Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,2. Nürnberg, 1813.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Wesen.
damit sie ihre Bestimmung, und die Aeusserlichkeit des
Verhaltens sowohl für die Form als für die Materie be-
steht darin, daß jede oder vielmehr ihre ursprüngliche
Einheit in ihrem Setzen zugleich voraussetzend ist;
wodurch die Beziehung auf sich, zugleich Beziehung auf
sich als aufgehobenes oder Beziehung auf sein ande-
res ist.

Drittens, durch diese Bewegung der Form und
Materie ist ihre ursprüngliche Einheit einerseits herge-
stellt, andererseits nunmehr eine gesetzte. Die Ma-
terie bestimmt ebensowohl sich selbst, als diß Bestimmen
ein für sie äusserliches Thun der Form ist; umgekehrt
die Form bestimmt eben so sehr nur sich oder hat die Ma-
terie, die von ihr bestimmt wird, an ihr selbst, als sie
in ihrem Bestimmen sich gegen ein Anderes verhält; und
beydes, das Thun der Form und die Bewegung der
Materie ist dasselbe, nur daß jenes ein Thun ist, d. h.
die Negativität als gesetzte, diß aber Bewegung oder
Werden, die Negativität als ansichseyende Bestim-
mung. Das Resultat ist daher die Einheit des Ansich-
seyns und des Gesetztseyns. Die Materie ist als solche
bestimmt, oder hat nothwendig eine Form, und die Form
ist schlechthin materielle, bestehende Form.

Die Form, insofern sie eine Materie als das ihr
andre voraussetzt, ist endlich. Sie ist nicht Grund,
sondern nur das Thätige. Eben so ist die Materie, in-
sofern sie die Form als ihr Nichtseyn voraussetzt, die
endliche Materie, sie ist eben so wenig Grund ihrer
Einheit mit der Form, sondern nur die Grundlage für
die Form. Aber sowohl diese endliche Materie als die
endliche Form hat keine Wahrheit; jede bezieht sich auf
die andere, oder nur ihre Einheit ist ihre Wahrheit. In
diese Einheit gehen diese beyden Bestimmungen zurück,

und
G 2

Das Weſen.
damit ſie ihre Beſtimmung, und die Aeuſſerlichkeit des
Verhaltens ſowohl fuͤr die Form als fuͤr die Materie be-
ſteht darin, daß jede oder vielmehr ihre urſpruͤngliche
Einheit in ihrem Setzen zugleich vorausſetzend iſt;
wodurch die Beziehung auf ſich, zugleich Beziehung auf
ſich als aufgehobenes oder Beziehung auf ſein ande-
res iſt.

Drittens, durch dieſe Bewegung der Form und
Materie iſt ihre urſpruͤngliche Einheit einerſeits herge-
ſtellt, andererſeits nunmehr eine geſetzte. Die Ma-
terie beſtimmt ebenſowohl ſich ſelbſt, als diß Beſtimmen
ein fuͤr ſie aͤuſſerliches Thun der Form iſt; umgekehrt
die Form beſtimmt eben ſo ſehr nur ſich oder hat die Ma-
terie, die von ihr beſtimmt wird, an ihr ſelbſt, als ſie
in ihrem Beſtimmen ſich gegen ein Anderes verhaͤlt; und
beydes, das Thun der Form und die Bewegung der
Materie iſt daſſelbe, nur daß jenes ein Thun iſt, d. h.
die Negativitaͤt als geſetzte, diß aber Bewegung oder
Werden, die Negativitaͤt als anſichſeyende Beſtim-
mung. Das Reſultat iſt daher die Einheit des Anſich-
ſeyns und des Geſetztſeyns. Die Materie iſt als ſolche
beſtimmt, oder hat nothwendig eine Form, und die Form
iſt ſchlechthin materielle, beſtehende Form.

Die Form, inſofern ſie eine Materie als das ihr
andre vorausſetzt, iſt endlich. Sie iſt nicht Grund,
ſondern nur das Thaͤtige. Eben ſo iſt die Materie, in-
ſofern ſie die Form als ihr Nichtſeyn vorausſetzt, die
endliche Materie, ſie iſt eben ſo wenig Grund ihrer
Einheit mit der Form, ſondern nur die Grundlage fuͤr
die Form. Aber ſowohl dieſe endliche Materie als die
endliche Form hat keine Wahrheit; jede bezieht ſich auf
die andere, oder nur ihre Einheit iſt ihre Wahrheit. In
dieſe Einheit gehen dieſe beyden Beſtimmungen zuruͤck,

