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Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.

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§. 212. Die Formen des völkerrechtlichen Verkehres.
machen; 1 jedoch können auch andererseits diese Sachen nicht dazu
dienen, um Acte der auswärtigen Staatsgewalt, welche ihnen ge-
gen dritte Personen zuständig sind, zu vereiteln; insbesondere ist,
wie gegenwärtig wohl außer Zweifel steht, kein Asylrecht damit ver-
bunden, obgleich es zuweilen in Anspruch genommen worden ist. 2
Ereignet sich demnach, daß ein Verfolgter seine Zuflucht in die ge-
sandtschaftliche Wohnung oder Carosse nimmt: so muß unbedingt
die Auslieferung erfolgen; nur bringt es die Achtung gegen den
Gesandten und dessen Staat mit sich, daß die Auslieferung auf
eine so wenig als möglich auffällige oder für den Gesandten ver-
letzende Weise verlangt werde. Dieses kann jedoch nicht hindern so-
fortige Sicherungsmaaßregeln zu treffen, daß der Flüchtige durch
den hiermit entstehenden Aufenthalt sich nicht der Verfolgung ent-
ziehe; auch kann im Falle verweigerter Auslieferung die fremde Re-
gierung sich unbedenklich seiner Person sogar wider den Willen des
Gesandten bemächtigen und hierzu in das Hotel desselben eindrin-
gen, immer jedoch unter der Bedingung, jeder thatsächlicher Ver-
letzung seiner Person und der mit ihm befriedeten Sachen sich zu
enthalten. 3 Außer diesem Falle ist gewiß jedes Eindringen und
Durchsuchen des Hotels etwas Unerlaubtes, sogar wenn der Ver-
dacht obwaltete, daß dasselbe zum Schutz eines Verbrechers oder
zur Verhelung der Spuren eines Verbrechens benutzt werde. In-
zwischen muß auch hierüber der Gesandte auf Befragen Auskunft
ertheilen; würde die Antwort verweigert oder in ungenügender
Weise gegeben, so würde die Staatsregierung nicht verhindert sein
die Durchsuchung dennoch vorzunehmen; ohne alle Frage dann,

1 Dies ist jedoch schwerlich auf die Ausübung eines Retentionsrechtes zu be-
ziehen, welches ein Staatsunterthan an effectiv schon in seinen Händen be-
findlichen Sachen wider einen fremden Gesandten ohne Zuthun der Justiz
auszuüben vermag. Privatrechte kann der gesandtschaftliche Character nicht
beseitigen.
2 Chr. Thomasius de iure asyli legator. aedib. competente. Lips. 1689.
und diss. Lips. 1695. n. XVI. Bynkershoeck, l. c. cap. 21. Merlin
V, §. 5. n. 4.
3 Einzelne Fälle, welche Obiges bestätigen, s. bei Merlin a. a. O. Ferner
in v. Martens Erzähl. I, S. 217 f. Bar. de Martens, Causes celebr.
I,
174. In der älteren Zeit hat man freilich von Seiten der Gesandten
starke Prätensionen gemacht und jede Perquifition abweisen wollen. Vgl.
z. B. B. de Martens l. c. II, 371.

§. 212. Die Formen des voͤlkerrechtlichen Verkehres.
machen; 1 jedoch können auch andererſeits dieſe Sachen nicht dazu
dienen, um Acte der auswärtigen Staatsgewalt, welche ihnen ge-
gen dritte Perſonen zuſtändig ſind, zu vereiteln; insbeſondere iſt,
wie gegenwärtig wohl außer Zweifel ſteht, kein Aſylrecht damit ver-
bunden, obgleich es zuweilen in Anſpruch genommen worden iſt. 2
Ereignet ſich demnach, daß ein Verfolgter ſeine Zuflucht in die ge-
ſandtſchaftliche Wohnung oder Caroſſe nimmt: ſo muß unbedingt
die Auslieferung erfolgen; nur bringt es die Achtung gegen den
Geſandten und deſſen Staat mit ſich, daß die Auslieferung auf
eine ſo wenig als möglich auffällige oder für den Geſandten ver-
letzende Weiſe verlangt werde. Dieſes kann jedoch nicht hindern ſo-
fortige Sicherungsmaaßregeln zu treffen, daß der Flüchtige durch
den hiermit entſtehenden Aufenthalt ſich nicht der Verfolgung ent-
ziehe; auch kann im Falle verweigerter Auslieferung die fremde Re-
gierung ſich unbedenklich ſeiner Perſon ſogar wider den Willen des
Geſandten bemächtigen und hierzu in das Hotel deſſelben eindrin-
gen, immer jedoch unter der Bedingung, jeder thatſächlicher Ver-
letzung ſeiner Perſon und der mit ihm befriedeten Sachen ſich zu
enthalten. 3 Außer dieſem Falle iſt gewiß jedes Eindringen und
Durchſuchen des Hotels etwas Unerlaubtes, ſogar wenn der Ver-
dacht obwaltete, daß daſſelbe zum Schutz eines Verbrechers oder
zur Verhelung der Spuren eines Verbrechens benutzt werde. In-
zwiſchen muß auch hierüber der Geſandte auf Befragen Auskunft
ertheilen; würde die Antwort verweigert oder in ungenügender
Weiſe gegeben, ſo würde die Staatsregierung nicht verhindert ſein
die Durchſuchung dennoch vorzunehmen; ohne alle Frage dann,

