Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heeren, Arnold H. L.: Geschichte des Europäischen Staatensystems und seiner Kolonien. Göttingen, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite
D. Gesch. d. Zeitraums von 1618--1660.

1. Der Zeitraum so großer und allgemein sich
verbreitender Kriege, als der gegenwärtige war,
verflocht nothwendig das Interesse der Europäischen
Staaten viel enger in einander, als es im vorigen
hatte geschehen können; nur mit Ausnahme Eng-
lands, das durch seine inneren Stürme sich auf
lange Zeit fast isolirte. Die Ursachen jener engern
Verschlingung waren a. in der seit Ferdinand's II.
Thronbesteigung wiederhergestellten viel engern Ver-
bindung der Spanischen und Oestreichischen Linie,
die durch den Einfluß der Jesuiten an beyden Hö-
fen noch mehr befestigt ward. b. In der gegen
das Habsburgische Haus gerichteten Politik von
Richelieu, und seinem weit verbreiteten Einfluß in
Europa. c. In der eben dadurch beförderten Her-
einziehung der nördlichen Mächte, besonders Schwe-
dens, in die Händel des südlichen Europas.

2. Religiöses und politisches Interesse blieben
auch in diesem Zeitraum noch eben so tief in ein-
ander verflochten; und das erstere bleibt noch der
Hebel des letztern. Die Stürme desselben gehen
also auch noch größtentheils aus der Reformation
hervor; allein wenn diese im vorigen Zeitraum
mehr die einzelnen Länder trafen, so erschütterten
sie jetzt dagegen das allgemeine Staatensystem von
Europa, und hatten eben deswegen auch allgemei-
nere Folgen.

1. Ge-
D. Geſch. d. Zeitraums von 1618--1660.

1. Der Zeitraum ſo großer und allgemein ſich
verbreitender Kriege, als der gegenwaͤrtige war,
verflocht nothwendig das Intereſſe der Europaͤiſchen
Staaten viel enger in einander, als es im vorigen
hatte geſchehen koͤnnen; nur mit Ausnahme Eng-
lands, das durch ſeine inneren Stuͤrme ſich auf
lange Zeit faſt iſolirte. Die Urſachen jener engern
Verſchlingung waren a. in der ſeit Ferdinand's II.
Thronbeſteigung wiederhergeſtellten viel engern Ver-
bindung der Spaniſchen und Oeſtreichiſchen Linie,
die durch den Einfluß der Jeſuiten an beyden Hoͤ-
fen noch mehr befeſtigt ward. b. In der gegen
das Habsburgiſche Haus gerichteten Politik von
Richelieu, und ſeinem weit verbreiteten Einfluß in
Europa. c. In der eben dadurch befoͤrderten Her-
einziehung der noͤrdlichen Maͤchte, beſonders Schwe-
dens, in die Haͤndel des ſuͤdlichen Europas.

2. Religioͤſes und politiſches Intereſſe blieben
auch in dieſem Zeitraum noch eben ſo tief in ein-
ander verflochten; und das erſtere bleibt noch der
Hebel des letztern. Die Stuͤrme desſelben gehen
alſo auch noch groͤßtentheils aus der Reformation
hervor; allein wenn dieſe im vorigen Zeitraum
mehr die einzelnen Laͤnder trafen, ſo erſchuͤtterten
ſie jetzt dagegen das allgemeine Staatenſyſtem von
Europa, und hatten eben deswegen auch allgemei-
nere Folgen.

