vorige Höhe gehoben hätte. Aber auch diese Hoff- nung sollte auf das bitterste getäuscht werden. In eben dem Augenblick, wo Peter, eingeschlossen mit seinem ganzen Heere in der Moldau, auf dem Punct stand, sich als Gefangener überliefern zu müssen, rettete ihn die Klugheit einer Frau, und die Be- stechlichkeit des Großveziers. Der Friede am Pruth schlug dem Gemüth des Königs leicht eine tiefere Wunde, als es selbst der Tag bey Pulta- wa nicht zu thun vermocht hatte.
Bündniß Peter's mit dem Fürsten der Moldau, Deme- trius Cantemir, 13. Apr. 1711, unter dem Versprechen der Erblichkeit der Fürstenwürde in seinem Hause, als Rus- sischer Schutzverwandter, gegen den zu leistenden Bepstand. -- Peter's Uebergang über den Niester 16. Juni, und Ver- einigung mit dem Fürsten zu Jassy. -- Aber bald Man- gel an Zufuhr, und Einschließung am Pruth. -- Unter- handlung nach Catharina's Rath geführt; und Abschließung des Friedens 24. Jul. 1711 unter den Bedingungen: daß 1. Azow mit seinem Gebiet an die Pforte zurückgegeben; 2. die neuen Festungen an dem Samara, besonders Ta- ganrok, niedergerissen werden. 3. Dem König von Schwe- den freye Rückkehr in sein Reich bewilligt werde. -- Der von Bender herbeygeeilte Carl kam noch zeitig genug, um die Russische Armee -- frey abziehen zu sehen. -- Doch erstarb seine Hoffnung nicht, den Frieden wieder zu ver- nichten; und schon war er wieder aufgehoben, 17. Dec. 1711, als er unter Vermittlung der Seemächte -- aufs neue bestätigt wurde 16. April 1712; indem Peter, außer dem Obigen, noch die Räumung Polens versprach. -- Gewaltsame Wegschaffung des Königs aus Bender nach Demotica 10. Febr. 1713. Bestätigung des vorigen Frie-
dens
Von 1700 bis 1740.
vorige Hoͤhe gehoben haͤtte. Aber auch dieſe Hoff- nung ſollte auf das bitterſte getaͤuſcht werden. In eben dem Augenblick, wo Peter, eingeſchloſſen mit ſeinem ganzen Heere in der Moldau, auf dem Punct ſtand, ſich als Gefangener uͤberliefern zu muͤſſen, rettete ihn die Klugheit einer Frau, und die Be- ſtechlichkeit des Großveziers. Der Friede am Pruth ſchlug dem Gemuͤth des Koͤnigs leicht eine tiefere Wunde, als es ſelbſt der Tag bey Pulta- wa nicht zu thun vermocht hatte.
Buͤndniß Peter's mit dem Fuͤrſten der Moldau, Deme- trius Cantemir, 13. Apr. 1711, unter dem Verſprechen der Erblichkeit der Fuͤrſtenwuͤrde in ſeinem Hauſe, als Ruſ- ſiſcher Schutzverwandter, gegen den zu leiſtenden Bepſtand. — Peter's Uebergang uͤber den Nieſter 16. Juni, und Ver- einigung mit dem Fuͤrſten zu Jaſſy. — Aber bald Man- gel an Zufuhr, und Einſchließung am Pruth. — Unter- handlung nach Catharina's Rath gefuͤhrt; und Abſchließung des Friedens 24. Jul. 1711 unter den Bedingungen: daß 1. Azow mit ſeinem Gebiet an die Pforte zuruͤckgegeben; 2. die neuen Feſtungen an dem Samara, beſonders Ta- ganrok, niedergeriſſen werden. 3. Dem Koͤnig von Schwe- den freye Ruͤckkehr in ſein Reich bewilligt werde. — Der von Bender herbeygeeilte Carl kam noch zeitig genug, um die Ruſſiſche Armee — frey abziehen zu ſehen. — Doch erſtarb ſeine Hoffnung nicht, den Frieden wieder zu ver- nichten; und ſchon war er wieder aufgehoben, 17. Dec. 1711, als er unter Vermittlung der Seemaͤchte — aufs neue beſtaͤtigt wurde 16. April 1712; indem Peter, außer dem Obigen, noch die Raͤumung Polens verſprach. — Gewaltſame Wegſchaffung des Koͤnigs aus Bender nach Demotica 10. Febr. 1713. Beſtaͤtigung des vorigen Frie-
dens
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0385"n="347"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Von 1700 bis 1740.</hi></fw><lb/>
vorige Hoͤhe gehoben haͤtte. Aber auch dieſe Hoff-<lb/>
nung ſollte auf das bitterſte getaͤuſcht werden. In<lb/>
eben dem Augenblick, wo Peter, eingeſchloſſen mit<lb/>ſeinem ganzen Heere in der Moldau, auf dem Punct<lb/>ſtand, ſich als Gefangener uͤberliefern zu muͤſſen,<lb/>
