Die Form steht zuerst dem Wesen gegenüber; so ist sie Grundbeziehung überhaupt, und ihre Bestimmun- gen, der Grund und das Begründete. Alsdenn steht sie der Materie gegenüber; so ist sie bestimmende Reflexion und ihre Bestimmungen sind die Reflexionsbestimmung selbst und das Bestehen derselben. Endlich steht sie dem Inhalte gegenüber, so sind ihre Bestimmungen wieder sie selbst und die Materie. Was vorher das mit sich identische war, zuerst der Grund, dann das Bestehen überhaupt, und zulezt die Materie tritt unter die Herr- schaft der Form und ist wieder eine ihrer Bestimmungen.
Der Inhalt hat erstlich eine Form und eine Ma- terie, die ihm angehören und wesentlich sind; er ist ihre Einheit. Aber indem diese Einheit zugleich bestimm- te oder gesetzte Einheit ist, so steht er der Form gegen- über; diese macht das Gesetztseyn aus, und ist ge- gen ihn das Unwesentliche. Er ist daher gleichgültig ge- gen sie; sie begreift sowohl die Form als solche, als auch die Materie; und er hat also eine Form und eine Mate- rie, deren Grundlage er ausmacht, und die ihm als blosses Gesetztseyn sind.
Der Inhalt ist zweytens das in Form und Ma- terie identische, so daß diese nur gleichgültige äusserliche Bestimmungen wären. Sie sind das Gesetztseyn über- haupt, das aber in dem Inhalte in seine Einheit oder seinen Grund zurükgegangen ist. Die Identität des In- halts mit sich selbst ist daher das einemal jene gegen die Form gleichgültige Identität; das andremal aber ist sie die Identität des Grundes. Der Grund ist in dem In- halte zunächst verschwunden; der Inhalt aber ist zugleich
die
Das Weſen.
c. Form und Inhalt.
Die Form ſteht zuerſt dem Weſen gegenuͤber; ſo iſt ſie Grundbeziehung uͤberhaupt, und ihre Beſtimmun- gen, der Grund und das Begruͤndete. Alsdenn ſteht ſie der Materie gegenuͤber; ſo iſt ſie beſtimmende Reflexion und ihre Beſtimmungen ſind die Reflexionsbeſtimmung ſelbſt und das Beſtehen derſelben. Endlich ſteht ſie dem Inhalte gegenuͤber, ſo ſind ihre Beſtimmungen wieder ſie ſelbſt und die Materie. Was vorher das mit ſich identiſche war, zuerſt der Grund, dann das Beſtehen uͤberhaupt, und zulezt die Materie tritt unter die Herr- ſchaft der Form und iſt wieder eine ihrer Beſtimmungen.
Der Inhalt hat erſtlich eine Form und eine Ma- terie, die ihm angehoͤren und weſentlich ſind; er iſt ihre Einheit. Aber indem dieſe Einheit zugleich beſtimm- te oder geſetzte Einheit iſt, ſo ſteht er der Form gegen- uͤber; dieſe macht das Geſetztſeyn aus, und iſt ge- gen ihn das Unweſentliche. Er iſt daher gleichguͤltig ge- gen ſie; ſie begreift ſowohl die Form als ſolche, als auch die Materie; und er hat alſo eine Form und eine Mate- rie, deren Grundlage er ausmacht, und die ihm als bloſſes Geſetztſeyn ſind.
Der Inhalt iſt zweytens das in Form und Ma- terie identiſche, ſo daß dieſe nur gleichguͤltige aͤuſſerliche Beſtimmungen waͤren. Sie ſind das Geſetztſeyn uͤber- haupt, das aber in dem Inhalte in ſeine Einheit oder ſeinen Grund zuruͤkgegangen iſt. Die Identitaͤt des In- halts mit ſich ſelbſt iſt daher das einemal jene gegen die Form gleichguͤltige Identitaͤt; das andremal aber iſt ſie die Identitaͤt des Grundes. Der Grund iſt in dem In- halte zunaͤchſt verſchwunden; der Inhalt aber iſt zugleich
die
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Das Weſen.
c.
Form und Inhalt.
Die Form ſteht zuerſt dem Weſen gegenuͤber; ſo
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gen, der Grund und das Begruͤndete. Alsdenn ſteht ſie
der Materie gegenuͤber; ſo iſt ſie beſtimmende Reflexion
und ihre Beſtimmungen ſind die Reflexionsbeſtimmung
ſelbſt und das Beſtehen derſelben. Endlich ſteht ſie dem
Inhalte gegenuͤber, ſo ſind ihre Beſtimmungen wieder ſie
ſelbſt und die Materie. Was vorher das mit ſich
identiſche war, zuerſt der Grund, dann das Beſtehen
uͤberhaupt, und zulezt die Materie tritt unter die Herr-
ſchaft der Form und iſt wieder eine ihrer Beſtimmungen.
Der Inhalt hat erſtlich eine Form und eine Ma-
terie, die ihm angehoͤren und weſentlich ſind; er iſt ihre
Einheit. Aber indem dieſe Einheit zugleich beſtimm-
te oder geſetzte Einheit iſt, ſo ſteht er der Form gegen-
uͤber; dieſe macht das Geſetztſeyn aus, und iſt ge-
gen ihn das Unweſentliche. Er iſt daher gleichguͤltig ge-
gen ſie; ſie begreift ſowohl die Form als ſolche, als auch
die Materie; und er hat alſo eine Form und eine Mate-
rie, deren Grundlage er ausmacht, und die ihm als
bloſſes Geſetztſeyn ſind.
Der Inhalt iſt zweytens das in Form und Ma-
terie identiſche, ſo daß dieſe nur gleichguͤltige aͤuſſerliche
Beſtimmungen waͤren. Sie ſind das Geſetztſeyn uͤber-
haupt, das aber in dem Inhalte in ſeine Einheit oder
ſeinen Grund zuruͤkgegangen iſt. Die Identitaͤt des In-
halts mit ſich ſelbſt iſt daher das einemal jene gegen die
Form gleichguͤltige Identitaͤt; das andremal aber iſt ſie die
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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,2. Nürnberg, 1813, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0102_1813/113>, abgerufen am 16.02.2025.
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