1. Ge-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0179" n="141"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">D.</hi> Ge&#x017F;ch. d. Zeitraums von 1618--1660.</hi> </fw><lb/>
              <p>1. Der Zeitraum &#x017F;o großer und allgemein &#x017F;ich<lb/>
verbreitender Kriege, als der gegenwa&#x0364;rtige war,<lb/>
verflocht nothwendig das Intere&#x017F;&#x017F;e der Europa&#x0364;i&#x017F;chen<lb/>
Staaten viel enger in einander, als es im vorigen<lb/>
hatte ge&#x017F;chehen ko&#x0364;nnen; nur mit Ausnahme Eng-<lb/>
lands, das durch &#x017F;eine inneren Stu&#x0364;rme &#x017F;ich auf<lb/>
lange Zeit fa&#x017F;t i&#x017F;olirte. Die Ur&#x017F;achen jener engern<lb/>
Ver&#x017F;chlingung waren <hi rendition="#aq">a.</hi> in der &#x017F;eit Ferdinand's <hi rendition="#aq">II.</hi><lb/>
Thronbe&#x017F;teigung wiederherge&#x017F;tellten viel engern Ver-<lb/>
bindung der Spani&#x017F;chen und Oe&#x017F;treichi&#x017F;chen Linie,<lb/>
die durch den Einfluß der Je&#x017F;uiten an beyden Ho&#x0364;-<lb/>
fen noch mehr befe&#x017F;tigt ward. <hi rendition="#aq">b.</hi> In der gegen<lb/>
das Habsburgi&#x017F;che Haus gerichteten Politik von<lb/>
Richelieu, und &#x017F;einem weit verbreiteten Einfluß in<lb/>
Europa. <hi rendition="#aq">c.</hi> In der eben dadurch befo&#x0364;rderten Her-<lb/>
einziehung der no&#x0364;rdlichen Ma&#x0364;chte, be&#x017F;onders Schwe-<lb/>
dens, in die Ha&#x0364;ndel des &#x017F;u&#x0364;dlichen Europas.</p><lb/>
              <p>2. Religio&#x0364;&#x017F;es und politi&#x017F;ches Intere&#x017F;&#x017F;e blieben<lb/>
auch in die&#x017F;em Zeitraum noch eben &#x017F;o tief in ein-<lb/>
ander verflochten; und das er&#x017F;tere bleibt noch der<lb/>
Hebel des letztern. Die Stu&#x0364;rme des&#x017F;elben gehen<lb/>
al&#x017F;o auch noch gro&#x0364;ßtentheils aus der Reformation<lb/>
hervor; allein wenn die&#x017F;e im vorigen Zeitraum<lb/>
mehr die einzelnen La&#x0364;nder trafen, &#x017F;o er&#x017F;chu&#x0364;tterten<lb/>
&#x017F;ie jetzt dagegen das allgemeine Staaten&#x017F;y&#x017F;tem von<lb/>
Europa, und hatten eben deswegen auch allgemei-<lb/>
nere Folgen.</p><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">1. Ge-</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[141/0179] D. Geſch. d. Zeitraums von 1618--1660. 1. Der Zeitraum ſo großer und allgemein ſich verbreitender Kriege, als der gegenwaͤrtige war, verflocht nothwendig das Intereſſe der Europaͤiſchen Staaten viel enger in einander, als es im vorigen hatte geſchehen koͤnnen; nur mit Ausnahme Eng- lands, das durch ſeine inneren Stuͤrme ſich auf lange Zeit faſt iſolirte. Die Urſachen jener engern Verſchlingung waren a. in der ſeit Ferdinand's II. Thronbeſteigung wiederhergeſtellten viel engern Ver- bindung der Spaniſchen und Oeſtreichiſchen Linie, die durch den Einfluß der Jeſuiten an beyden Hoͤ- fen noch mehr befeſtigt ward. b. In der gegen das Habsburgiſche Haus gerichteten Politik von Richelieu, und ſeinem weit verbreiteten Einfluß in Europa. c. In der eben dadurch befoͤrderten Her- einziehung der noͤrdlichen Maͤchte, beſonders Schwe- dens, in die Haͤndel des ſuͤdlichen Europas. 2. Religioͤſes und politiſches Intereſſe blieben auch in dieſem Zeitraum noch eben ſo tief in ein- ander verflochten; und das erſtere bleibt noch der Hebel des letztern. Die Stuͤrme desſelben gehen alſo auch noch groͤßtentheils aus der Reformation hervor; allein wenn dieſe im vorigen Zeitraum mehr die einzelnen Laͤnder trafen, ſo erſchuͤtterten ſie jetzt dagegen das allgemeine Staatenſyſtem von Europa, und hatten eben deswegen auch allgemei- nere Folgen. 1. Ge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heeren_staatensystem_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heeren_staatensystem_1809/179
Zitationshilfe: Heeren, Arnold H. L.: Geschichte des Europäischen Staatensystems und seiner Kolonien. Göttingen, 1809, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heeren_staatensystem_1809/179>, abgerufen am 21.11.2024.