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Heeren, Arnold H. L.: Geschichte des Europäischen Staatensystems und seiner Kolonien. Göttingen, 1809.

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I. Per. I. Th. Gesch. d. südl. Eur. Staatensyst.
suiten gestört. Das Streben, Ungarn zu einem
Erbreiche zu machen, ward schon damals rege;
wie lebhaft auch die Ungarn jeder Neuerung wider-
standen; und wann siegte nicht zuletzt eine beharr-
liche Politik?

Schon die politischen Verhältnisse von Sieben-
bürgen, dessen Wahlfürsten zugleich Vasallen von der Pforte
und von Ungarn waren, machten eine dauernde Ruhe fast
unmöglich. Hätten diese Fürsten die Vortheile ihrer Lage
nutzen wollen oder können, so wären sie leicht Stifter eines
großen Reichs geworden. Den Frieden mit Gabriel Beth-
len
(1613--1629), der schon König von Ungarn hieß,
mußte Oestreich durch Abtretungen erkaufen 1616 und 1621.
Von seinen Nachfolgern Georg Rakozy I. (+ 1648) und
II. (+ 1660) ließ sich der erstere 1643 in Verbindung mit
Schweden und Frankreich ein; und schloß 24. Aug. einen
für ihn und die Protestanten vortheilhaften Frieden; der
andere war mehr mit Polen als Ungarn beschäftigt. --
Die Religionsverhältnisse erhielten aber in Ungarn
eine beständige Gährung; da die Jesuiten ihre Projecte
gegen die Protestanten mit denen des Hofes vortrefflich
in Verbindung zu setzen wußten.

10. In dem Türkischen Reiche zeigten sich
schon in diesem Zeitraume die Erscheinungen, wo-
mit der inne[r]e Verfall der großen Monarchien des
Orients beginnt; unfähige im Serail erzogene Herr-
scher; Uebermuth der Janitscharen, die den Thron
besetzen; Empörungen übermüthiger Statthalter.
Da jedoch die persönliche Kraft bey einem Barba-
ren-Volk nicht erstirbt, so bedarf es nur eines

Herr-

I. Per. I. Th. Geſch. d. ſuͤdl. Eur. Staatenſyſt.
ſuiten geſtoͤrt. Das Streben, Ungarn zu einem
Erbreiche zu machen, ward ſchon damals rege;
wie lebhaft auch die Ungarn jeder Neuerung wider-
ſtanden; und wann ſiegte nicht zuletzt eine beharr-
liche Politik?

Schon die politiſchen Verhaͤltniſſe von Sieben-
buͤrgen, deſſen Wahlfuͤrſten zugleich Vaſallen von der Pforte
und von Ungarn waren, machten eine dauernde Ruhe faſt
unmoͤglich. Haͤtten dieſe Fuͤrſten die Vortheile ihrer Lage
nutzen wollen oder koͤnnen, ſo waͤren ſie leicht Stifter eines
großen Reichs geworden. Den Frieden mit Gabriel Beth-
len
(1613—1629), der ſchon Koͤnig von Ungarn hieß,
mußte Oeſtreich durch Abtretungen erkaufen 1616 und 1621.
Von ſeinen Nachfolgern Georg Rakozy I. († 1648) und
II. († 1660) ließ ſich der erſtere 1643 in Verbindung mit
Schweden und Frankreich ein; und ſchloß 24. Aug. einen
fuͤr ihn und die Proteſtanten vortheilhaften Frieden; der
andere war mehr mit Polen als Ungarn beſchaͤftigt. —
Die Religionsverhaͤltniſſe erhielten aber in Ungarn
eine beſtaͤndige Gaͤhrung; da die Jeſuiten ihre Projecte
gegen die Proteſtanten mit denen des Hofes vortrefflich
in Verbindung zu ſetzen wußten.

10. In dem Tuͤrkiſchen Reiche zeigten ſich
ſchon in dieſem Zeitraume die Erſcheinungen, wo-
mit der inne[r]e Verfall der großen Monarchien des
Orients beginnt; unfaͤhige im Serail erzogene Herr-
ſcher; Uebermuth der Janitſcharen, die den Thron
beſetzen; Empoͤrungen uͤbermuͤthiger Statthalter.
Da jedoch die perſoͤnliche Kraft bey einem Barba-
ren-Volk nicht erſtirbt, ſo bedarf es nur eines

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[172/0210] I. Per. I. Th. Geſch. d. ſuͤdl. Eur. Staatenſyſt. ſuiten geſtoͤrt. Das Streben, Ungarn zu einem Erbreiche zu machen, ward ſchon damals rege; wie lebhaft auch die Ungarn jeder Neuerung wider- ſtanden; und wann ſiegte nicht zuletzt eine beharr- liche Politik? Schon die politiſchen Verhaͤltniſſe von Sieben- buͤrgen, deſſen Wahlfuͤrſten zugleich Vaſallen von der Pforte und von Ungarn waren, machten eine dauernde Ruhe faſt unmoͤglich. Haͤtten dieſe Fuͤrſten die Vortheile ihrer Lage nutzen wollen oder koͤnnen, ſo waͤren ſie leicht Stifter eines großen Reichs geworden. Den Frieden mit Gabriel Beth- len (1613—1629), der ſchon Koͤnig von Ungarn hieß, mußte Oeſtreich durch Abtretungen erkaufen 1616 und 1621. Von ſeinen Nachfolgern Georg Rakozy I. († 1648) und II. († 1660) ließ ſich der erſtere 1643 in Verbindung mit Schweden und Frankreich ein; und ſchloß 24. Aug. einen fuͤr ihn und die Proteſtanten vortheilhaften Frieden; der andere war mehr mit Polen als Ungarn beſchaͤftigt. — Die Religionsverhaͤltniſſe erhielten aber in Ungarn eine beſtaͤndige Gaͤhrung; da die Jeſuiten ihre Projecte gegen die Proteſtanten mit denen des Hofes vortrefflich in Verbindung zu ſetzen wußten. 10. In dem Tuͤrkiſchen Reiche zeigten ſich ſchon in dieſem Zeitraume die Erſcheinungen, wo- mit der innere Verfall der großen Monarchien des Orients beginnt; unfaͤhige im Serail erzogene Herr- ſcher; Uebermuth der Janitſcharen, die den Thron beſetzen; Empoͤrungen uͤbermuͤthiger Statthalter. Da jedoch die perſoͤnliche Kraft bey einem Barba- ren-Volk nicht erſtirbt, ſo bedarf es nur eines Herr-

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Zitationshilfe: Heeren, Arnold H. L.: Geschichte des Europäischen Staatensystems und seiner Kolonien. Göttingen, 1809, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heeren_staatensystem_1809/210>, abgerufen am 24.11.2024.