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Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.

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Zweites Buch. §. 190.

Obligatorische Verhältnisse erleiden überall keine Aenderung und
bleiben selbst während der Kriegsgefangenschaft nach heutigem Recht
wirksam, der Abwesende sei Gläubiger oder Schuldner; es mag der
Feind die Forderung von dem Schuldner eingezogen haben oder
nicht: gemäß demjenigen, was bereits oben von den Rechten eines
Kriegführenden über unkörperliche Sachen der Gegenparthei aus-
geführt worden ist. 1 (§. 134.) Hat der Feind bewegliche Sa-
chen an sich genommen, so kann nur hinsichtlich derjenigen kein
Postliminium statuirt werden, welche vermöge eines allgemeinen
internationalen Herkommens, oder aber vermöge der besonderen bei
der Vindication in Anwendung kommenden Landesrechte als Kriegs-
beute in das Eigenthum des wegnehmenden Feindes übergegangen
sind. Wie es nun mit einem allgemeinen Völkerherkommen bei
diesem Puncte beschaffen sei, ist gleichfalls schon oben (§. 135.
136.) dargelegt worden. Nicht wenige Rechtsgelehrte haben da-
her auch ein Postliminium in bewegliche Sachen als die gemeine
Regel aufgestellt, wovon nur durch Particulargesetze oder durch
Friedensschlüsse eine Ausnahme begründet werden könne, 2 da das
römische Recht, welches die beweglichen Sachen, wenn als Kriegs-
beute weggenommen, von dem Postliminium schlechterdings aus-
schloß und es nur gewissen Sachen, die zur öffentlichen Kriegs-
ausrüstung gehörten, gestattete, 3 kein die Völker gegenseitig binden-
des Gesetz geworden sei, sondern nur als recipirtes Civilrecht ein-
zelner Lande auch in diesem Stücke entscheiden könne. Daß es selbst
dort, wo es recipirt worden, nicht seinem ganzen angeführten Inhalte

"Quicunque necessitate captivitatis ducti sunt, et non sua voluntata,
sed hostili depraedatione ad adversarios transierunt, quaecunque in agris
vel in mancipiis ante tenuerunt sive a fisco possidentur, sive aliquid
ex his per principem cuicunque datum est, sine ullius contradictione
personae, tempore quo redierint, vindicent ac praesumant: si tamen cum
adversariis non sua voluntate fuerint sed captivitate se detentos esse
probaverint."
1 Die einzelnen hier in Betracht kommenden Fälle sind von Heinr. Cocceji
in der diss. de postlim. et amnest. und zu Groot S. 133. dargelegt.
2 Textor Synops. iuris. gent. 18, 102. Titius l. c. 10, 16. §. 10 u. 11.
Leyser spec. 659. med. 1--3. Cocceji zu Groot III, 9. 15.
3 Cic. top. c. 8. "postliminio redeunt homo, navis, mulus clitellarius,
equus, equa, quae frena recipere solet."
Vgl. mit l. 2. D. h. t.
Zweites Buch. §. 190.

Obligatoriſche Verhältniſſe erleiden überall keine Aenderung und
bleiben ſelbſt während der Kriegsgefangenſchaft nach heutigem Recht
wirkſam, der Abweſende ſei Gläubiger oder Schuldner; es mag der
Feind die Forderung von dem Schuldner eingezogen haben oder
nicht: gemäß demjenigen, was bereits oben von den Rechten eines
Kriegführenden über unkörperliche Sachen der Gegenparthei aus-
geführt worden iſt. 1 (§. 134.) Hat der Feind bewegliche Sa-
chen an ſich genommen, ſo kann nur hinſichtlich derjenigen kein
Poſtliminium ſtatuirt werden, welche vermöge eines allgemeinen
internationalen Herkommens, oder aber vermöge der beſonderen bei
der Vindication in Anwendung kommenden Landesrechte als Kriegs-
beute in das Eigenthum des wegnehmenden Feindes übergegangen
ſind. Wie es nun mit einem allgemeinen Völkerherkommen bei
dieſem Puncte beſchaffen ſei, iſt gleichfalls ſchon oben (§. 135.
136.) dargelegt worden. Nicht wenige Rechtsgelehrte haben da-
her auch ein Poſtliminium in bewegliche Sachen als die gemeine
Regel aufgeſtellt, wovon nur durch Particulargeſetze oder durch
Friedensſchlüſſe eine Ausnahme begründet werden könne, 2 da das
römiſche Recht, welches die beweglichen Sachen, wenn als Kriegs-
beute weggenommen, von dem Poſtliminium ſchlechterdings aus-
ſchloß und es nur gewiſſen Sachen, die zur öffentlichen Kriegs-
ausrüſtung gehörten, geſtattete, 3 kein die Völker gegenſeitig binden-
des Geſetz geworden ſei, ſondern nur als recipirtes Civilrecht ein-
zelner Lande auch in dieſem Stücke entſcheiden könne. Daß es ſelbſt
dort, wo es recipirt worden, nicht ſeinem ganzen angeführten Inhalte

