Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

Erstes Buch. I. Abschnitt.
in sich schliessend, ist wesentlich bestimmtes Seyn,
verneintes Seyn, Anderes, -- aber weil es sich in sei-
ner Verneinung zugleich auch erhält, nur Seyn-für-
Anderes
.

2. Als reines Seyn-für-Anderes ist das Daseyn
eigentlich nur übergehend in das Andersseyn. Es erhält
sich aber auch in seinem Nichtdaseyn, und ist Seyn. Es
ist aber nicht nur Seyn überhaupt, sondern im Gegen-
satze gegen sein Nichtdaseyn; ein Seyn als Beziehung
auf sich gegen seine Beziehung auf Anderes, als Gleich-
heit mit sich gegen seine Ungleichheit. Ein solches Seyn
ist das Ansichseyn.

3. Seyn-für-Anderes und Ansichseyn machen die
zwey Momente des Daseyns aus. Es sind zwey
Paare
von Bestimmungen, die hier vorkommen: 1)
Daseyn und Anderes; 2) Seyn-für-Anderes,
und Ansichseyn
. Die erstern enthalten die gleichgül-
tige, beziehungslose Bestimmung; Daseyn und ein Ande-
res fallen auseinander. Aber ihre Wahrheit ist ihre
Beziehung; das Seyn-für-Anderes, und das Ansich-
seyn sind daher jene Bestimmungen als Momente; als
Bestimmungen, welche Beziehungen sind, und in ihrer
Einheit, in der Einheit des Daseyns bleiben; oder jedes
selbst enthält an ihm zugleich auch sein von ihm verschie-
denes Moment.

Es ist oben erinnert worden, daß Seyn und Nichts
in ihrer Einheit, welche Daseyn ist, nicht mehr Seyn
und Nichts sind, -- denn diß sind sie nur ausser ihrer
Einheit; so Seyn und Nichts, in ihrer unruhigen Ein-
heit, im Werden, sind Entstehen und Vergehen. --
Seyn im Daseyn, ist Ansichseyn. Denn Seyn ist die
Beziehung auf sich, die Gleichheit mit sich, die aber itzt

nicht

Erſtes Buch. I. Abſchnitt.
in ſich ſchlieſſend, iſt weſentlich beſtimmtes Seyn,
verneintes Seyn, Anderes, — aber weil es ſich in ſei-
ner Verneinung zugleich auch erhaͤlt, nur Seyn-fuͤr-
Anderes
.

2. Als reines Seyn-fuͤr-Anderes iſt das Daſeyn
eigentlich nur uͤbergehend in das Andersſeyn. Es erhaͤlt
ſich aber auch in ſeinem Nichtdaſeyn, und iſt Seyn. Es
iſt aber nicht nur Seyn uͤberhaupt, ſondern im Gegen-
ſatze gegen ſein Nichtdaſeyn; ein Seyn als Beziehung
auf ſich gegen ſeine Beziehung auf Anderes, als Gleich-
heit mit ſich gegen ſeine Ungleichheit. Ein ſolches Seyn
iſt das Anſichſeyn.

3. Seyn-fuͤr-Anderes und Anſichſeyn machen die
zwey Momente des Daſeyns aus. Es ſind zwey
Paare
von Beſtimmungen, die hier vorkommen: 1)
Daſeyn und Anderes; 2) Seyn-fuͤr-Anderes,
und Anſichſeyn
. Die erſtern enthalten die gleichguͤl-
tige, beziehungsloſe Beſtimmung; Daſeyn und ein Ande-
res fallen auseinander. Aber ihre Wahrheit iſt ihre
Beziehung; das Seyn-fuͤr-Anderes, und das Anſich-
ſeyn ſind daher jene Beſtimmungen als Momente; als
Beſtimmungen, welche Beziehungen ſind, und in ihrer
Einheit, in der Einheit des Daſeyns bleiben; oder jedes
ſelbſt enthaͤlt an ihm zugleich auch ſein von ihm verſchie-
denes Moment.

Es iſt oben erinnert worden, daß Seyn und Nichts
in ihrer Einheit, welche Daſeyn iſt, nicht mehr Seyn
und Nichts ſind, — denn diß ſind ſie nur auſſer ihrer
Einheit; ſo Seyn und Nichts, in ihrer unruhigen Ein-
heit, im Werden, ſind Entſtehen und Vergehen. —
Seyn im Daſeyn, iſt Anſichſeyn. Denn Seyn iſt die
Beziehung auf ſich, die Gleichheit mit ſich, die aber itzt

