Frankreich, indem sie überhaupt den Geist der Ca- binette änderten, auf den Norden ein.
2. Wie viel, bey der Spannung Rußlands mit England und Preußen, auch vielleicht die frem- de Politik zu dem Ausbruch des Krieges mit der Pforte beytrug, so war doch Potemkin der Haupturheber (S. 528.), wie er, als Ober- befehlshaber, die Seele desselben blieb. Aber der 1787 16 Aug.Krieg erhielt das Ansehen eines Defensiv-Krieges, da die Pforte ihn zuerst erklärte. Um desto siche- 1788 9. Fbr.rer durfte man auf die Theilnahme Joseph's rechnen; wie sorgfältig auch die Türken jeden An- laß zum Zwist mit ihm vermieden. So entstand ein vierjähriger Kampf; durch welchen Ruß- land nur einen geringen Theil seiner Erwartungen erfüllt sah; und Joseph, furchtbar in seinen Hoff- nungen getäuscht, ohne das Ende zu sehen, sich selber sein Grab grub!
Schauplätze des Kriegs waren theils die Krimm und Bessarabien für die Russen allein; theils die Donau-Län- der von Bosnien bis zur Moldau für Oestreicher und Russen. Noch 1787 vergebliche Angriffe der Türken zur See bey Kinburn, Sept. und Oct., um die Krimm wie- derzuerobern. Die Russen, bisher gewohnt, nach Römer- sitte, mit mäßigen Armeen aufzutreten, erschienen dieß- mal mit viel größerer Macht; das Hauptheer unter Po- temkin, ein zweytes an den Grenzen der Moldau unter Romanzow. Die Türken, Haupt-Schlachten vermeidend, vertheidigten ihre Festungen. Im Jahre 1788 unglückliche
See-
III. Periode. A. II. Theil.
Frankreich, indem ſie uͤberhaupt den Geiſt der Ca- binette aͤnderten, auf den Norden ein.
2. Wie viel, bey der Spannung Rußlands mit England und Preußen, auch vielleicht die frem- de Politik zu dem Ausbruch des Krieges mit der Pforte beytrug, ſo war doch Potemkin der Haupturheber (S. 528.), wie er, als Ober- befehlshaber, die Seele deſſelben blieb. Aber der 1787 16 Aug.Krieg erhielt das Anſehen eines Defenſiv-Krieges, da die Pforte ihn zuerſt erklaͤrte. Um deſto ſiche- 1788 9. Fbr.rer durfte man auf die Theilnahme Joſeph's rechnen; wie ſorgfaͤltig auch die Tuͤrken jeden An- laß zum Zwiſt mit ihm vermieden. So entſtand ein vierjaͤhriger Kampf; durch welchen Ruß- land nur einen geringen Theil ſeiner Erwartungen erfuͤllt ſah; und Joſeph, furchtbar in ſeinen Hoff- nungen getaͤuſcht, ohne das Ende zu ſehen, ſich ſelber ſein Grab grub!
Schauplaͤtze des Kriegs waren theils die Krimm und Beſſarabien fuͤr die Ruſſen allein; theils die Donau-Laͤn- der von Bosnien bis zur Moldau fuͤr Oeſtreicher und Ruſſen. Noch 1787 vergebliche Angriffe der Tuͤrken zur See bey Kinburn, Sept. und Oct., um die Krimm wie- derzuerobern. Die Ruſſen, bisher gewohnt, nach Roͤmer- ſitte, mit maͤßigen Armeen aufzutreten, erſchienen dieß- mal mit viel groͤßerer Macht; das Hauptheer unter Po- temkin, ein zweytes an den Grenzen der Moldau unter Romanzow. Die Tuͤrken, Haupt-Schlachten vermeidend, vertheidigten ihre Feſtungen. Im Jahre 1788 ungluͤckliche
See-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0632"n="594"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">III.</hi> Periode. <hirendition="#aq">A. II.</hi> Theil.</hi></fw><lb/>
Frankreich, indem ſie uͤberhaupt den Geiſt der Ca-<lb/>
binette aͤnderten, auf den Norden ein.</p><lb/><p>2. Wie viel, bey der Spannung Rußlands<lb/>
mit England und Preußen, auch vielleicht die frem-<lb/>
de Politik zu dem Ausbruch des <hirendition="#g">Krieges mit<lb/>
