daß ihm die fernere eigene Verfügung darüber entweder gänz- lich entrückt oder doch beschränkt wird, oder wodurch Einer sich in seiner Gesamtheit als Schuldner darstellt (eigent- liche Staatenverträge);
II. Verträge souveräner Fürsten unter Einander, über solche Ge- genstände, hinsichtlich deren sie keinem innern Staatsgesetz und Richter unterworfen sind (vgl. §. 52.), z. B. wegen gegenseitiger persönlicher Unterstützung oder Garantirung ih- rer Rechte, 1 desgleichen wegen ihrer eigenen ganz unab- hängigen Besitzungen außerhalb des beherrschten Staatsge- bietes.
Dahingegen liegen dem Kreise des Völkerrechts überhaupt so wie insbesondere des internationalen Vertragsrechtes fremd:
a) Verträge mehrerer Staaten oder Souveräne über reine Privatrechte, welche dem Einen im Bereiche des andern entweder schon zuständig sind oder constituirt werden sol- len, ohne daß die Rechte der Staatsgewalt in ihrem ei- genen Gebiet dadurch aufgehoben oder servitutmäßig be- schränkt werden; z. B. Ueberlassung von veräußerlichen Domänen oder eines Bergwerks an einen ausländischen Staat oder an dessen Souverän zu bloßem Privatbesitz;
b) Vertragsverpflichtungen eines Souveräns über Privatver- hältnisse, rücksichtlich deren er dem Gesetz seines eigenen Staates und einer richterlichen Instanz darin unterwor- fen ist, gegen auswärtige Staaten oder deren Souveräne;
c) Verträge einer Staatsgewalt mit ihren eigenen Untertha- nen über Gegenstände des Privatrechts, desgleichen
d) Verträge zwischen einem Staat oder seinem Souverän und einem auswärtigen Unterthan, wenn sie ihrem Ge- genstand nach bloße Privatverträge sind.
Hier wird überall das Privatrecht 2 entscheiden, und zwar be- ziehungsweise nach den oben (§. 37 f.) erörterten Grundsätzen der
1 Vgl. Vattel, I. §. 195. 196.
2 Aeltere Publicisten haben zwar die Staatsgewalten von der Anwendbarkeit der Privatrechte eximiren und auf sie immer nur das natürliche oder Völ- kerrecht anwenden wollen, z. B. noch Hellfeld in der diss. de fontib. ju- ris quo illustres utuntur, §. 37. (vor t. 1. Jurispr. heroic.) allein die neuere Rechtsentwickelung ist eine andere, wie bereits §. 56. bemerkt ist.
Erſtes Buch. §. 82.
daß ihm die fernere eigene Verfügung darüber entweder gänz- lich entrückt oder doch beſchränkt wird, oder wodurch Einer ſich in ſeiner Geſamtheit als Schuldner darſtellt (eigent- liche Staatenverträge);
II. Verträge ſouveräner Fürſten unter Einander, über ſolche Ge- genſtände, hinſichtlich deren ſie keinem innern Staatsgeſetz und Richter unterworfen ſind (vgl. §. 52.), z. B. wegen gegenſeitiger perſönlicher Unterſtützung oder Garantirung ih- rer Rechte, 1 desgleichen wegen ihrer eigenen ganz unab- hängigen Beſitzungen außerhalb des beherrſchten Staatsge- bietes.
Dahingegen liegen dem Kreiſe des Völkerrechts überhaupt ſo wie insbeſondere des internationalen Vertragsrechtes fremd:
a) Verträge mehrerer Staaten oder Souveräne über reine Privatrechte, welche dem Einen im Bereiche des andern entweder ſchon zuſtändig ſind oder conſtituirt werden ſol- len, ohne daß die Rechte der Staatsgewalt in ihrem ei- genen Gebiet dadurch aufgehoben oder ſervitutmäßig be- ſchränkt werden; z. B. Ueberlaſſung von veräußerlichen Domänen oder eines Bergwerks an einen ausländiſchen Staat oder an deſſen Souverän zu bloßem Privatbeſitz;
b) Vertragsverpflichtungen eines Souveräns über Privatver- hältniſſe, rückſichtlich deren er dem Geſetz ſeines eigenen Staates und einer richterlichen Inſtanz darin unterwor- fen iſt, gegen auswärtige Staaten oder deren Souveräne;
c) Verträge einer Staatsgewalt mit ihren eigenen Untertha- nen über Gegenſtände des Privatrechts, desgleichen
d) Verträge zwiſchen einem Staat oder ſeinem Souverän und einem auswärtigen Unterthan, wenn ſie ihrem Ge- genſtand nach bloße Privatverträge ſind.