„Quicunque necessitate captivitatis ducti sunt, et non sua voluntata,
sed hostili depraedatione ad adversarios transierunt, quaecunque in agris
vel in mancipiis ante tenuerunt sive a fisco possidentur, sive aliquid
ex his per principem cuicunque datum est, sine ullius contradictione
personae, tempore quo redierint, vindicent ac praesumant: si tamen cum
adversariis non sua voluntate fuerint sed captivitate se detentos esse
probaverint.“
1 Die einzelnen hier in Betracht kommenden Fälle ſind von Heinr. Cocceji
in der diss. de postlim. et amnest. und zu Groot S. 133. dargelegt.
2 Textor Synops. iuris. gent. 18, 102. Titius l. c. 10, 16. §. 10 u. 11.
Leyſer spec. 659. med. 1—3. Cocceji zu Groot III, 9. 15.
3 Cic. top. c. 8. „postliminio redeunt homo, navis, mulus clitellarius,
equus, equa, quae frena recipere solet.“
Vgl. mit l. 2. D. h. t.
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[318/0342] Zweites Buch. §. 190. Obligatoriſche Verhältniſſe erleiden überall keine Aenderung und bleiben ſelbſt während der Kriegsgefangenſchaft nach heutigem Recht wirkſam, der Abweſende ſei Gläubiger oder Schuldner; es mag der Feind die Forderung von dem Schuldner eingezogen haben oder nicht: gemäß demjenigen, was bereits oben von den Rechten eines Kriegführenden über unkörperliche Sachen der Gegenparthei aus- geführt worden iſt. 1 (§. 134.) Hat der Feind bewegliche Sa- chen an ſich genommen, ſo kann nur hinſichtlich derjenigen kein Poſtliminium ſtatuirt werden, welche vermöge eines allgemeinen internationalen Herkommens, oder aber vermöge der beſonderen bei der Vindication in Anwendung kommenden Landesrechte als Kriegs- beute in das Eigenthum des wegnehmenden Feindes übergegangen ſind. Wie es nun mit einem allgemeinen Völkerherkommen bei dieſem Puncte beſchaffen ſei, iſt gleichfalls ſchon oben (§. 135. 136.) dargelegt worden. Nicht wenige Rechtsgelehrte haben da- her auch ein Poſtliminium in bewegliche Sachen als die gemeine Regel aufgeſtellt, wovon nur durch Particulargeſetze oder durch Friedensſchlüſſe eine Ausnahme begründet werden könne, 2 da das römiſche Recht, welches die beweglichen Sachen, wenn als Kriegs- beute weggenommen, von dem Poſtliminium ſchlechterdings aus- ſchloß und es nur gewiſſen Sachen, die zur öffentlichen Kriegs- ausrüſtung gehörten, geſtattete, 3 kein die Völker gegenſeitig binden- des Geſetz geworden ſei, ſondern nur als recipirtes Civilrecht ein- zelner Lande auch in dieſem Stücke entſcheiden könne. Daß es ſelbſt dort, wo es recipirt worden, nicht ſeinem ganzen angeführten Inhalte 3 1 Die einzelnen hier in Betracht kommenden Fälle ſind von Heinr. Cocceji in der diss. de postlim. et amnest. und zu Groot S. 133. dargelegt. 2 Textor Synops. iuris. gent. 18, 102. Titius l. c. 10, 16. §. 10 u. 11. Leyſer spec. 659. med. 1—3. Cocceji zu Groot III, 9. 15. 3 Cic. top. c. 8. „postliminio redeunt homo, navis, mulus clitellarius, equus, equa, quae frena recipere solet.“ Vgl. mit l. 2. D. h. t. 3 „Quicunque necessitate captivitatis ducti sunt, et non sua voluntata, sed hostili depraedatione ad adversarios transierunt, quaecunque in agris vel in mancipiis ante tenuerunt sive a fisco possidentur, sive aliquid ex his per principem cuicunque datum est, sine ullius contradictione personae, tempore quo redierint, vindicent ac praesumant: si tamen cum adversariis non sua voluntate fuerint sed captivitate se detentos esse probaverint.“

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Zitationshilfe: Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heffter_voelkerrecht_1844/342>, abgerufen am 27.11.2024.