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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812.

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Erstes Buch. II. Abschnitt.
Quantums und als verhältnißlose Momente genommen
wurden, so ist die unstatthafte Vorstellung hieraus ent-
sprungen, welche es sich erlaubt, in dem letzten Verhält-
nisse, Abscisse und Ordinate, oder auch Sinus, Cosi-
nus, Tangente, Sinus versus und was alles noch, ein-
ander gleich zu setzen.

Auch der Bogen ist wohl incommensurabel
mit der geraden Linie, und sein Element zunächst
von anderer Qualität als das Element der geraden
Linie. Es scheint somit noch widersinniger und unerlaubter,
als die Verwechslung der Abscisse, Ordinate, des Si-
nus, Cosinus u. s. f. wenn quadrata rotundis, wenn ein
ob zwar unendlich kleiner Theil des Bogens, für einen
Theil der Tangente, oder überhaupt als Hypotenuse in
einem rechtwinklichten Dreyecke, worin die beyden Ka-
theten die Elemente der Abscisse und der Ordinate sind,
genommen, und somit als gerade Linie behandelt wird.
-- Allein diese Behandlung ist von der gerügten Ver-
wechslung wesentlich zu unterscheiden; sie hat ihre Recht-
fertigung darin, daß in einem solchen Dreyeck, das Ver-
hältniß des Elementes eines Bogens zum Elemente der
Abscisse und der Ordinate, dasselbe ist, als wenn jenes
Element das Element einer geraden Linie, der Tangente,
wäre; denn die Winkel, welche das wesentliche
Verhältniß
constituiren, nemlich dasjenige, das die-
sen Elementen bleibt, nachdem die ihnen zugehörigen
endlichen Größen als Quanta verschwunden sind, sind
die nemlichen. -- Man kann sich hierüber auch so aus-
drücken, gerade Linien, als unendlichklein, seyen in
krumme Linien übergegangen, und das Verhältniß ihrer
in ihrer Unendlichkeit sey ein Curvenverhältniß. Denn
wenn man die gewöhnliche Definition der geraden Linie
nimmt, daß sie der kürzeste Weg zwischen zwey Punk-
ten ist, so gründet sich ihr Unterschied von krummer Li-

nie

Erſtes Buch. II. Abſchnitt.
Quantums und als verhaͤltnißloſe Momente genommen
wurden, ſo iſt die unſtatthafte Vorſtellung hieraus ent-
ſprungen, welche es ſich erlaubt, in dem letzten Verhaͤlt-
niſſe, Abſciſſe und Ordinate, oder auch Sinus, Coſi-
nus, Tangente, Sinus verſus und was alles noch, ein-
ander gleich zu ſetzen.

Auch der Bogen iſt wohl incommenſurabel
mit der geraden Linie, und ſein Element zunaͤchſt
von anderer Qualitaͤt als das Element der geraden
Linie. Es ſcheint ſomit noch widerſinniger und unerlaubter,
als die Verwechslung der Abſciſſe, Ordinate, des Si-
nus, Coſinus u. ſ. f. wenn quadrata rotundis, wenn ein
ob zwar unendlich kleiner Theil des Bogens, fuͤr einen
Theil der Tangente, oder uͤberhaupt als Hypotenuſe in
einem rechtwinklichten Dreyecke, worin die beyden Ka-
theten die Elemente der Abſciſſe und der Ordinate ſind,
genommen, und ſomit als gerade Linie behandelt wird.
— Allein dieſe Behandlung iſt von der geruͤgten Ver-
wechslung weſentlich zu unterſcheiden; ſie hat ihre Recht-
fertigung darin, daß in einem ſolchen Dreyeck, das Ver-
haͤltniß des Elementes eines Bogens zum Elemente der
Abſciſſe und der Ordinate, daſſelbe iſt, als wenn jenes
Element das Element einer geraden Linie, der Tangente,
waͤre; denn die Winkel, welche das weſentliche
Verhaͤltniß
conſtituiren, nemlich dasjenige, das die-
ſen Elementen bleibt, nachdem die ihnen zugehoͤrigen
endlichen Groͤßen als Quanta verſchwunden ſind, ſind
die nemlichen. — Man kann ſich hieruͤber auch ſo aus-
druͤcken, gerade Linien, als unendlichklein, ſeyen in
krumme Linien uͤbergegangen, und das Verhaͤltniß ihrer
in ihrer Unendlichkeit ſey ein Curvenverhaͤltniß. Denn
wenn man die gewoͤhnliche Definition der geraden Linie
nimmt, daß ſie der kuͤrzeſte Weg zwiſchen zwey Punk-
ten iſt, ſo gruͤndet ſich ihr Unterſchied von krummer Li-

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[244/0292] Erſtes Buch. II. Abſchnitt. Quantums und als verhaͤltnißloſe Momente genommen wurden, ſo iſt die unſtatthafte Vorſtellung hieraus ent- ſprungen, welche es ſich erlaubt, in dem letzten Verhaͤlt- niſſe, Abſciſſe und Ordinate, oder auch Sinus, Coſi- nus, Tangente, Sinus verſus und was alles noch, ein- ander gleich zu ſetzen. Auch der Bogen iſt wohl incommenſurabel mit der geraden Linie, und ſein Element zunaͤchſt von anderer Qualitaͤt als das Element der geraden Linie. Es ſcheint ſomit noch widerſinniger und unerlaubter, als die Verwechslung der Abſciſſe, Ordinate, des Si- nus, Coſinus u. ſ. f. wenn quadrata rotundis, wenn ein ob zwar unendlich kleiner Theil des Bogens, fuͤr einen Theil der Tangente, oder uͤberhaupt als Hypotenuſe in einem rechtwinklichten Dreyecke, worin die beyden Ka- theten die Elemente der Abſciſſe und der Ordinate ſind, genommen, und ſomit als gerade Linie behandelt wird. — Allein dieſe Behandlung iſt von der geruͤgten Ver- wechslung weſentlich zu unterſcheiden; ſie hat ihre Recht- fertigung darin, daß in einem ſolchen Dreyeck, das Ver- haͤltniß des Elementes eines Bogens zum Elemente der Abſciſſe und der Ordinate, daſſelbe iſt, als wenn jenes Element das Element einer geraden Linie, der Tangente, waͤre; denn die Winkel, welche das weſentliche Verhaͤltniß conſtituiren, nemlich dasjenige, das die- ſen Elementen bleibt, nachdem die ihnen zugehoͤrigen endlichen Groͤßen als Quanta verſchwunden ſind, ſind die nemlichen. — Man kann ſich hieruͤber auch ſo aus- druͤcken, gerade Linien, als unendlichklein, ſeyen in krumme Linien uͤbergegangen, und das Verhaͤltniß ihrer in ihrer Unendlichkeit ſey ein Curvenverhaͤltniß. Denn wenn man die gewoͤhnliche Definition der geraden Linie nimmt, daß ſie der kuͤrzeſte Weg zwiſchen zwey Punk- ten iſt, ſo gruͤndet ſich ihr Unterſchied von krummer Li- nie

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Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0101_1812/292>, abgerufen am 22.11.2024.