nicht
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <p><pb facs="#f0100" n="52"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Er&#x017F;tes Buch</hi>. <hi rendition="#aq">I.</hi><hi rendition="#g">Ab&#x017F;chnitt</hi>.</fw><lb/>
in &#x017F;ich &#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;end, i&#x017F;t we&#x017F;entlich <hi rendition="#g">be&#x017F;timmtes</hi> Seyn,<lb/>
verneintes Seyn, Anderes, &#x2014; aber weil es &#x017F;ich in &#x017F;ei-<lb/>
ner Verneinung zugleich auch erha&#x0364;lt, nur <hi rendition="#g">Seyn-fu&#x0364;r-<lb/>
Anderes</hi>.</p><lb/>
                    <p>2. Als reines Seyn-fu&#x0364;r-Anderes i&#x017F;t das Da&#x017F;eyn<lb/>
eigentlich nur u&#x0364;bergehend in das Anders&#x017F;eyn. Es erha&#x0364;lt<lb/>
&#x017F;ich aber auch in &#x017F;einem Nichtda&#x017F;eyn, und i&#x017F;t Seyn. Es<lb/>
i&#x017F;t aber nicht nur Seyn u&#x0364;berhaupt, &#x017F;ondern im Gegen-<lb/>
&#x017F;atze gegen &#x017F;ein Nichtda&#x017F;eyn; ein Seyn als Beziehung<lb/>
auf &#x017F;ich gegen &#x017F;eine Beziehung auf Anderes, als Gleich-<lb/>
heit mit &#x017F;ich gegen &#x017F;eine Ungleichheit. Ein &#x017F;olches Seyn<lb/>
i&#x017F;t das <hi rendition="#g">An&#x017F;ich&#x017F;eyn</hi>.</p><lb/>
                    <p>3. Seyn-fu&#x0364;r-Anderes und An&#x017F;ich&#x017F;eyn machen die<lb/><hi rendition="#g">zwey Momente</hi> des Da&#x017F;eyns aus. Es &#x017F;ind <hi rendition="#g">zwey<lb/>
Paare</hi> von Be&#x017F;timmungen, die hier vorkommen: 1)<lb/><hi rendition="#g">Da&#x017F;eyn</hi> und <hi rendition="#g">Anderes; 2) Seyn-fu&#x0364;r-Anderes,<lb/>
und An&#x017F;ich&#x017F;eyn</hi>. Die er&#x017F;tern enthalten die gleichgu&#x0364;l-<lb/>
tige, beziehungslo&#x017F;e Be&#x017F;timmung; Da&#x017F;eyn und ein Ande-<lb/>
res fallen auseinander. Aber ihre Wahrheit i&#x017F;t ihre<lb/>
Beziehung; das Seyn-fu&#x0364;r-Anderes, und das An&#x017F;ich-<lb/>
&#x017F;eyn &#x017F;ind daher jene Be&#x017F;timmungen als Momente; als<lb/>
Be&#x017F;timmungen, welche Beziehungen &#x017F;ind, und in ihrer<lb/>
Einheit, in der Einheit des Da&#x017F;eyns bleiben; oder jedes<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t entha&#x0364;lt an ihm zugleich auch &#x017F;ein von ihm ver&#x017F;chie-<lb/>
denes Moment.</p><lb/>
                    <p>Es i&#x017F;t oben erinnert worden, daß Seyn und Nichts<lb/>
in ihrer Einheit, welche Da&#x017F;eyn i&#x017F;t, nicht mehr Seyn<lb/>
und Nichts &#x017F;ind, &#x2014; denn diß &#x017F;ind &#x017F;ie nur au&#x017F;&#x017F;er ihrer<lb/>
Einheit; &#x017F;o Seyn und Nichts, in ihrer unruhigen Ein-<lb/>
heit, im Werden, &#x017F;ind Ent&#x017F;tehen und Vergehen. &#x2014;<lb/>
Seyn im Da&#x017F;eyn, i&#x017F;t <hi rendition="#g">An&#x017F;ich&#x017F;eyn</hi>. Denn Seyn i&#x017F;t die<lb/>
Beziehung auf &#x017F;ich, die Gleichheit mit &#x017F;ich, die aber itzt<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nicht</fw><lb/></p>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[52/0100] Erſtes Buch. I. Abſchnitt. in ſich ſchlieſſend, iſt weſentlich beſtimmtes Seyn, verneintes Seyn, Anderes, — aber weil es ſich in ſei- ner Verneinung zugleich auch erhaͤlt, nur Seyn-fuͤr- Anderes. 2. Als reines Seyn-fuͤr-Anderes iſt das Daſeyn eigentlich nur uͤbergehend in das Andersſeyn. Es erhaͤlt ſich aber auch in ſeinem Nichtdaſeyn, und iſt Seyn. Es iſt aber nicht nur Seyn uͤberhaupt, ſondern im Gegen- ſatze gegen ſein Nichtdaſeyn; ein Seyn als Beziehung auf ſich gegen ſeine Beziehung auf Anderes, als Gleich- heit mit ſich gegen ſeine Ungleichheit. Ein ſolches Seyn iſt das Anſichſeyn. 3. Seyn-fuͤr-Anderes und Anſichſeyn machen die zwey Momente des Daſeyns aus. Es ſind zwey Paare von Beſtimmungen, die hier vorkommen: 1) Daſeyn und Anderes; 2) Seyn-fuͤr-Anderes, und Anſichſeyn. Die erſtern enthalten die gleichguͤl- tige, beziehungsloſe Beſtimmung; Daſeyn und ein Ande- res fallen auseinander. Aber ihre Wahrheit iſt ihre Beziehung; das Seyn-fuͤr-Anderes, und das Anſich- ſeyn ſind daher jene Beſtimmungen als Momente; als Beſtimmungen, welche Beziehungen ſind, und in ihrer Einheit, in der Einheit des Daſeyns bleiben; oder jedes ſelbſt enthaͤlt an ihm zugleich auch ſein von ihm verſchie- denes Moment. Es iſt oben erinnert worden, daß Seyn und Nichts in ihrer Einheit, welche Daſeyn iſt, nicht mehr Seyn und Nichts ſind, — denn diß ſind ſie nur auſſer ihrer Einheit; ſo Seyn und Nichts, in ihrer unruhigen Ein- heit, im Werden, ſind Entſtehen und Vergehen. — Seyn im Daſeyn, iſt Anſichſeyn. Denn Seyn iſt die Beziehung auf ſich, die Gleichheit mit ſich, die aber itzt nicht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0101_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0101_1812/100
Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0101_1812/100>, abgerufen am 22.11.2024.