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Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.

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§. 160. Völkerrecht im Zustand des Unfriedens.
angehörige, welche ihm in seinen durch das Kriegsrecht erlaubten
Unternehmungen gegen den Feind störend entgegentreten, Repressiv-
maaßregeln gebrauchen; allein diese werden nicht den Character der
Strafe an sich tragen dürfen, eines Actes der inneren Staats-
gewalt; sie werden der Anfechtung der anderen Staaten unterwor-
fen bleiben, wenn die richtigen Grenzen überschritten sind oder es
an einer rechtmäßigen Bedingung mangelt. Wo dagegen die Ge-
stattung eines Strafrechts besteht, bleibt die Ausübung desselben
dem Kriegführenden nach seinem Ermessen anheimgegeben, und höch-
stens eine Intercession gegen offenbares Unrecht oder gegen Un-
menschlichkeit zulässig. -- Wenn sich nun nach dem vorausgeschickten
historischen Verhalt nicht mehr in Zweifel ziehen läßt, daß das
Recht der Kriegführenden, gegen die Zufuhr der Kriegscontrebande
von Seiten der Neutralen, Strafreactionen zu gebrauchen, insbe-
sondere die Artikel selbst wegzunehmen, ein gemeingiltiger Grund-
satz des europäischen Völkerrechts bisher gewesen und dasselbe nicht
erst von jeder Macht speciell nachzuweisen sei, so bleiben nur noch
die Fragen zu lösen:

1) welche Gegenstände zur Kriegscontrebande zu rechnen und
2) was für Repressivmittel gegen die Zuführung derselben zu-
ständig seien.
Gegenstände der Kriegscontrebande.

160. Schon öfter hat man versucht, die Gegenstände der Kriegs-
contrebande in einer bestimmten Formel zusammenzufassen, allein
eine allseitige Anerkennung ist bisher keiner zu Theil geworden. 1
Nur im Allgemeinen läßt sich in der bisher bestandenen Rechts-
sitte die Absicht der Nationen erkennen: es soll keinem kriegfüh-
renden Theile gegen den Anderen im Wege des neutralen Handels-
verkehrs eine wirkliche, dem Princip der Neutralität zuwiderlaufende
Kriegshilfe geleistet werden. Die Sachen, welche hierzu dienen kön-
nen, sind nun aber entweder unmittelbar und unbedingt dazu ge-
eignet, wie z. B. Militäreffecten und Munition; oder sie kön-
nen sowohl zum unmittelbaren Kriegsgebrauch wie auch zu un-
verfänglichen, nicht feindlichen Zwecken sofort verwendet werden,

1 Auch die Formel, welche Jouffroy p. 130. 134. aufgestellt hat, leidet an
Allgemeinheit und bedarf für jeden Kriegsfall einer besonderen Auslegung.

§. 160. Voͤlkerrecht im Zuſtand des Unfriedens.
angehörige, welche ihm in ſeinen durch das Kriegsrecht erlaubten
Unternehmungen gegen den Feind ſtörend entgegentreten, Repreſſiv-
maaßregeln gebrauchen; allein dieſe werden nicht den Character der
Strafe an ſich tragen dürfen, eines Actes der inneren Staats-
gewalt; ſie werden der Anfechtung der anderen Staaten unterwor-
fen bleiben, wenn die richtigen Grenzen überſchritten ſind oder es
an einer rechtmäßigen Bedingung mangelt. Wo dagegen die Ge-
ſtattung eines Strafrechts beſteht, bleibt die Ausübung deſſelben
dem Kriegführenden nach ſeinem Ermeſſen anheimgegeben, und höch-
ſtens eine Interceſſion gegen offenbares Unrecht oder gegen Un-
menſchlichkeit zuläſſig. — Wenn ſich nun nach dem vorausgeſchickten
hiſtoriſchen Verhalt nicht mehr in Zweifel ziehen läßt, daß das
Recht der Kriegführenden, gegen die Zufuhr der Kriegscontrebande
von Seiten der Neutralen, Strafreactionen zu gebrauchen, insbe-
ſondere die Artikel ſelbſt wegzunehmen, ein gemeingiltiger Grund-
ſatz des europäiſchen Völkerrechts bisher geweſen und daſſelbe nicht
erſt von jeder Macht ſpeciell nachzuweiſen ſei, ſo bleiben nur noch
die Fragen zu löſen:

1) welche Gegenſtände zur Kriegscontrebande zu rechnen und
2) was für Repreſſivmittel gegen die Zuführung derſelben zu-
ſtändig ſeien.
Gegenſtände der Kriegscontrebande.