1 Dies iſt jedoch ſchwerlich auf die Ausübung eines Retentionsrechtes zu be-
ziehen, welches ein Staatsunterthan an effectiv ſchon in ſeinen Händen be-
findlichen Sachen wider einen fremden Geſandten ohne Zuthun der Juſtiz
auszuüben vermag. Privatrechte kann der geſandtſchaftliche Character nicht
beſeitigen.
2 Chr. Thomasius de iure asyli legator. aedib. competente. Lips. 1689.
und diss. Lips. 1695. n. XVI. Bynkershoeck, l. c. cap. 21. Merlin
V, §. 5. n. 4.
3 Einzelne Fälle, welche Obiges beſtätigen, ſ. bei Merlin a. a. O. Ferner
in v. Martens Erzähl. I, S. 217 f. Bar. de Martens, Causes célèbr.
I,
174. In der älteren Zeit hat man freilich von Seiten der Geſandten
ſtarke Prätenſionen gemacht und jede Perquifition abweiſen wollen. Vgl.
z. B. B. de Martens l. c. II, 371.
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[449[349]/0373] §. 212. Die Formen des voͤlkerrechtlichen Verkehres. machen; 1 jedoch können auch andererſeits dieſe Sachen nicht dazu dienen, um Acte der auswärtigen Staatsgewalt, welche ihnen ge- gen dritte Perſonen zuſtändig ſind, zu vereiteln; insbeſondere iſt, wie gegenwärtig wohl außer Zweifel ſteht, kein Aſylrecht damit ver- bunden, obgleich es zuweilen in Anſpruch genommen worden iſt. 2 Ereignet ſich demnach, daß ein Verfolgter ſeine Zuflucht in die ge- ſandtſchaftliche Wohnung oder Caroſſe nimmt: ſo muß unbedingt die Auslieferung erfolgen; nur bringt es die Achtung gegen den Geſandten und deſſen Staat mit ſich, daß die Auslieferung auf eine ſo wenig als möglich auffällige oder für den Geſandten ver- letzende Weiſe verlangt werde. Dieſes kann jedoch nicht hindern ſo- fortige Sicherungsmaaßregeln zu treffen, daß der Flüchtige durch den hiermit entſtehenden Aufenthalt ſich nicht der Verfolgung ent- ziehe; auch kann im Falle verweigerter Auslieferung die fremde Re- gierung ſich unbedenklich ſeiner Perſon ſogar wider den Willen des Geſandten bemächtigen und hierzu in das Hotel deſſelben eindrin- gen, immer jedoch unter der Bedingung, jeder thatſächlicher Ver- letzung ſeiner Perſon und der mit ihm befriedeten Sachen ſich zu enthalten. 3 Außer dieſem Falle iſt gewiß jedes Eindringen und Durchſuchen des Hotels etwas Unerlaubtes, ſogar wenn der Ver- dacht obwaltete, daß daſſelbe zum Schutz eines Verbrechers oder zur Verhelung der Spuren eines Verbrechens benutzt werde. In- zwiſchen muß auch hierüber der Geſandte auf Befragen Auskunft ertheilen; würde die Antwort verweigert oder in ungenügender Weiſe gegeben, ſo würde die Staatsregierung nicht verhindert ſein die Durchſuchung dennoch vorzunehmen; ohne alle Frage dann, 1 Dies iſt jedoch ſchwerlich auf die Ausübung eines Retentionsrechtes zu be- ziehen, welches ein Staatsunterthan an effectiv ſchon in ſeinen Händen be- findlichen Sachen wider einen fremden Geſandten ohne Zuthun der Juſtiz auszuüben vermag. Privatrechte kann der geſandtſchaftliche Character nicht beſeitigen. 2 Chr. Thomasius de iure asyli legator. aedib. competente. Lips. 1689. und diss. Lips. 1695. n. XVI. Bynkershoeck, l. c. cap. 21. Merlin V, §. 5. n. 4. 3 Einzelne Fälle, welche Obiges beſtätigen, ſ. bei Merlin a. a. O. Ferner in v. Martens Erzähl. I, S. 217 f. Bar. de Martens, Causes célèbr. I, 174. In der älteren Zeit hat man freilich von Seiten der Geſandten ſtarke Prätenſionen gemacht und jede Perquifition abweiſen wollen. Vgl. z. B. B. de Martens l. c. II, 371.

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Zitationshilfe: Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844, S. 449[349]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heffter_voelkerrecht_1844/373>, abgerufen am 27.11.2024.