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Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.

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Zweites Buch. §. 188.

Die einzelnen Wirkungen eines solchen Postliminiums sind leicht
zu bestimmen.

Hat nur eine Occupation ohne Anmaßung von Regierungs-
rechten Statt gefunden, so nimmt die bisherige Staatsgewalt al-
les noch Vorhandene zurück, was auch früher ihrem Recht unter-
worfen war; sie kann sogar die vom Feinde veräußerten Sachen,
und zwar selbst von Bundesgenossen und Neutralen, reclamiren,
wenn nicht etwa nach allgemein angenommenen Grundsätzen dem
feindlichen Eroberer ein Verfügungsrecht darüber zustand. 1 In
wie fern der Erwerber sich gegen die Herausgabe durch giltige
Einreden schützen könne, hängt lediglich von den Regeln des Pri-
vatrechts ab.

Ist es zu einer Zwischenherrschaft gekommen, so wird folge-
richtig mit dem im Paragraph 185. Bemerkten behauptet werden
dürfen: 2

I. Jede während der Invasion vorgenommene Aenderung der
Verfassung ist für die Zukunft unverbindlich. Ob aber die
vorige Verfassung wiederhergestellt werden müsse, ob und wie
viel von der Zwischenverfassung beibehalten werden mag?
hängt von der staatsrechtlichen Ungebundenheit oder Gebun-
denheit des Souveräns und den früheren Rechten des Vol-
kes ab.
II. Kein Regierungsact aus der Zeit der Zwischenherrschaft hat
nach eingetretenem Postliminium Anspruch auf ungestörte
Fortdauer. Die wiederhergestellte Staatsgewalt kann die
Gesetzgebung und Verwaltung, so wie deren Organe in den
Zustand zurückversetzen, worin sie sich vor der Invasion be-
fanden. Nur die unter der Fremdherrschaft einmal erwach-
der Fall der vorigen Note begriffen werden kann, zur Sprache ohne ausdrück-
liche Entscheidung. Klüber, Acten des W. Congr. V, 10. 29--33.
1 Vgl. H. Cocceji zu Groot III, 9. tom. IV. p. 125. Wheaton, intern.
L. IV,
2, 16. In wie weit dem Eroberer ein Verfügungsrecht über Ein-
zelnes zusteht? haben wir bereits im zweiten Abschnitt dieses Buches §. 131 fgg.
erörtert.
2 Hier ist allerdings sehr Vieles, beinahe Alles streitig. Man s. die Ansich-
ten von Klüber, dr. d. g. §. 258. 259. und die dort angeführten Schrif-
ten. Sodann Wheaton, intern. L. I, 2, §. 20.; überdies B. W. Pfeif-
fer, in wie fern sind Regierungshandlungen eines Zwischenherrschers für
den rechtmäßigen Regenten nach dessen Rückkehr verbindlich? 1819.
Zweites Buch. §. 188.

Die einzelnen Wirkungen eines ſolchen Poſtliminiums ſind leicht
zu beſtimmen.

Hat nur eine Occupation ohne Anmaßung von Regierungs-
rechten Statt gefunden, ſo nimmt die bisherige Staatsgewalt al-
les noch Vorhandene zurück, was auch früher ihrem Recht unter-
worfen war; ſie kann ſogar die vom Feinde veräußerten Sachen,
und zwar ſelbſt von Bundesgenoſſen und Neutralen, reclamiren,
wenn nicht etwa nach allgemein angenommenen Grundſätzen dem
feindlichen Eroberer ein Verfügungsrecht darüber zuſtand. 1 In
wie fern der Erwerber ſich gegen die Herausgabe durch giltige
Einreden ſchützen könne, hängt lediglich von den Regeln des Pri-
vatrechts ab.

Iſt es zu einer Zwiſchenherrſchaft gekommen, ſo wird folge-
richtig mit dem im Paragraph 185. Bemerkten behauptet werden
dürfen: 2