Hier wird überall das Privatrecht 2 entſcheiden, und zwar be- ziehungsweiſe nach den oben (§. 37 f.) erörterten Grundſätzen der
1 Vgl. Vattel, I. §. 195. 196.
2 Aeltere Publiciſten haben zwar die Staatsgewalten von der Anwendbarkeit der Privatrechte eximiren und auf ſie immer nur das natürliche oder Völ- kerrecht anwenden wollen, z. B. noch Hellfeld in der diss. de fontib. ju- ris quo illustres utuntur, §. 37. (vor t. 1. Jurispr. heroic.) allein die neuere Rechtsentwickelung iſt eine andere, wie bereits §. 56. bemerkt iſt.
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Erſtes Buch. §. 82.
daß ihm die fernere eigene Verfügung darüber entweder gänz-
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ſich in ſeiner Geſamtheit als Schuldner darſtellt (eigent-
liche Staatenverträge);
II. Verträge ſouveräner Fürſten unter Einander, über ſolche Ge-
genſtände, hinſichtlich deren ſie keinem innern Staatsgeſetz
und Richter unterworfen ſind (vgl. §. 52.), z. B. wegen
gegenſeitiger perſönlicher Unterſtützung oder Garantirung ih-
rer Rechte, 1 desgleichen wegen ihrer eigenen ganz unab-
hängigen Beſitzungen außerhalb des beherrſchten Staatsge-
bietes.
Dahingegen liegen dem Kreiſe des Völkerrechts überhaupt ſo
wie insbeſondere des internationalen Vertragsrechtes fremd:
a) Verträge mehrerer Staaten oder Souveräne über reine
Privatrechte, welche dem Einen im Bereiche des andern
entweder ſchon zuſtändig ſind oder conſtituirt werden ſol-
len, ohne daß die Rechte der Staatsgewalt in ihrem ei-
genen Gebiet dadurch aufgehoben oder ſervitutmäßig be-
ſchränkt werden; z. B. Ueberlaſſung von veräußerlichen
Domänen oder eines Bergwerks an einen ausländiſchen
Staat oder an deſſen Souverän zu bloßem Privatbeſitz;
b) Vertragsverpflichtungen eines Souveräns über Privatver-
hältniſſe, rückſichtlich deren er dem Geſetz ſeines eigenen
Staates und einer richterlichen Inſtanz darin unterwor-
fen iſt, gegen auswärtige Staaten oder deren Souveräne;
c) Verträge einer Staatsgewalt mit ihren eigenen Untertha-
nen über Gegenſtände des Privatrechts, desgleichen
d) Verträge zwiſchen einem Staat oder ſeinem Souverän
und einem auswärtigen Unterthan, wenn ſie ihrem Ge-
genſtand nach bloße Privatverträge ſind.
Hier wird überall das Privatrecht 2 entſcheiden, und zwar be-
ziehungsweiſe nach den oben (§. 37 f.) erörterten Grundſätzen der
1 Vgl. Vattel, I. §. 195. 196.
2 Aeltere Publiciſten haben zwar die Staatsgewalten von der Anwendbarkeit
der Privatrechte eximiren und auf ſie immer nur das natürliche oder Völ-
kerrecht anwenden wollen, z. B. noch Hellfeld in der diss. de fontib. ju-
ris quo illustres utuntur, §. 37. (vor t. 1. Jurispr. heroic.) allein die
neuere Rechtsentwickelung iſt eine andere, wie bereits §. 56. bemerkt iſt.
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Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heffter_voelkerrecht_1844/170>, abgerufen am 24.02.2025.
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