160. Schon öfter hat man verſucht, die Gegenſtände der Kriegs-
contrebande in einer beſtimmten Formel zuſammenzufaſſen, allein
eine allſeitige Anerkennung iſt bisher keiner zu Theil geworden. 1
Nur im Allgemeinen läßt ſich in der bisher beſtandenen Rechts-
ſitte die Abſicht der Nationen erkennen: es ſoll keinem kriegfüh-
renden Theile gegen den Anderen im Wege des neutralen Handels-
verkehrs eine wirkliche, dem Princip der Neutralität zuwiderlaufende
Kriegshilfe geleiſtet werden. Die Sachen, welche hierzu dienen kön-
nen, ſind nun aber entweder unmittelbar und unbedingt dazu ge-
eignet, wie z. B. Militäreffecten und Munition; oder ſie kön-
nen ſowohl zum unmittelbaren Kriegsgebrauch wie auch zu un-
verfänglichen, nicht feindlichen Zwecken ſofort verwendet werden,

1 Auch die Formel, welche Jouffroy p. 130. 134. aufgeſtellt hat, leidet an
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[267/0291] §. 160. Voͤlkerrecht im Zuſtand des Unfriedens. angehörige, welche ihm in ſeinen durch das Kriegsrecht erlaubten Unternehmungen gegen den Feind ſtörend entgegentreten, Repreſſiv- maaßregeln gebrauchen; allein dieſe werden nicht den Character der Strafe an ſich tragen dürfen, eines Actes der inneren Staats- gewalt; ſie werden der Anfechtung der anderen Staaten unterwor- fen bleiben, wenn die richtigen Grenzen überſchritten ſind oder es an einer rechtmäßigen Bedingung mangelt. Wo dagegen die Ge- ſtattung eines Strafrechts beſteht, bleibt die Ausübung deſſelben dem Kriegführenden nach ſeinem Ermeſſen anheimgegeben, und höch- ſtens eine Interceſſion gegen offenbares Unrecht oder gegen Un- menſchlichkeit zuläſſig. — Wenn ſich nun nach dem vorausgeſchickten hiſtoriſchen Verhalt nicht mehr in Zweifel ziehen läßt, daß das Recht der Kriegführenden, gegen die Zufuhr der Kriegscontrebande von Seiten der Neutralen, Strafreactionen zu gebrauchen, insbe- ſondere die Artikel ſelbſt wegzunehmen, ein gemeingiltiger Grund- ſatz des europäiſchen Völkerrechts bisher geweſen und daſſelbe nicht erſt von jeder Macht ſpeciell nachzuweiſen ſei, ſo bleiben nur noch die Fragen zu löſen: 1) welche Gegenſtände zur Kriegscontrebande zu rechnen und 2) was für Repreſſivmittel gegen die Zuführung derſelben zu- ſtändig ſeien. Gegenſtände der Kriegscontrebande. 160. Schon öfter hat man verſucht, die Gegenſtände der Kriegs- contrebande in einer beſtimmten Formel zuſammenzufaſſen, allein eine allſeitige Anerkennung iſt bisher keiner zu Theil geworden. 1 Nur im Allgemeinen läßt ſich in der bisher beſtandenen Rechts- ſitte die Abſicht der Nationen erkennen: es ſoll keinem kriegfüh- renden Theile gegen den Anderen im Wege des neutralen Handels- verkehrs eine wirkliche, dem Princip der Neutralität zuwiderlaufende Kriegshilfe geleiſtet werden. Die Sachen, welche hierzu dienen kön- nen, ſind nun aber entweder unmittelbar und unbedingt dazu ge- eignet, wie z. B. Militäreffecten und Munition; oder ſie kön- nen ſowohl zum unmittelbaren Kriegsgebrauch wie auch zu un- verfänglichen, nicht feindlichen Zwecken ſofort verwendet werden, 1 Auch die Formel, welche Jouffroy p. 130. 134. aufgeſtellt hat, leidet an Allgemeinheit und bedarf für jeden Kriegsfall einer beſonderen Auslegung.

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Zitationshilfe: Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heffter_voelkerrecht_1844/291>, abgerufen am 27.11.2024.