und
G 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <p><pb facs="#f0111" n="99"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Das We&#x017F;en.</hi></fw><lb/>
damit &#x017F;ie ihre Be&#x017F;timmung, und die Aeu&#x017F;&#x017F;erlichkeit des<lb/>
Verhaltens &#x017F;owohl fu&#x0364;r die Form als fu&#x0364;r die Materie be-<lb/>
&#x017F;teht darin, daß jede oder vielmehr ihre ur&#x017F;pru&#x0364;ngliche<lb/>
Einheit in ihrem Setzen zugleich <hi rendition="#g">voraus&#x017F;etzend</hi> i&#x017F;t;<lb/>
wodurch die Beziehung auf &#x017F;ich, zugleich Beziehung auf<lb/>
&#x017F;ich als aufgehobenes oder Beziehung auf &#x017F;ein ande-<lb/>
res i&#x017F;t.</p><lb/>
                  <p><hi rendition="#g">Drittens,</hi> durch die&#x017F;e Bewegung der Form und<lb/>
Materie i&#x017F;t ihre ur&#x017F;pru&#x0364;ngliche Einheit einer&#x017F;eits herge-<lb/>
&#x017F;tellt, anderer&#x017F;eits nunmehr eine <hi rendition="#g">ge&#x017F;etzte.</hi> Die Ma-<lb/>
terie be&#x017F;timmt eben&#x017F;owohl &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t, als diß Be&#x017F;timmen<lb/>
ein fu&#x0364;r &#x017F;ie a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erliches Thun der Form i&#x017F;t; umgekehrt<lb/>
die Form be&#x017F;timmt eben &#x017F;o &#x017F;ehr nur &#x017F;ich oder hat die Ma-<lb/>
terie, die von ihr be&#x017F;timmt wird, an ihr &#x017F;elb&#x017F;t, als &#x017F;ie<lb/>
in ihrem Be&#x017F;timmen &#x017F;ich gegen ein Anderes verha&#x0364;lt; und<lb/>
beydes, das Thun der Form und die Bewegung der<lb/>
Materie i&#x017F;t da&#x017F;&#x017F;elbe, nur daß jenes ein Thun i&#x017F;t, d. h.<lb/>
die Negativita&#x0364;t als ge&#x017F;etzte, diß aber Bewegung oder<lb/>
Werden, die Negativita&#x0364;t als <hi rendition="#g">an&#x017F;ich&#x017F;eyende</hi> Be&#x017F;tim-<lb/>
mung. Das Re&#x017F;ultat i&#x017F;t daher die Einheit des An&#x017F;ich-<lb/>
&#x017F;eyns und des Ge&#x017F;etzt&#x017F;eyns. Die Materie i&#x017F;t als &#x017F;olche<lb/>
be&#x017F;timmt, oder hat nothwendig eine Form, und die Form<lb/>
i&#x017F;t &#x017F;chlechthin materielle, be&#x017F;tehende Form.</p><lb/>
                  <p>Die Form, in&#x017F;ofern &#x017F;ie eine Materie als das ihr<lb/>
andre voraus&#x017F;etzt, i&#x017F;t <hi rendition="#g">endlich.</hi> Sie i&#x017F;t nicht Grund,<lb/>
&#x017F;ondern nur das Tha&#x0364;tige. Eben &#x017F;o i&#x017F;t die Materie, in-<lb/>
&#x017F;ofern &#x017F;ie die Form als ihr Nicht&#x017F;eyn voraus&#x017F;etzt, die<lb/><hi rendition="#g">endliche</hi> Materie, &#x017F;ie i&#x017F;t eben &#x017F;o wenig Grund ihrer<lb/>
Einheit mit der Form, &#x017F;ondern nur die Grundlage fu&#x0364;r<lb/>
die Form. Aber &#x017F;owohl die&#x017F;e endliche Materie als die<lb/>
endliche Form hat keine Wahrheit; jede bezieht &#x017F;ich auf<lb/>
die andere, oder nur ihre Einheit i&#x017F;t ihre Wahrheit. In<lb/>
die&#x017F;e Einheit gehen die&#x017F;e beyden Be&#x017F;timmungen zuru&#x0364;ck,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">G 2</fw><fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[99/0111] Das Weſen. damit ſie ihre Beſtimmung, und die Aeuſſerlichkeit des Verhaltens ſowohl fuͤr die Form als fuͤr die Materie be- ſteht darin, daß jede oder vielmehr ihre urſpruͤngliche Einheit in ihrem Setzen zugleich vorausſetzend iſt; wodurch die Beziehung auf ſich, zugleich Beziehung auf ſich als aufgehobenes oder Beziehung auf ſein ande- res iſt. Drittens, durch dieſe Bewegung der Form und Materie iſt ihre urſpruͤngliche Einheit einerſeits herge- ſtellt, andererſeits nunmehr eine geſetzte. Die Ma- terie beſtimmt ebenſowohl ſich ſelbſt, als diß Beſtimmen ein fuͤr ſie aͤuſſerliches Thun der Form iſt; umgekehrt die Form beſtimmt eben ſo ſehr nur ſich oder hat die Ma- terie, die von ihr beſtimmt wird, an ihr ſelbſt, als ſie in ihrem Beſtimmen ſich gegen ein Anderes verhaͤlt; und beydes, das Thun der Form und die Bewegung der Materie iſt daſſelbe, nur daß jenes ein Thun iſt, d. h. die Negativitaͤt als geſetzte, diß aber Bewegung oder Werden, die Negativitaͤt als anſichſeyende Beſtim- mung. Das Reſultat iſt daher die Einheit des Anſich- ſeyns und des Geſetztſeyns. Die Materie iſt als ſolche beſtimmt, oder hat nothwendig eine Form, und die Form iſt ſchlechthin materielle, beſtehende Form. Die Form, inſofern ſie eine Materie als das ihr andre vorausſetzt, iſt endlich. Sie iſt nicht Grund, ſondern nur das Thaͤtige. Eben ſo iſt die Materie, in- ſofern ſie die Form als ihr Nichtſeyn vorausſetzt, die endliche Materie, ſie iſt eben ſo wenig Grund ihrer Einheit mit der Form, ſondern nur die Grundlage fuͤr die Form. Aber ſowohl dieſe endliche Materie als die endliche Form hat keine Wahrheit; jede bezieht ſich auf die andere, oder nur ihre Einheit iſt ihre Wahrheit. In dieſe Einheit gehen dieſe beyden Beſtimmungen zuruͤck, und G 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0102_1813
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0102_1813/111
Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,2. Nürnberg, 1813, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0102_1813/111>, abgerufen am 21.11.2024.