Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hebel, Johann Peter: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen, 1811.

Bild:
<< vorherige Seite

an den Sternen. Wie wenn man einen langsam gehenden Postwagen aus weiter Ferne beobachtet, meint man er stehe still. Wenn man aber bemerkt, wie er doch nicht immer neben dem nemlichen Baum an der Straße sich befindet, sondern nach ein paar Minuten neben einem andern, so erkennt man, daß er nicht still steht, sondern auf die Station geht. Wenn er aber in einem großen Kreis um den geneigten Leser herum führe, so müßte er doch zuletzt wieder zu dem nemlichen Baum kommen, bey welchem er zuerst stand, und daran müste man erkennen, daß er jezt seinen Kreislauf vollendet hat, also auch der Mond. Er hält sich nicht jede Nacht bei dem nemlichen Sternlein auf, wenn's noch so schön ist, sondern er rükt weiter von einem zum andern. Am andern Abend um die nemliche Zeit ist er schon um ein beträchtliches vorgerükt, aber ohngefähr in oben benannter Zeit, etwas früher kommt er wieder zu dem nemlichen Stern, bei dem er zuerst stand, und hat seinen Kreislauf um die Erde vollendet.

Fünftens, da sich der Mond also um die Erde bewegt, so ist daraus leicht abzunehmen, was es mit dem Mondwechsel für eine Bewandniß hat. Der Neumond ist, wenn der Mond zwischen der Sonne und Erde steht aber etwas höher oder tiefer. Alsdann ist seine ganze erleuchtete Hälfte oder sein Tag gegen die Sonne gekehrt, und seine Nacht schaut herab gegen uns. Vom Neumond an, wenn der Mond auf seinem Umlauf zwischen der Sonne und Erde heraus tritt, und sich gleichsam mit ihnen in den Triangel stellt, erbliken wir zuerst einen schmalen Streif

an den Sternen. Wie wenn man einen langsam gehenden Postwagen aus weiter Ferne beobachtet, meint man er stehe still. Wenn man aber bemerkt, wie er doch nicht immer neben dem nemlichen Baum an der Straße sich befindet, sondern nach ein paar Minuten neben einem andern, so erkennt man, daß er nicht still steht, sondern auf die Station geht. Wenn er aber in einem großen Kreis um den geneigten Leser herum führe, so müßte er doch zuletzt wieder zu dem nemlichen Baum kommen, bey welchem er zuerst stand, und daran müste man erkennen, daß er jezt seinen Kreislauf vollendet hat, also auch der Mond. Er hält sich nicht jede Nacht bei dem nemlichen Sternlein auf, wenn’s noch so schön ist, sondern er rükt weiter von einem zum andern. Am andern Abend um die nemliche Zeit ist er schon um ein beträchtliches vorgerükt, aber ohngefähr in oben benannter Zeit, etwas früher kommt er wieder zu dem nemlichen Stern, bei dem er zuerst stand, und hat seinen Kreislauf um die Erde vollendet.

Fünftens, da sich der Mond also um die Erde bewegt, so ist daraus leicht abzunehmen, was es mit dem Mondwechsel für eine Bewandniß hat. Der Neumond ist, wenn der Mond zwischen der Sonne und Erde steht aber etwas höher oder tiefer. Alsdann ist seine ganze erleuchtete Hälfte oder sein Tag gegen die Sonne gekehrt, und seine Nacht schaut herab gegen uns. Vom Neumond an, wenn der Mond auf seinem Umlauf zwischen der Sonne und Erde heraus tritt, und sich gleichsam mit ihnen in den Triangel stellt, erbliken wir zuerst einen schmalen Streif

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0086" n="78"/>
an den Sternen. Wie wenn man einen langsam gehenden Postwagen aus weiter Ferne beobachtet, meint man er stehe still. Wenn man aber bemerkt, wie er doch nicht immer neben dem nemlichen Baum an der Straße sich befindet, sondern nach ein paar Minuten neben einem andern, so erkennt man, daß er nicht still steht, sondern auf die Station geht. Wenn er aber in einem großen Kreis um den geneigten Leser herum führe, so müßte er doch zuletzt wieder zu dem nemlichen Baum kommen, bey welchem er zuerst stand, und daran müste man erkennen, daß er jezt seinen Kreislauf vollendet hat, also auch der Mond. Er hält sich nicht jede Nacht bei dem nemlichen Sternlein auf, wenn&#x2019;s noch so schön ist, sondern er rükt weiter von einem zum andern. Am andern Abend um die nemliche Zeit ist er schon um ein beträchtliches vorgerükt, aber ohngefähr in oben benannter Zeit, etwas früher kommt er wieder zu dem nemlichen Stern, bei dem er zuerst stand, und hat seinen Kreislauf um die Erde vollendet.</p>
          <p><hi rendition="#g">Fünftens</hi>, da sich der Mond also um die Erde bewegt, so ist daraus leicht abzunehmen, was es mit dem Mondwechsel für eine Bewandniß hat. Der <hi rendition="#g">Neumond</hi> ist, wenn der Mond zwischen der Sonne und Erde steht aber etwas höher oder tiefer. Alsdann ist seine ganze erleuchtete Hälfte oder sein Tag gegen die Sonne gekehrt, und seine Nacht schaut herab gegen uns. Vom Neumond an, wenn der Mond auf seinem Umlauf zwischen der Sonne und Erde heraus tritt, und sich gleichsam mit ihnen in den Triangel stellt, erbliken wir zuerst einen schmalen Streif
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[78/0086] an den Sternen. Wie wenn man einen langsam gehenden Postwagen aus weiter Ferne beobachtet, meint man er stehe still. Wenn man aber bemerkt, wie er doch nicht immer neben dem nemlichen Baum an der Straße sich befindet, sondern nach ein paar Minuten neben einem andern, so erkennt man, daß er nicht still steht, sondern auf die Station geht. Wenn er aber in einem großen Kreis um den geneigten Leser herum führe, so müßte er doch zuletzt wieder zu dem nemlichen Baum kommen, bey welchem er zuerst stand, und daran müste man erkennen, daß er jezt seinen Kreislauf vollendet hat, also auch der Mond. Er hält sich nicht jede Nacht bei dem nemlichen Sternlein auf, wenn’s noch so schön ist, sondern er rükt weiter von einem zum andern. Am andern Abend um die nemliche Zeit ist er schon um ein beträchtliches vorgerükt, aber ohngefähr in oben benannter Zeit, etwas früher kommt er wieder zu dem nemlichen Stern, bei dem er zuerst stand, und hat seinen Kreislauf um die Erde vollendet. Fünftens, da sich der Mond also um die Erde bewegt, so ist daraus leicht abzunehmen, was es mit dem Mondwechsel für eine Bewandniß hat. Der Neumond ist, wenn der Mond zwischen der Sonne und Erde steht aber etwas höher oder tiefer. Alsdann ist seine ganze erleuchtete Hälfte oder sein Tag gegen die Sonne gekehrt, und seine Nacht schaut herab gegen uns. Vom Neumond an, wenn der Mond auf seinem Umlauf zwischen der Sonne und Erde heraus tritt, und sich gleichsam mit ihnen in den Triangel stellt, erbliken wir zuerst einen schmalen Streif

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-12-03T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-12-03T13:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-12-03T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hebel_schatzkaestlein_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hebel_schatzkaestlein_1811/86
Zitationshilfe: Hebel, Johann Peter: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen, 1811, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hebel_schatzkaestlein_1811/86>, abgerufen am 24.11.2024.