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Heckert, Adolph (Hrsg.): Handbuch der Schulgesetzgebung Preußens. Berlin, 1847.

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Wohlstande der Familien, dem Gewerbfleiße einer ganzen Gemeinde
aufgeholfen werden kann, und zu deren Erlernung und Förderung die
Schule die Gelegenheit darbietet: so muß dieser Einwurf als nichtig
zurückgewiesen werden. Und beschränken wir unsere Forderung auch
wirklich nur auf das Nähen und Stricken der Mädchen und allenfalls
der Knaben, welche einmal im Viehhüten einen Theil ihrer Beschäf-
tigung finden werden: so möchten wir wohl die Frage beantwortet
sehen, wie viele Mütter und Hausfrauen auf dem Lande denn wirklich
ihren Töchtern hierin eine angemessene Unterweisung zu geben im
Stande sind? Wäre diese Geschicklichkeit so allgemein, wie sie in meh-
reren Berichten vorausgesetzt wird, so möchten wir allenfalls nur den
Zweck des Broterwerbs hier noch berücksichtigen, obgleich von einer
Unterweisung der gesammten weiblichen Jugend im Nähen und Stricken
in der Schule immer eine größere Einheit und Sicherheit zu erwarten
ist, und manche Mütter ihre Töchter mehr zu den beschwerlichern Ar-
beiten im Hause und auf dem Felde anhalten möchten, als zu denen,
die im Stillsitzen verrichtet werden können, und denen sie, wenn es
sein muß, sich selbst lieber unterziehen. Gewiß geht aus mancher Ge-
meinde für die Verfertigung von Kleidungsstücken, Hemden und
Strümpfe mit eingerechnet, viel Geld nach auswärts, was recht gut
erspart und für manches wesentliche Bedürfniß der Familie verwandt
werden könnte, wenn Mütter und Töchter diese Arbeit selbst zu machen
verständen.

7) Ein Haupthinderniß endlich liegt in dem Vorurtheil mancher
Gemeinden, welches das Bessere zurückweiset, weil es neu ist, und das
Alte dagegen festzuhalten sucht; Vorurtheile verdienen aber bei der
Einführung des Guten, wenn auch eine schonende Behandlung, doch
keine die Ausführung hemmende Beachtung. Wo es abgesonderte Näh-
und Strickschulen giebt, von deren Güte die Behörde sich überzeugt
hat, mögen diese fortbestehen, sobald nur die Hauptschule dadurch in
ihrem Wirken nicht gestört wird; diese darf aber dadurch sich nicht ab-
halten lassen, die Handarbeiten bei sich einzuführen, da jene Privat-
schulen doch nur für die wohlhabendere Klasse aushelfen können, und
durch einen zweckmäßig angeordneten und durchgeführten Unterricht
das Unvollkommene, welches jene Schulen geben, nach und nach ver-
drängt werden wird. Wo die Personen, welche den Unterricht in
Handarbeiten außer der Schule ertheilen, eine Berücksichtigung ver-

Wohlſtande der Familien, dem Gewerbfleiße einer ganzen Gemeinde
aufgeholfen werden kann, und zu deren Erlernung und Förderung die
Schule die Gelegenheit darbietet: ſo muß dieſer Einwurf als nichtig
zurückgewieſen werden. Und beſchränken wir unſere Forderung auch
wirklich nur auf das Nähen und Stricken der Mädchen und allenfalls
der Knaben, welche einmal im Viehhüten einen Theil ihrer Beſchäf-
tigung finden werden: ſo möchten wir wohl die Frage beantwortet
ſehen, wie viele Mütter und Hausfrauen auf dem Lande denn wirklich
ihren Töchtern hierin eine angemeſſene Unterweiſung zu geben im
Stande ſind? Wäre dieſe Geſchicklichkeit ſo allgemein, wie ſie in meh-
reren Berichten vorausgeſetzt wird, ſo möchten wir allenfalls nur den
Zweck des Broterwerbs hier noch berückſichtigen, obgleich von einer
Unterweiſung der geſammten weiblichen Jugend im Nähen und Stricken
in der Schule immer eine größere Einheit und Sicherheit zu erwarten
iſt, und manche Mütter ihre Töchter mehr zu den beſchwerlichern Ar-
beiten im Hauſe und auf dem Felde anhalten möchten, als zu denen,
die im Stillſitzen verrichtet werden können, und denen ſie, wenn es
ſein muß, ſich ſelbſt lieber unterziehen. Gewiß geht aus mancher Ge-
meinde für die Verfertigung von Kleidungsſtücken, Hemden und
Strümpfe mit eingerechnet, viel Geld nach auswärts, was recht gut
erſpart und für manches weſentliche Bedürfniß der Familie verwandt
werden könnte, wenn Mütter und Töchter dieſe Arbeit ſelbſt zu machen
verſtänden.

