geld alles haben", strickte aber noch ein wenig fort, als wenn sie's wenig achtete, denn sie war eben am Zwickel. Nach einigen Minuten, als unterdessen die Gäste miteinander discurirten, und einer sagte: "Habt ihr gestern das Kameel auch gesehen und den Affen?" ein anderer sagte: "es ist kein Kameel, es ist ein Trampelthier"; sagte die Wirthin "mit Erlaubniß" und deckte eine schneeweiße Serviette vom feinsten Gebilde auf den Tisch. Jeder glaubte, der andere habe ein Bratwürstlein bestellt, oder etwas, und "es ist doch ein Kameel", sagte ein Dritter, "denn es ist weiß, die Trampelthiere sind braun." Unterdessen kam die Wirthin wieder mit einem Teller voll zarter Cucümmerlein aus dem marggrävischen Garten, aus dem Treibhaus, fein geschnitten, wie Postpapier, und mit dem kostbarsten genuesischen Baumöl angemacht, und sagte zu dem Gast mit spöttischem Lächeln: "Ists gefällig?" Also lachten die Andern nicht mehr den Wirth aus, sondern den Gast, und wer wohl oder übel seinen Spaß mit zehen Batzen, fünf Rappen Basler Währung bezahlen mußte, war er.


Der General-Feldmarschall Suwarow.

Das Stücklein von Suwarow, wie er sein eigenes Commando respektirte, hat dem geneigten Leser nicht übel gefallen. Von ihm selber wäre viel anmuthiges zu erzählen.

Wenn ein vornehmer Herr nicht hochmüthig ist, sondern redet auch mit geringen Leuten, und stellt sich manchmal als wenn er nur ihresgleichen wäre,

Die Wirthin sagte: „in Basel kann man für Geld alles haben“, strickte aber noch ein wenig fort, als wenn sie’s wenig achtete, denn sie war eben am Zwickel. Nach einigen Minuten, als unterdessen die Gäste miteinander discurirten, und einer sagte: „Habt ihr gestern das Kameel auch gesehen und den Affen?“ ein anderer sagte: „es ist kein Kameel, es ist ein Trampelthier“; sagte die Wirthin „mit Erlaubniß“ und deckte eine schneeweiße Serviette vom feinsten Gebilde auf den Tisch. Jeder glaubte, der andere habe ein Bratwürstlein bestellt, oder etwas, und „es ist doch ein Kameel“, sagte ein Dritter, „denn es ist weiß, die Trampelthiere sind braun.“ Unterdessen kam die Wirthin wieder mit einem Teller voll zarter Cucümmerlein aus dem marggrävischen Garten, aus dem Treibhaus, fein geschnitten, wie Postpapier, und mit dem kostbarsten genuesischen Baumöl angemacht, und sagte zu dem Gast mit spöttischem Lächeln: „Ists gefällig?“ Also lachten die Andern nicht mehr den Wirth aus, sondern den Gast, und wer wohl oder übel seinen Spaß mit zehen Batzen, fünf Rappen Basler Währung bezahlen mußte, war er.


Der General-Feldmarschall Suwarow.

Das Stücklein von Suwarow, wie er sein eigenes Commando respektirte, hat dem geneigten Leser nicht übel gefallen. Von ihm selber wäre viel anmuthiges zu erzählen.

Wenn ein vornehmer Herr nicht hochmüthig ist, sondern redet auch mit geringen Leuten, und stellt sich manchmal als wenn er nur ihresgleichen wäre,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0288" n="280"/>
Die Wirthin sagte: &#x201E;in Basel kann man für Geld alles haben&#x201C;, strickte aber noch ein wenig fort, als wenn sie&#x2019;s wenig achtete, denn sie war eben am Zwickel. Nach einigen Minuten, als unterdessen die Gäste miteinander discurirten, und einer sagte: &#x201E;Habt ihr gestern das Kameel auch gesehen und den Affen?&#x201C; ein anderer sagte: &#x201E;es ist kein Kameel, es ist ein Trampelthier&#x201C;; sagte die Wirthin &#x201E;mit Erlaubniß&#x201C; und deckte eine schneeweiße Serviette vom feinsten Gebilde auf den Tisch. Jeder glaubte, der andere habe ein Bratwürstlein bestellt, oder etwas, und &#x201E;es ist doch ein Kameel&#x201C;, sagte ein Dritter, &#x201E;denn es ist weiß, die Trampelthiere sind braun.&#x201C; Unterdessen kam die Wirthin wieder mit einem Teller voll zarter Cucümmerlein aus dem marggrävischen Garten, aus dem Treibhaus, fein geschnitten, wie Postpapier, und mit dem kostbarsten genuesischen Baumöl angemacht, und sagte zu dem Gast mit spöttischem Lächeln: &#x201E;Ists gefällig?&#x201C; Also lachten die Andern nicht mehr den Wirth aus, sondern den Gast, und wer wohl oder übel seinen Spaß mit zehen Batzen, fünf Rappen Basler Währung bezahlen mußte, war er.</p>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Der General-Feldmarschall Suwarow.</head><lb/>
        <p>Das Stücklein von Suwarow, wie er sein eigenes Commando respektirte, hat dem geneigten Leser nicht übel gefallen. Von ihm selber wäre viel anmuthiges zu erzählen.</p>
        <p>Wenn ein vornehmer Herr nicht hochmüthig ist, sondern redet auch mit geringen Leuten, und stellt sich manchmal als wenn er nur ihresgleichen wäre,
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[280/0288] Die Wirthin sagte: „in Basel kann man für Geld alles haben“, strickte aber noch ein wenig fort, als wenn sie’s wenig achtete, denn sie war eben am Zwickel. Nach einigen Minuten, als unterdessen die Gäste miteinander discurirten, und einer sagte: „Habt ihr gestern das Kameel auch gesehen und den Affen?“ ein anderer sagte: „es ist kein Kameel, es ist ein Trampelthier“; sagte die Wirthin „mit Erlaubniß“ und deckte eine schneeweiße Serviette vom feinsten Gebilde auf den Tisch. Jeder glaubte, der andere habe ein Bratwürstlein bestellt, oder etwas, und „es ist doch ein Kameel“, sagte ein Dritter, „denn es ist weiß, die Trampelthiere sind braun.“ Unterdessen kam die Wirthin wieder mit einem Teller voll zarter Cucümmerlein aus dem marggrävischen Garten, aus dem Treibhaus, fein geschnitten, wie Postpapier, und mit dem kostbarsten genuesischen Baumöl angemacht, und sagte zu dem Gast mit spöttischem Lächeln: „Ists gefällig?“ Also lachten die Andern nicht mehr den Wirth aus, sondern den Gast, und wer wohl oder übel seinen Spaß mit zehen Batzen, fünf Rappen Basler Währung bezahlen mußte, war er. Der General-Feldmarschall Suwarow. Das Stücklein von Suwarow, wie er sein eigenes Commando respektirte, hat dem geneigten Leser nicht übel gefallen. Von ihm selber wäre viel anmuthiges zu erzählen. Wenn ein vornehmer Herr nicht hochmüthig ist, sondern redet auch mit geringen Leuten, und stellt sich manchmal als wenn er nur ihresgleichen wäre,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-12-03T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-12-03T13:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-12-03T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hebel_schatzkaestlein_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hebel_schatzkaestlein_1811/288
Zitationshilfe: Hebel, Johann Peter: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen, 1811, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hebel_schatzkaestlein_1811/288>, abgerufen am 22.11.2024.