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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812.

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Quantität.
Minimum ist nemlich selbst ein Quantum, eine Menge,
nicht bloß ein Verhältniß. Die gewöhnliche Vorstellung,
der das Unendlichgroße oder kleine als ein Etwas, das
ein Quantum sey, erscheint, kann die von Kant ange-
führte Consequenz, nicht ablehnen, die auf ein größeres
oder kleineres Unendliches führt, je nachdem die zum
Grunde liegende Einheit als größer oder kleiner ange-
nommen würde, die ein veränderliches ist. Oder über-
haupt indem das Unendliche als Quantum vorgestellt
wird, so gilt noch für dasselbe der Unterschied eines
größern oder kleinern. Allein die Kritik trift nicht den
Begriff des wahrhaften mathematischen Unendlichen, der
unendlichen Differenz, denn diese ist kein endliches Quan-
tum mehr.

Kants Begriff dagegen, den er den wahren tran-
scendentalen nennt, ist, "daß die successive Synthesis
der Einheit in Durchmessung eines Quantums niemals
vollendet
seyn könne." Einerseits ist hier zwar ein
Quantum als gegeben vorausgesetzt; aber diß solle erst
synthesirt und zwar solle diß Synthesiren, wodurch es
zu einer Anzahl und einem Quantum gemacht würde,
niemals vollendet werden. Hiemit ist, wie erhellt,
nichts als der Progreß ins Unendliche ausgesprochen,
nur transcendental, oder eigentlich subjectiv und psycho-
logisch vorgestellt. An sich soll zwar das Quantum vol-
lendet seyn, aber transcendentalerweise, nemlich im Sub-
jecte entstehe nur ein solches Quantum, das unvollendet
und schlechthin mit einem Jenseits behafftet sey. Es
wird also hier überhaupt beym Widerspruche, den die
Größe enthält, stehen geblieben, aber vertheilt an das
Object und das Subject, so daß jenem die Begrenztheit,
diesem aber das Hinausgehen über sie, das schlechte Un-
endliche, zukommt.

Das

Quantitaͤt.
Minimum iſt nemlich ſelbſt ein Quantum, eine Menge,
nicht bloß ein Verhaͤltniß. Die gewoͤhnliche Vorſtellung,
der das Unendlichgroße oder kleine als ein Etwas, das
ein Quantum ſey, erſcheint, kann die von Kant ange-
fuͤhrte Conſequenz, nicht ablehnen, die auf ein groͤßeres
oder kleineres Unendliches fuͤhrt, je nachdem die zum
Grunde liegende Einheit als groͤßer oder kleiner ange-
nommen wuͤrde, die ein veraͤnderliches iſt. Oder uͤber-
haupt indem das Unendliche als Quantum vorgeſtellt
wird, ſo gilt noch fuͤr daſſelbe der Unterſchied eines
groͤßern oder kleinern. Allein die Kritik trift nicht den
Begriff des wahrhaften mathematiſchen Unendlichen, der
unendlichen Differenz, denn dieſe iſt kein endliches Quan-
tum mehr.

Kants Begriff dagegen, den er den wahren tran-
ſcendentalen nennt, iſt, „daß die ſucceſſive Syntheſis
der Einheit in Durchmeſſung eines Quantums niemals
vollendet
ſeyn koͤnne.“ Einerſeits iſt hier zwar ein
Quantum als gegeben vorausgeſetzt; aber diß ſolle erſt
ſyntheſirt und zwar ſolle diß Syntheſiren, wodurch es
zu einer Anzahl und einem Quantum gemacht wuͤrde,
niemals vollendet werden. Hiemit iſt, wie erhellt,
nichts als der Progreß ins Unendliche ausgeſprochen,
nur tranſcendental, oder eigentlich ſubjectiv und pſycho-
logiſch vorgeſtellt. An ſich ſoll zwar das Quantum vol-
lendet ſeyn, aber tranſcendentalerweiſe, nemlich im Sub-
jecte entſtehe nur ein ſolches Quantum, das unvollendet
und ſchlechthin mit einem Jenſeits behafftet ſey. Es
wird alſo hier uͤberhaupt beym Widerſpruche, den die
Groͤße enthaͤlt, ſtehen geblieben, aber vertheilt an das
Object und das Subject, ſo daß jenem die Begrenztheit,
dieſem aber das Hinausgehen uͤber ſie, das ſchlechte Un-
endliche, zukommt.

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[211/0259] Quantitaͤt. Minimum iſt nemlich ſelbſt ein Quantum, eine Menge, nicht bloß ein Verhaͤltniß. Die gewoͤhnliche Vorſtellung, der das Unendlichgroße oder kleine als ein Etwas, das ein Quantum ſey, erſcheint, kann die von Kant ange- fuͤhrte Conſequenz, nicht ablehnen, die auf ein groͤßeres oder kleineres Unendliches fuͤhrt, je nachdem die zum Grunde liegende Einheit als groͤßer oder kleiner ange- nommen wuͤrde, die ein veraͤnderliches iſt. Oder uͤber- haupt indem das Unendliche als Quantum vorgeſtellt wird, ſo gilt noch fuͤr daſſelbe der Unterſchied eines groͤßern oder kleinern. Allein die Kritik trift nicht den Begriff des wahrhaften mathematiſchen Unendlichen, der unendlichen Differenz, denn dieſe iſt kein endliches Quan- tum mehr. Kants Begriff dagegen, den er den wahren tran- ſcendentalen nennt, iſt, „daß die ſucceſſive Syntheſis der Einheit in Durchmeſſung eines Quantums niemals vollendet ſeyn koͤnne.“ Einerſeits iſt hier zwar ein Quantum als gegeben vorausgeſetzt; aber diß ſolle erſt ſyntheſirt und zwar ſolle diß Syntheſiren, wodurch es zu einer Anzahl und einem Quantum gemacht wuͤrde, niemals vollendet werden. Hiemit iſt, wie erhellt, nichts als der Progreß ins Unendliche ausgeſprochen, nur tranſcendental, oder eigentlich ſubjectiv und pſycho- logiſch vorgeſtellt. An ſich ſoll zwar das Quantum vol- lendet ſeyn, aber tranſcendentalerweiſe, nemlich im Sub- jecte entſtehe nur ein ſolches Quantum, das unvollendet und ſchlechthin mit einem Jenſeits behafftet ſey. Es wird alſo hier uͤberhaupt beym Widerſpruche, den die Groͤße enthaͤlt, ſtehen geblieben, aber vertheilt an das Object und das Subject, ſo daß jenem die Begrenztheit, dieſem aber das Hinausgehen uͤber ſie, das ſchlechte Un- endliche, zukommt. Das

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Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0101_1812/259>, abgerufen am 22.11.2024.