rettete ihn die Klugheit einer Frau, und die Be-<lb/>ſtechlichkeit des Großveziers. Der <hirendition="#g">Friede am<lb/>
Pruth</hi>ſchlug dem Gemuͤth des Koͤnigs leicht eine<lb/>
tiefere Wunde, als es ſelbſt der Tag bey Pulta-<lb/>
wa nicht zu thun vermocht hatte.</p><lb/><p><hirendition="#et">Buͤndniß Peter's mit dem Fuͤrſten der Moldau, Deme-<lb/>
trius Cantemir, 13. Apr. 1711, unter dem Verſprechen<lb/>
der Erblichkeit der Fuͤrſtenwuͤrde in ſeinem Hauſe, als Ruſ-<lb/>ſiſcher Schutzverwandter, gegen den zu leiſtenden Bepſtand.<lb/>— Peter's Uebergang uͤber den Nieſter 16. Juni, und Ver-<lb/>
einigung mit dem Fuͤrſten zu Jaſſy. — Aber bald Man-<lb/>
gel an Zufuhr, und Einſchließung am Pruth. — Unter-<lb/>
handlung nach Catharina's Rath gefuͤhrt; und Abſchließung<lb/>
des Friedens 24. Jul. 1711 unter den Bedingungen: daß<lb/>
1. Azow mit ſeinem Gebiet an die Pforte zuruͤckgegeben;<lb/>
2. die neuen Feſtungen an dem Samara, beſonders Ta-<lb/>
ganrok, niedergeriſſen werden. 3. Dem Koͤnig von Schwe-<lb/>
den freye Ruͤckkehr in ſein Reich bewilligt werde. — Der<lb/>
von Bender herbeygeeilte Carl kam noch zeitig genug, um<lb/>
die Ruſſiſche Armee — frey abziehen zu ſehen. — Doch<lb/>
erſtarb ſeine Hoffnung nicht, den Frieden wieder zu ver-<lb/>
nichten; und ſchon war er wieder aufgehoben, 17. Dec.<lb/>
1711, als er unter Vermittlung der Seemaͤchte — aufs<lb/>
neue beſtaͤtigt wurde 16. April 1712; indem Peter, außer<lb/>
dem Obigen, noch die <hirendition="#g">Raͤumung Polens</hi> verſprach. —<lb/>
Gewaltſame Wegſchaffung des Koͤnigs aus Bender nach<lb/>
Demotica 10. Febr. 1713. Beſtaͤtigung des vorigen Frie-</hi><lb/><fwplace="bottom"type="catch">dens</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[347/0385]
Von 1700 bis 1740.
vorige Hoͤhe gehoben haͤtte. Aber auch dieſe Hoff-
nung ſollte auf das bitterſte getaͤuſcht werden. In
eben dem Augenblick, wo Peter, eingeſchloſſen mit
ſeinem ganzen Heere in der Moldau, auf dem Punct
ſtand, ſich als Gefangener uͤberliefern zu muͤſſen,
rettete ihn die Klugheit einer Frau, und die Be-
ſtechlichkeit des Großveziers. Der Friede am
Pruth ſchlug dem Gemuͤth des Koͤnigs leicht eine
tiefere Wunde, als es ſelbſt der Tag bey Pulta-
wa nicht zu thun vermocht hatte.
Buͤndniß Peter's mit dem Fuͤrſten der Moldau, Deme-
trius Cantemir, 13. Apr. 1711, unter dem Verſprechen
der Erblichkeit der Fuͤrſtenwuͤrde in ſeinem Hauſe, als Ruſ-
ſiſcher Schutzverwandter, gegen den zu leiſtenden Bepſtand.
— Peter's Uebergang uͤber den Nieſter 16. Juni, und Ver-
einigung mit dem Fuͤrſten zu Jaſſy. — Aber bald Man-
gel an Zufuhr, und Einſchließung am Pruth. — Unter-
handlung nach Catharina's Rath gefuͤhrt; und Abſchließung
des Friedens 24. Jul. 1711 unter den Bedingungen: daß
1. Azow mit ſeinem Gebiet an die Pforte zuruͤckgegeben;
2. die neuen Feſtungen an dem Samara, beſonders Ta-
ganrok, niedergeriſſen werden. 3. Dem Koͤnig von Schwe-
den freye Ruͤckkehr in ſein Reich bewilligt werde. — Der
von Bender herbeygeeilte Carl kam noch zeitig genug, um
die Ruſſiſche Armee — frey abziehen zu ſehen. — Doch
erſtarb ſeine Hoffnung nicht, den Frieden wieder zu ver-
nichten; und ſchon war er wieder aufgehoben, 17. Dec.
1711, als er unter Vermittlung der Seemaͤchte — aufs
neue beſtaͤtigt wurde 16. April 1712; indem Peter, außer
dem Obigen, noch die Raͤumung Polens verſprach. —
Gewaltſame Wegſchaffung des Koͤnigs aus Bender nach
Demotica 10. Febr. 1713. Beſtaͤtigung des vorigen Frie-
dens
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Heeren, Arnold H. L.: Geschichte des Europäischen Staatensystems und seiner Kolonien. Göttingen, 1809, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heeren_staatensystem_1809/385>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.