großes Interesse, nicht das bleibende der Völker, sondern nur das augenblickliche der Herrscher setzte sie in Bewegung. Eben daher auch keine feste Verbin- dungen, sondern ewiger Wechsel! Wie konnten auch dergleichen entstehen; wo man es kaum Hehl hatte, daß man sich einander nur zu betriegen suchte?
18. Die Staatswirthschaft schien zwar durch das gute Beyspiel, das LudwigXII. und sein Minister, Cardinal Amboise, gaben, zu ge- winnen. Aber neue und große Ideen darüber wach- ten selbst in Frankreich noch nicht auf; und das gute Beyspiel blieb ohne Nachahmer. Geld zu den Kriegen zu haben, -- nur unter Ludwig XII. mit möglichster Schonung der Unterthanen, (und auch das war viel werth!) -- blieb noch immer ihr einziges Ziel; und selbst die Entdeckung der neuen Welt und die dadurch erregten Hoffnungen beschränkten den Gesichtskreis noch mehr darauf, als daß sie ihn erweitert hätten.
19. Auch die Kriegskunst machte weniger Fortschritte, als man hätte erwarten mögen; und konnte sie auch nicht wohl machen, so lange ein gutes Fußvolk nur bey den Schweizern zu miethen war, oder man sich mit deutschen Lanzknechten half. Auch war unter den Fürsten des Zeitalters kei- ner, der als großes militärisches Genie geglänzt hätte.
II. Ge-
A. 1. Haͤnd. u. Streit. uͤb. Ital. 1494--1515.
großes Intereſſe, nicht das bleibende der Voͤlker, ſondern nur das augenblickliche der Herrſcher ſetzte ſie in Bewegung. Eben daher auch keine feſte Verbin- dungen, ſondern ewiger Wechſel! Wie konnten auch dergleichen entſtehen; wo man es kaum Hehl hatte, daß man ſich einander nur zu betriegen ſuchte?
18. Die Staatswirthſchaft ſchien zwar durch das gute Beyſpiel, das LudwigXII. und ſein Miniſter, Cardinal Amboiſe, gaben, zu ge- winnen. Aber neue und große Ideen daruͤber wach- ten ſelbſt in Frankreich noch nicht auf; und das gute Beyſpiel blieb ohne Nachahmer. Geld zu den Kriegen zu haben, — nur unter Ludwig XII. mit moͤglichſter Schonung der Unterthanen, (und auch das war viel werth!) — blieb noch immer ihr einziges Ziel; und ſelbſt die Entdeckung der neuen Welt und die dadurch erregten Hoffnungen beſchraͤnkten den Geſichtskreis noch mehr darauf, als daß ſie ihn erweitert haͤtten.
19. Auch die Kriegskunſt machte weniger Fortſchritte, als man haͤtte erwarten moͤgen; und konnte ſie auch nicht wohl machen, ſo lange ein gutes Fußvolk nur bey den Schweizern zu miethen war, oder man ſich mit deutſchen Lanzknechten half. Auch war unter den Fuͤrſten des Zeitalters kei- ner, der als großes militaͤriſches Genie geglaͤnzt haͤtte.
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A. 1. Haͤnd. u. Streit. uͤb. Ital. 1494--1515.
großes Intereſſe, nicht das bleibende der Voͤlker,
ſondern nur das augenblickliche der Herrſcher ſetzte ſie
in Bewegung. Eben daher auch keine feſte Verbin-
dungen, ſondern ewiger Wechſel! Wie konnten auch
dergleichen entſtehen; wo man es kaum Hehl hatte,
daß man ſich einander nur zu betriegen ſuchte?
18. Die Staatswirthſchaft ſchien zwar
durch das gute Beyſpiel, das Ludwig XII. und
ſein Miniſter, Cardinal Amboiſe, gaben, zu ge-
winnen. Aber neue und große Ideen daruͤber wach-
ten ſelbſt in Frankreich noch nicht auf; und das gute
Beyſpiel blieb ohne Nachahmer. Geld zu den Kriegen
zu haben, — nur unter Ludwig XII. mit moͤglichſter
Schonung der Unterthanen, (und auch das war viel
werth!) — blieb noch immer ihr einziges Ziel; und
ſelbſt die Entdeckung der neuen Welt und die dadurch
erregten Hoffnungen beſchraͤnkten den Geſichtskreis
noch mehr darauf, als daß ſie ihn erweitert haͤtten.
19. Auch die Kriegskunſt machte weniger
Fortſchritte, als man haͤtte erwarten moͤgen; und
konnte ſie auch nicht wohl machen, ſo lange ein gutes
Fußvolk nur bey den Schweizern zu miethen
war, oder man ſich mit deutſchen Lanzknechten
half. Auch war unter den Fuͤrſten des Zeitalters kei-
ner, der als großes militaͤriſches Genie geglaͤnzt haͤtte.
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Heeren, Arnold H. L.: Geschichte des Europäischen Staatensystems und seiner Kolonien. Göttingen, 1809, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heeren_staatensystem_1809/69>, abgerufen am 24.11.2024.
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