I. Jede während der Invaſion vorgenommene Aenderung der
Verfaſſung iſt für die Zukunft unverbindlich. Ob aber die
vorige Verfaſſung wiederhergeſtellt werden müſſe, ob und wie
viel von der Zwiſchenverfaſſung beibehalten werden mag?
hängt von der ſtaatsrechtlichen Ungebundenheit oder Gebun-
denheit des Souveräns und den früheren Rechten des Vol-
kes ab.
II. Kein Regierungsact aus der Zeit der Zwiſchenherrſchaft hat
nach eingetretenem Poſtliminium Anſpruch auf ungeſtörte
Fortdauer. Die wiederhergeſtellte Staatsgewalt kann die
Geſetzgebung und Verwaltung, ſo wie deren Organe in den
Zuſtand zurückverſetzen, worin ſie ſich vor der Invaſion be-
fanden. Nur die unter der Fremdherrſchaft einmal erwach-
der Fall der vorigen Note begriffen werden kann, zur Sprache ohne ausdrück-
liche Entſcheidung. Klüber, Acten des W. Congr. V, 10. 29—33.
1 Vgl. H. Cocceji zu Groot III, 9. tom. IV. p. 125. Wheaton, intern.
L. IV,
2, 16. In wie weit dem Eroberer ein Verfügungsrecht über Ein-
zelnes zuſteht? haben wir bereits im zweiten Abſchnitt dieſes Buches §. 131 fgg.
erörtert.
2 Hier iſt allerdings ſehr Vieles, beinahe Alles ſtreitig. Man ſ. die Anſich-
ten von Klüber, dr. d. g. §. 258. 259. und die dort angeführten Schrif-
ten. Sodann Wheaton, intern. L. I, 2, §. 20.; überdies B. W. Pfeif-
fer, in wie fern ſind Regierungshandlungen eines Zwiſchenherrſchers für
den rechtmäßigen Regenten nach deſſen Rückkehr verbindlich? 1819.
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[312/0336] Zweites Buch. §. 188. Die einzelnen Wirkungen eines ſolchen Poſtliminiums ſind leicht zu beſtimmen. Hat nur eine Occupation ohne Anmaßung von Regierungs- rechten Statt gefunden, ſo nimmt die bisherige Staatsgewalt al- les noch Vorhandene zurück, was auch früher ihrem Recht unter- worfen war; ſie kann ſogar die vom Feinde veräußerten Sachen, und zwar ſelbſt von Bundesgenoſſen und Neutralen, reclamiren, wenn nicht etwa nach allgemein angenommenen Grundſätzen dem feindlichen Eroberer ein Verfügungsrecht darüber zuſtand. 1 In wie fern der Erwerber ſich gegen die Herausgabe durch giltige Einreden ſchützen könne, hängt lediglich von den Regeln des Pri- vatrechts ab. Iſt es zu einer Zwiſchenherrſchaft gekommen, ſo wird folge- richtig mit dem im Paragraph 185. Bemerkten behauptet werden dürfen: 2 I. Jede während der Invaſion vorgenommene Aenderung der Verfaſſung iſt für die Zukunft unverbindlich. Ob aber die vorige Verfaſſung wiederhergeſtellt werden müſſe, ob und wie viel von der Zwiſchenverfaſſung beibehalten werden mag? hängt von der ſtaatsrechtlichen Ungebundenheit oder Gebun- denheit des Souveräns und den früheren Rechten des Vol- kes ab. II. Kein Regierungsact aus der Zeit der Zwiſchenherrſchaft hat nach eingetretenem Poſtliminium Anſpruch auf ungeſtörte Fortdauer. Die wiederhergeſtellte Staatsgewalt kann die Geſetzgebung und Verwaltung, ſo wie deren Organe in den Zuſtand zurückverſetzen, worin ſie ſich vor der Invaſion be- fanden. Nur die unter der Fremdherrſchaft einmal erwach- 5 1 Vgl. H. Cocceji zu Groot III, 9. tom. IV. p. 125. Wheaton, intern. L. IV, 2, 16. In wie weit dem Eroberer ein Verfügungsrecht über Ein- zelnes zuſteht? haben wir bereits im zweiten Abſchnitt dieſes Buches §. 131 fgg. erörtert. 2 Hier iſt allerdings ſehr Vieles, beinahe Alles ſtreitig. Man ſ. die Anſich- ten von Klüber, dr. d. g. §. 258. 259. und die dort angeführten Schrif- ten. Sodann Wheaton, intern. L. I, 2, §. 20.; überdies B. W. Pfeif- fer, in wie fern ſind Regierungshandlungen eines Zwiſchenherrſchers für den rechtmäßigen Regenten nach deſſen Rückkehr verbindlich? 1819. 5 der Fall der vorigen Note begriffen werden kann, zur Sprache ohne ausdrück- liche Entſcheidung. Klüber, Acten des W. Congr. V, 10. 29—33.

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Zitationshilfe: Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heffter_voelkerrecht_1844/336>, abgerufen am 27.11.2024.