verbesserte; aber er stürzte die alten Grundeinrich- tungen nicht um.
27. Die Verfassung dieses Staats, mit Ausnahme von ein paar Nebenländern, war rein autocratisch; nicht ständisch, wie Deutsche Sit- te es will. Lag darin der Grund, weshalb sie, wenn auch noch so sehr gepriesen, doch im Aus- lande so wenig geliebt war? Doch hatte die Auto- cratie manches modificirt; und der willkührlichen Gewalt in der Verwaltung war sehr dadurch vor- gebeugt, daß sie in den meisten Provinzen collegia- lisch war.
28. Oeconomie mußte, bey der Vermeh- rung des Heers, um so mehr Grundmarime blei- ben; da Anhäufung eines Schatzes aus dem Ueberschuß der Etats auch die Maxime von Frie- drich blieb. Selten konnten daher große Institute gedeihen, bey denen Liberalität die Bedingung war: was sich sonst Großes und Vortrefliches mit der Autocratie verbinden ließ, in Gesetzgebung, Justiz und Landes-Cultur, ward geschützt und befördert. Freyheit der Sprache und Presse herrschte hier fast wie in der freysten Republik; und die wohlthä- tigen Folgen waren davon um so größer, da Preu- ßen auch darin das Muster für andre Staaten ward.
29.
2. Veraͤnd. d. einz. Hptſt. d. w. Eur.--1786.
verbeſſerte; aber er ſtuͤrzte die alten Grundeinrich- tungen nicht um.
27. Die Verfaſſung dieſes Staats, mit Ausnahme von ein paar Nebenlaͤndern, war rein autocratiſch; nicht ſtaͤndiſch, wie Deutſche Sit- te es will. Lag darin der Grund, weshalb ſie, wenn auch noch ſo ſehr geprieſen, doch im Aus- lande ſo wenig geliebt war? Doch hatte die Auto- cratie manches modificirt; und der willkuͤhrlichen Gewalt in der Verwaltung war ſehr dadurch vor- gebeugt, daß ſie in den meiſten Provinzen collegia- liſch war.
28. Oeconomie mußte, bey der Vermeh- rung des Heers, um ſo mehr Grundmarime blei- ben; da Anhaͤufung eines Schatzes aus dem Ueberſchuß der Etats auch die Maxime von Frie- drich blieb. Selten konnten daher große Inſtitute gedeihen, bey denen Liberalitaͤt die Bedingung war: was ſich ſonſt Großes und Vortrefliches mit der Autocratie verbinden ließ, in Geſetzgebung, Juſtiz und Landes-Cultur, ward geſchuͤtzt und befoͤrdert. Freyheit der Sprache und Preſſe herrſchte hier faſt wie in der freyſten Republik; und die wohlthaͤ- tigen Folgen waren davon um ſo groͤßer, da Preu- ßen auch darin das Muſter fuͤr andre Staaten ward.
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2. Veraͤnd. d. einz. Hptſt. d. w. Eur.--1786.
verbeſſerte; aber er ſtuͤrzte die alten Grundeinrich-
tungen nicht um.
27. Die Verfaſſung dieſes Staats, mit
Ausnahme von ein paar Nebenlaͤndern, war rein
autocratiſch; nicht ſtaͤndiſch, wie Deutſche Sit-
te es will. Lag darin der Grund, weshalb ſie,
wenn auch noch ſo ſehr geprieſen, doch im Aus-
lande ſo wenig geliebt war? Doch hatte die Auto-
cratie manches modificirt; und der willkuͤhrlichen
Gewalt in der Verwaltung war ſehr dadurch vor-
gebeugt, daß ſie in den meiſten Provinzen collegia-
liſch war.
28. Oeconomie mußte, bey der Vermeh-
rung des Heers, um ſo mehr Grundmarime blei-
ben; da Anhaͤufung eines Schatzes aus dem
Ueberſchuß der Etats auch die Maxime von Frie-
drich blieb. Selten konnten daher große Inſtitute
gedeihen, bey denen Liberalitaͤt die Bedingung war:
was ſich ſonſt Großes und Vortrefliches mit der
Autocratie verbinden ließ, in Geſetzgebung, Juſtiz
und Landes-Cultur, ward geſchuͤtzt und befoͤrdert.
Freyheit der Sprache und Preſſe herrſchte hier faſt
wie in der freyſten Republik; und die wohlthaͤ-
tigen Folgen waren davon um ſo groͤßer, da Preu-
ßen auch darin das Muſter fuͤr andre Staaten
ward.
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Heeren, Arnold H. L.: Geschichte des Europäischen Staatensystems und seiner Kolonien. Göttingen, 1809, S. 445. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heeren_staatensystem_1809/483>, abgerufen am 22.11.2024.
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