Hebel, Johann Peter: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen, 1811.kann, ist überall daheim, liebt in den heisesten und kältesten Gegenden sein Vaterland und die Heimath, in der er geboren ist, und wenn ihr einen Wilden, wie man sie nennt, in eine mildere und schönere Gegend bringt, so mag er dort nicht leben und nicht glücklich seyn. So ist der Mensch. Seine Natur richtet sich allmählig und immer mehr nach der Gegend, in welcher er lebt, und er weiß wieder durch seine Vernunft seinen Aufenthalt einzurichten, und so bequem und angenehm zu machen, als es möglich ist. Das muß der Schöpfer gemeynt haben, als er über das menschliche Geschlecht seinen Segen aussprach: "Seyd fruchtbar und mehret euch, und erfüllet (oder bevölkert) die Erde, und machet sie euch unterthan." Ich will jetzt einige Beispiele anführen, was für hohe Kälte und Hitze die Menschen aushalten können. Zu Jeniseisk in Siberien trat einst im Jenner 1735 eine solche Kälte ein, daß die Sperlinge und andere Vögel todt aus der Luft herabfielen, und alles, was in der Luft gefrieren konnte, wurde zu Eis, und doch leben Menschen dort. Zu Kraßnaiarsk ebenfalls in Siberien, wurde im Jahr 1772 den 7 December die Kälte so heftig, daß eine Schaale voll Quecksilber, welches man in die freye Luft setzte, in ein festes Metall zusammengefror. Man konnte es wie Bley biegen und hämmern, und doch hielten es Menschen aus. Eine ähnliche Kälte erlitten einst die Engländer in Nord-Amerika an der Hudsonsbay. Da fror ihnen selbst in den geheizten Stuben der Brantewein in Eis zusammen. Sie konnten ihn nicht flüßig erhalten. kann, ist überall daheim, liebt in den heisesten und kältesten Gegenden sein Vaterland und die Heimath, in der er geboren ist, und wenn ihr einen Wilden, wie man sie nennt, in eine mildere und schönere Gegend bringt, so mag er dort nicht leben und nicht glücklich seyn. So ist der Mensch. Seine Natur richtet sich allmählig und immer mehr nach der Gegend, in welcher er lebt, und er weiß wieder durch seine Vernunft seinen Aufenthalt einzurichten, und so bequem und angenehm zu machen, als es möglich ist. Das muß der Schöpfer gemeynt haben, als er über das menschliche Geschlecht seinen Segen aussprach: „Seyd fruchtbar und mehret euch, und erfüllet (oder bevölkert) die Erde, und machet sie euch unterthan.“ Ich will jetzt einige Beispiele anführen, was für hohe Kälte und Hitze die Menschen aushalten können. Zu Jeniseisk in Siberien trat einst im Jenner 1735 eine solche Kälte ein, daß die Sperlinge und andere Vögel todt aus der Luft herabfielen, und alles, was in der Luft gefrieren konnte, wurde zu Eis, und doch leben Menschen dort. Zu Kraßnaiarsk ebenfalls in Siberien, wurde im Jahr 1772 den 7 December die Kälte so heftig, daß eine Schaale voll Quecksilber, welches man in die freye Luft setzte, in ein festes Metall zusammengefror. Man konnte es wie Bley biegen und hämmern, und doch hielten es Menschen aus. Eine ähnliche Kälte erlitten einst die Engländer in Nord-Amerika an der Hudsonsbay. Da fror ihnen selbst in den geheizten Stuben der Brantewein in Eis zusammen. Sie konnten ihn nicht flüßig erhalten. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0070" n="62"/> kann, ist überall daheim, liebt in den heisesten und kältesten Gegenden sein Vaterland und die Heimath, in der er geboren ist, und wenn ihr einen Wilden, wie man sie nennt, in eine mildere und schönere Gegend bringt, so mag er dort nicht leben und nicht glücklich seyn. So ist der Mensch. Seine Natur richtet sich allmählig und immer mehr nach der Gegend, in welcher er lebt, und er weiß wieder durch seine Vernunft seinen Aufenthalt einzurichten, und so bequem und angenehm zu machen, als es möglich ist. Das muß der Schöpfer gemeynt haben, als er über das menschliche Geschlecht seinen Segen aussprach: „Seyd fruchtbar und mehret euch, und erfüllet (oder bevölkert) die Erde, und machet sie euch unterthan.“</p> <p>Ich will jetzt einige Beispiele anführen, was für hohe Kälte und Hitze die Menschen aushalten können.</p> <p>Zu Jeniseisk in Siberien trat einst im Jenner 1735 eine solche Kälte ein, daß die Sperlinge und andere Vögel todt aus der Luft herabfielen, und alles, was in der Luft gefrieren konnte, wurde zu Eis, und doch leben Menschen dort.</p> <p>Zu Kraßnaiarsk ebenfalls in Siberien, wurde im Jahr 1772 den 7 December die Kälte so heftig, daß eine Schaale voll Quecksilber, welches man in die freye Luft setzte, in ein festes Metall zusammengefror. Man konnte es wie Bley biegen und hämmern, und doch hielten es Menschen aus.</p> <p>Eine ähnliche Kälte erlitten einst die Engländer in Nord-Amerika an der Hudsonsbay. Da fror ihnen selbst in den geheizten Stuben der Brantewein in Eis zusammen. Sie konnten ihn nicht flüßig erhalten. </p> </div> </body> </text> </TEI> [62/0070]
kann, ist überall daheim, liebt in den heisesten und kältesten Gegenden sein Vaterland und die Heimath, in der er geboren ist, und wenn ihr einen Wilden, wie man sie nennt, in eine mildere und schönere Gegend bringt, so mag er dort nicht leben und nicht glücklich seyn. So ist der Mensch. Seine Natur richtet sich allmählig und immer mehr nach der Gegend, in welcher er lebt, und er weiß wieder durch seine Vernunft seinen Aufenthalt einzurichten, und so bequem und angenehm zu machen, als es möglich ist. Das muß der Schöpfer gemeynt haben, als er über das menschliche Geschlecht seinen Segen aussprach: „Seyd fruchtbar und mehret euch, und erfüllet (oder bevölkert) die Erde, und machet sie euch unterthan.“
Ich will jetzt einige Beispiele anführen, was für hohe Kälte und Hitze die Menschen aushalten können.
Zu Jeniseisk in Siberien trat einst im Jenner 1735 eine solche Kälte ein, daß die Sperlinge und andere Vögel todt aus der Luft herabfielen, und alles, was in der Luft gefrieren konnte, wurde zu Eis, und doch leben Menschen dort.
Zu Kraßnaiarsk ebenfalls in Siberien, wurde im Jahr 1772 den 7 December die Kälte so heftig, daß eine Schaale voll Quecksilber, welches man in die freye Luft setzte, in ein festes Metall zusammengefror. Man konnte es wie Bley biegen und hämmern, und doch hielten es Menschen aus.
Eine ähnliche Kälte erlitten einst die Engländer in Nord-Amerika an der Hudsonsbay. Da fror ihnen selbst in den geheizten Stuben der Brantewein in Eis zusammen. Sie konnten ihn nicht flüßig erhalten.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-12-03T13:54:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-12-03T13:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-12-03T13:54:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |