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Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.

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§. 99. Völkerrecht im Zustand des Friedens.
durch Eintritt einer Resolutivbedingung und durch Ablauf der
vorbestimmten Zeit;
durch einseitige gehörig bekannt gemachte Aufkündigung, wenn
solche vorbehalten war;
durch einen gehörig erklärten Verzicht des allein Berechtigten; 1
durch wechselseitige Aufhebung eines Bilateralvertrages, welche
selbst kein Dritter zu hindern vermag; 2
durch gänzlichen Untergang des Gegenstandes, worüber con-
trahirt war, sofern dabei keinem Theil ein Verschulden zur Last
fällt;
durch Erlöschen des berechtigten oder verpflichteten Subjects,
ohne daß ein anderes von Rechtswegen oder nach Vertragsana-
logie an dessen Stelle tritt. 3

Endlich entsteht, wenn auch nicht immer eine völlige Aufhebung,
doch Suspension von Vertragsverbindlichkeiten durch den Eintritt
eines allgemeinen nicht bloß partiellen Kriegszustandes unter den
Contrahenten, ohne daß der Vertrag ausdrücklich auch für die
Dauer des ersteren geschlossen ist; eine Consequenz, die sich aus der
näheren Betrachtung der rechtlichen Bedeutung des Krieges im fol-
genden Buche rechtfertigen wird. 4

Jeder an sich erloschene Vertrag kann übrigens durch eine aus-
drückliche oder stillschweigende Erneuerung 5 wieder ins Leben ge-
rufen werden; nur die Erneuerung selbst aber wird hier das Ge-
setz für die Zukunft und ist daher an die Voraussetzungen und
Bedingungen giltiger Verträge allenthalben gebunden. Eine still-
schweigende Erneuerung muß demnach auch vollkommen erkennbare
und unzweideutige Merkmale für sich haben, woraus die Absicht

die Erfüllung in einem unfreien Zustand erfolgt ist, kann ein Rückforde-
rungsrecht begründet sein. Vgl. Vattel II, 192.
1 Nicht jeder Vertragschließende hat auch das Recht, die Verbindlichkeit wie-
der zu erlassen. Richtig bemerkt von v. Neumann §. 395.
2 Vattel II, 205.
3 Hier greift der Unterschied von Real- und Personalverträgen ein. S. auch
oben §. 24. 25. 53.
4 Vorläufig ist hier auf die bei Klüber §. 165. Not. a. gegen Ende ange-
zeigten Schriften zu verweisen. Siehe auch Wheaton, intern. L. III, 2,
§. 8. und dann unten §. 122. 181.
5 G. F. v. Martens, über die Erneuerung der Verträge in den Friedens-
schlüssen d. Europ. Mächte. Gött. 1797.
§. 99. Voͤlkerrecht im Zuſtand des Friedens.
durch Eintritt einer Reſolutivbedingung und durch Ablauf der
vorbeſtimmten Zeit;
durch einſeitige gehörig bekannt gemachte Aufkündigung, wenn
ſolche vorbehalten war;
durch einen gehörig erklärten Verzicht des allein Berechtigten; 1
durch wechſelſeitige Aufhebung eines Bilateralvertrages, welche
ſelbſt kein Dritter zu hindern vermag; 2
durch gänzlichen Untergang des Gegenſtandes, worüber con-
trahirt war, ſofern dabei keinem Theil ein Verſchulden zur Laſt
fällt;
durch Erlöſchen des berechtigten oder verpflichteten Subjects,
ohne daß ein anderes von Rechtswegen oder nach Vertragsana-
logie an deſſen Stelle tritt. 3

Endlich entſteht, wenn auch nicht immer eine völlige Aufhebung,
doch Suspenſion von Vertragsverbindlichkeiten durch den Eintritt
eines allgemeinen nicht bloß partiellen Kriegszuſtandes unter den
Contrahenten, ohne daß der Vertrag ausdrücklich auch für die
Dauer des erſteren geſchloſſen iſt; eine Conſequenz, die ſich aus der
näheren Betrachtung der rechtlichen Bedeutung des Krieges im fol-
genden Buche rechtfertigen wird. 4

Jeder an ſich erloſchene Vertrag kann übrigens durch eine aus-
drückliche oder ſtillſchweigende Erneuerung 5 wieder ins Leben ge-
rufen werden; nur die Erneuerung ſelbſt aber wird hier das Ge-
ſetz für die Zukunft und iſt daher an die Vorausſetzungen und
Bedingungen giltiger Verträge allenthalben gebunden. Eine ſtill-
ſchweigende Erneuerung muß demnach auch vollkommen erkennbare
und unzweideutige Merkmale für ſich haben, woraus die Abſicht

die Erfüllung in einem unfreien Zuſtand erfolgt iſt, kann ein Rückforde-
rungsrecht begründet ſein. Vgl. Vattel II, 192.
1 Nicht jeder Vertragſchließende hat auch das Recht, die Verbindlichkeit wie-
der zu erlaſſen. Richtig bemerkt von v. Neumann §. 395.
2 Vattel II, 205.
3 Hier greift der Unterſchied von Real- und Perſonalverträgen ein. S. auch
oben §. 24. 25. 53.
4 Vorläufig iſt hier auf die bei Klüber §. 165. Not. a. gegen Ende ange-
zeigten Schriften zu verweiſen. Siehe auch Wheaton, intern. L. III, 2,
§. 8. und dann unten §. 122. 181.
5 G. F. v. Martens, über die Erneuerung der Verträge in den Friedens-
ſchlüſſen d. Europ. Mächte. Gött. 1797.
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[175/0199] §. 99. Voͤlkerrecht im Zuſtand des Friedens. durch Eintritt einer Reſolutivbedingung und durch Ablauf der vorbeſtimmten Zeit; durch einſeitige gehörig bekannt gemachte Aufkündigung, wenn ſolche vorbehalten war; durch einen gehörig erklärten Verzicht des allein Berechtigten; 1 durch wechſelſeitige Aufhebung eines Bilateralvertrages, welche ſelbſt kein Dritter zu hindern vermag; 2 durch gänzlichen Untergang des Gegenſtandes, worüber con- trahirt war, ſofern dabei keinem Theil ein Verſchulden zur Laſt fällt; durch Erlöſchen des berechtigten oder verpflichteten Subjects, ohne daß ein anderes von Rechtswegen oder nach Vertragsana- logie an deſſen Stelle tritt. 3 Endlich entſteht, wenn auch nicht immer eine völlige Aufhebung, doch Suspenſion von Vertragsverbindlichkeiten durch den Eintritt eines allgemeinen nicht bloß partiellen Kriegszuſtandes unter den Contrahenten, ohne daß der Vertrag ausdrücklich auch für die Dauer des erſteren geſchloſſen iſt; eine Conſequenz, die ſich aus der näheren Betrachtung der rechtlichen Bedeutung des Krieges im fol- genden Buche rechtfertigen wird. 4 Jeder an ſich erloſchene Vertrag kann übrigens durch eine aus- drückliche oder ſtillſchweigende Erneuerung 5 wieder ins Leben ge- rufen werden; nur die Erneuerung ſelbſt aber wird hier das Ge- ſetz für die Zukunft und iſt daher an die Vorausſetzungen und Bedingungen giltiger Verträge allenthalben gebunden. Eine ſtill- ſchweigende Erneuerung muß demnach auch vollkommen erkennbare und unzweideutige Merkmale für ſich haben, woraus die Abſicht 4 1 Nicht jeder Vertragſchließende hat auch das Recht, die Verbindlichkeit wie- der zu erlaſſen. Richtig bemerkt von v. Neumann §. 395. 2 Vattel II, 205. 3 Hier greift der Unterſchied von Real- und Perſonalverträgen ein. S. auch oben §. 24. 25. 53. 4 Vorläufig iſt hier auf die bei Klüber §. 165. Not. a. gegen Ende ange- zeigten Schriften zu verweiſen. Siehe auch Wheaton, intern. L. III, 2, §. 8. und dann unten §. 122. 181. 5 G. F. v. Martens, über die Erneuerung der Verträge in den Friedens- ſchlüſſen d. Europ. Mächte. Gött. 1797. 4 die Erfüllung in einem unfreien Zuſtand erfolgt iſt, kann ein Rückforde- rungsrecht begründet ſein. Vgl. Vattel II, 192.

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Zitationshilfe: Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heffter_voelkerrecht_1844/199>, abgerufen am 05.12.2024.