7) Ein Haupthinderniß endlich liegt in dem Vorurtheil mancher
Gemeinden, welches das Beſſere zurückweiſet, weil es neu iſt, und das
Alte dagegen feſtzuhalten ſucht; Vorurtheile verdienen aber bei der
Einführung des Guten, wenn auch eine ſchonende Behandlung, doch
keine die Ausführung hemmende Beachtung. Wo es abgeſonderte Näh-
und Strickſchulen giebt, von deren Güte die Behörde ſich überzeugt
hat, mögen dieſe fortbeſtehen, ſobald nur die Hauptſchule dadurch in
ihrem Wirken nicht geſtört wird; dieſe darf aber dadurch ſich nicht ab-
halten laſſen, die Handarbeiten bei ſich einzuführen, da jene Privat-
ſchulen doch nur für die wohlhabendere Klaſſe aushelfen können, und
durch einen zweckmäßig angeordneten und durchgeführten Unterricht
das Unvollkommene, welches jene Schulen geben, nach und nach ver-
drängt werden wird. Wo die Perſonen, welche den Unterricht in
Handarbeiten außer der Schule ertheilen, eine Berückſichtigung ver-

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[149/0163] Wohlſtande der Familien, dem Gewerbfleiße einer ganzen Gemeinde aufgeholfen werden kann, und zu deren Erlernung und Förderung die Schule die Gelegenheit darbietet: ſo muß dieſer Einwurf als nichtig zurückgewieſen werden. Und beſchränken wir unſere Forderung auch wirklich nur auf das Nähen und Stricken der Mädchen und allenfalls der Knaben, welche einmal im Viehhüten einen Theil ihrer Beſchäf- tigung finden werden: ſo möchten wir wohl die Frage beantwortet ſehen, wie viele Mütter und Hausfrauen auf dem Lande denn wirklich ihren Töchtern hierin eine angemeſſene Unterweiſung zu geben im Stande ſind? Wäre dieſe Geſchicklichkeit ſo allgemein, wie ſie in meh- reren Berichten vorausgeſetzt wird, ſo möchten wir allenfalls nur den Zweck des Broterwerbs hier noch berückſichtigen, obgleich von einer Unterweiſung der geſammten weiblichen Jugend im Nähen und Stricken in der Schule immer eine größere Einheit und Sicherheit zu erwarten iſt, und manche Mütter ihre Töchter mehr zu den beſchwerlichern Ar- beiten im Hauſe und auf dem Felde anhalten möchten, als zu denen, die im Stillſitzen verrichtet werden können, und denen ſie, wenn es ſein muß, ſich ſelbſt lieber unterziehen. Gewiß geht aus mancher Ge- meinde für die Verfertigung von Kleidungsſtücken, Hemden und Strümpfe mit eingerechnet, viel Geld nach auswärts, was recht gut erſpart und für manches weſentliche Bedürfniß der Familie verwandt werden könnte, wenn Mütter und Töchter dieſe Arbeit ſelbſt zu machen verſtänden. 7) Ein Haupthinderniß endlich liegt in dem Vorurtheil mancher Gemeinden, welches das Beſſere zurückweiſet, weil es neu iſt, und das Alte dagegen feſtzuhalten ſucht; Vorurtheile verdienen aber bei der Einführung des Guten, wenn auch eine ſchonende Behandlung, doch keine die Ausführung hemmende Beachtung. Wo es abgeſonderte Näh- und Strickſchulen giebt, von deren Güte die Behörde ſich überzeugt hat, mögen dieſe fortbeſtehen, ſobald nur die Hauptſchule dadurch in ihrem Wirken nicht geſtört wird; dieſe darf aber dadurch ſich nicht ab- halten laſſen, die Handarbeiten bei ſich einzuführen, da jene Privat- ſchulen doch nur für die wohlhabendere Klaſſe aushelfen können, und durch einen zweckmäßig angeordneten und durchgeführten Unterricht das Unvollkommene, welches jene Schulen geben, nach und nach ver- drängt werden wird. Wo die Perſonen, welche den Unterricht in Handarbeiten außer der Schule ertheilen, eine Berückſichtigung ver-

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Zitationshilfe: Heckert, Adolph (Hrsg.): Handbuch der Schulgesetzgebung Preußens. Berlin, 1847, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heckert_schulgesetzgebung_1847/163>, abgerufen am 21.11.2024.