der Pforte</hi> beytrug, ſo war doch <hirendition="#g">Potemkin</hi><lb/>
der Haupturheber (S. 528.), wie er, als Ober-<lb/>
befehlshaber, die Seele deſſelben blieb. Aber der<lb/><noteplace="left">1787<lb/>
16<lb/>
Aug.</note>Krieg erhielt das Anſehen eines Defenſiv-Krieges,<lb/>
da die Pforte ihn zuerſt erklaͤrte. Um deſto ſiche-<lb/><noteplace="left">1788<lb/>
9.<lb/>
Fbr.</note>rer durfte man auf die Theilnahme <hirendition="#g">Joſeph's</hi><lb/>
rechnen; wie ſorgfaͤltig auch die Tuͤrken jeden An-<lb/>
laß zum Zwiſt mit ihm vermieden. So entſtand<lb/>
ein <hirendition="#g">vierjaͤhriger</hi> Kampf; durch welchen Ruß-<lb/>
land nur einen geringen Theil ſeiner Erwartungen<lb/>
erfuͤllt ſah; und Joſeph, furchtbar in ſeinen Hoff-<lb/>
nungen getaͤuſcht, ohne das Ende zu ſehen, ſich<lb/>ſelber ſein Grab grub!</p><lb/><p><hirendition="#et">Schauplaͤtze des Kriegs waren theils die Krimm und<lb/>
Beſſarabien fuͤr die Ruſſen allein; theils die Donau-Laͤn-<lb/>
der von Bosnien bis zur Moldau fuͤr Oeſtreicher und<lb/>
Ruſſen. Noch 1787 vergebliche Angriffe der Tuͤrken zur<lb/>
See bey Kinburn, Sept. und Oct., um die Krimm wie-<lb/>
derzuerobern. Die Ruſſen, bisher gewohnt, nach Roͤmer-<lb/>ſitte, mit maͤßigen Armeen aufzutreten, erſchienen dieß-<lb/>
mal mit viel groͤßerer Macht; das Hauptheer unter Po-<lb/>
temkin, ein zweytes an den Grenzen der Moldau unter<lb/>
Romanzow. Die Tuͤrken, Haupt-Schlachten vermeidend,<lb/>
vertheidigten ihre Feſtungen. Im Jahre 1788 ungluͤckliche</hi><lb/><fwplace="bottom"type="catch">See-</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[594/0632]
III. Periode. A. II. Theil.
Frankreich, indem ſie uͤberhaupt den Geiſt der Ca-
binette aͤnderten, auf den Norden ein.
2. Wie viel, bey der Spannung Rußlands
mit England und Preußen, auch vielleicht die frem-
de Politik zu dem Ausbruch des Krieges mit
der Pforte beytrug, ſo war doch Potemkin
der Haupturheber (S. 528.), wie er, als Ober-
befehlshaber, die Seele deſſelben blieb. Aber der
Krieg erhielt das Anſehen eines Defenſiv-Krieges,
da die Pforte ihn zuerſt erklaͤrte. Um deſto ſiche-
rer durfte man auf die Theilnahme Joſeph's
rechnen; wie ſorgfaͤltig auch die Tuͤrken jeden An-
laß zum Zwiſt mit ihm vermieden. So entſtand
ein vierjaͤhriger Kampf; durch welchen Ruß-
land nur einen geringen Theil ſeiner Erwartungen
erfuͤllt ſah; und Joſeph, furchtbar in ſeinen Hoff-
nungen getaͤuſcht, ohne das Ende zu ſehen, ſich
ſelber ſein Grab grub!
1787
16
Aug.
1788
9.
Fbr.
Schauplaͤtze des Kriegs waren theils die Krimm und
Beſſarabien fuͤr die Ruſſen allein; theils die Donau-Laͤn-
der von Bosnien bis zur Moldau fuͤr Oeſtreicher und
Ruſſen. Noch 1787 vergebliche Angriffe der Tuͤrken zur
See bey Kinburn, Sept. und Oct., um die Krimm wie-
derzuerobern. Die Ruſſen, bisher gewohnt, nach Roͤmer-
ſitte, mit maͤßigen Armeen aufzutreten, erſchienen dieß-
mal mit viel groͤßerer Macht; das Hauptheer unter Po-
temkin, ein zweytes an den Grenzen der Moldau unter
Romanzow. Die Tuͤrken, Haupt-Schlachten vermeidend,
vertheidigten ihre Feſtungen. Im Jahre 1788 ungluͤckliche
See-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Heeren, Arnold H. L.: Geschichte des Europäischen Staatensystems und seiner Kolonien. Göttingen, 1809, S. 594. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heeren_staatensystem_1809/632>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.