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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,2. Nürnberg, 1813.

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Zweytes Buch.

Diese Bewegung, als Weg des Wissens vorge-
stellt, so erscheint dieser Anfang vom Seyn und der Fort-
gang, der es aufhebt und beym Wesen als einem Ver-
mittelten anlangt, eine Thätigkeit des Erkennens zu seyn,
die dem Seyn äusserlich sey und dessen eigene Natur
nichts angehe.

Aber dieser Gang ist die Bewegung des Seyns
selbst. Es zeigte sich an diesem, daß es durch seine Na-
tur sich erinnert, und durch diß Insichgehen zum Wesen
wird.

Wenn also das Absolute zuerst als Seyn bestimmt
war, so ist es itzt als Wesen bestimmt. Das Erken-
nen kann überhaupt nicht bey dem mannichfaltigen Da-
seyn
, aber auch nicht bey dem Seyn, dem reinen
Seyn
, stehen bleiben; es dringt sich unmittelbar die
Reflexion auf, daß dieses reine Seyn, die Nega-
tion
alles Endlichen, eine Erinnerung und Bewe-
gung voraussetzt, welche das unmittelbare Daseyn zum
reinen Seyn gereinigt hat. Das Seyn wird hiernach
als Wesen bestimmt, als ein solches Seyn, an dem alles
Bestimmte und Endliche negirt ist. So ist es die be-
stimmungslose
einfache Einheit, von der das Be-
stimmte auf eine äusserliche Weise hinweggenommen
worden; dieser Einheit war das Bestimmte selbst ein
Aeusserliches, und es bleibt ihr nach diesem Wegnehmen
noch gegenüber stehen; denn es ist nicht an sich, son-
dern relativ, nur in Beziehung auf diese Einheit, aufge-
hoben worden. -- Es wurde oben schon erinnert, daß
wenn das reine Wesen als Inbegriff aller Reali-
täten
bestimmt wird, diese Realitäten gleichfalls der
Natur der Bestimmtheit, und der abstrahirenden Re-
flexion unterliegen, und dieser Innbegriff sich zur leeren
Einfachheit reducirt. Das Wesen ist auf diese Weise

nur
Zweytes Buch.

Dieſe Bewegung, als Weg des Wiſſens vorge-
ſtellt, ſo erſcheint dieſer Anfang vom Seyn und der Fort-
gang, der es aufhebt und beym Weſen als einem Ver-
mittelten anlangt, eine Thaͤtigkeit des Erkennens zu ſeyn,
die dem Seyn aͤuſſerlich ſey und deſſen eigene Natur
nichts angehe.

Aber dieſer Gang iſt die Bewegung des Seyns
ſelbſt. Es zeigte ſich an dieſem, daß es durch ſeine Na-
tur ſich erinnert, und durch diß Inſichgehen zum Weſen
wird.

Wenn alſo das Abſolute zuerſt als Seyn beſtimmt
war, ſo iſt es itzt als Weſen beſtimmt. Das Erken-
nen kann uͤberhaupt nicht bey dem mannichfaltigen Da-
ſeyn
, aber auch nicht bey dem Seyn, dem reinen
Seyn
, ſtehen bleiben; es dringt ſich unmittelbar die
Reflexion auf, daß dieſes reine Seyn, die Nega-
tion
alles Endlichen, eine Erinnerung und Bewe-
gung vorausſetzt, welche das unmittelbare Daſeyn zum
reinen Seyn gereinigt hat. Das Seyn wird hiernach
als Weſen beſtimmt, als ein ſolches Seyn, an dem alles
Beſtimmte und Endliche negirt iſt. So iſt es die be-
ſtimmungsloſe
einfache Einheit, von der das Be-
ſtimmte auf eine aͤuſſerliche Weiſe hinweggenommen
worden; dieſer Einheit war das Beſtimmte ſelbſt ein
Aeuſſerliches, und es bleibt ihr nach dieſem Wegnehmen
noch gegenuͤber ſtehen; denn es iſt nicht an ſich, ſon-
dern relativ, nur in Beziehung auf dieſe Einheit, aufge-
hoben worden. — Es wurde oben ſchon erinnert, daß
wenn das reine Weſen als Inbegriff aller Reali-
taͤten
beſtimmt wird, dieſe Realitaͤten gleichfalls der
Natur der Beſtimmtheit, und der abſtrahirenden Re-
flexion unterliegen, und dieſer Innbegriff ſich zur leeren
Einfachheit reducirt. Das Weſen iſt auf dieſe Weiſe

nur
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[2/0014] Zweytes Buch. Dieſe Bewegung, als Weg des Wiſſens vorge- ſtellt, ſo erſcheint dieſer Anfang vom Seyn und der Fort- gang, der es aufhebt und beym Weſen als einem Ver- mittelten anlangt, eine Thaͤtigkeit des Erkennens zu ſeyn, die dem Seyn aͤuſſerlich ſey und deſſen eigene Natur nichts angehe. Aber dieſer Gang iſt die Bewegung des Seyns ſelbſt. Es zeigte ſich an dieſem, daß es durch ſeine Na- tur ſich erinnert, und durch diß Inſichgehen zum Weſen wird. Wenn alſo das Abſolute zuerſt als Seyn beſtimmt war, ſo iſt es itzt als Weſen beſtimmt. Das Erken- nen kann uͤberhaupt nicht bey dem mannichfaltigen Da- ſeyn, aber auch nicht bey dem Seyn, dem reinen Seyn, ſtehen bleiben; es dringt ſich unmittelbar die Reflexion auf, daß dieſes reine Seyn, die Nega- tion alles Endlichen, eine Erinnerung und Bewe- gung vorausſetzt, welche das unmittelbare Daſeyn zum reinen Seyn gereinigt hat. Das Seyn wird hiernach als Weſen beſtimmt, als ein ſolches Seyn, an dem alles Beſtimmte und Endliche negirt iſt. So iſt es die be- ſtimmungsloſe einfache Einheit, von der das Be- ſtimmte auf eine aͤuſſerliche Weiſe hinweggenommen worden; dieſer Einheit war das Beſtimmte ſelbſt ein Aeuſſerliches, und es bleibt ihr nach dieſem Wegnehmen noch gegenuͤber ſtehen; denn es iſt nicht an ſich, ſon- dern relativ, nur in Beziehung auf dieſe Einheit, aufge- hoben worden. — Es wurde oben ſchon erinnert, daß wenn das reine Weſen als Inbegriff aller Reali- taͤten beſtimmt wird, dieſe Realitaͤten gleichfalls der Natur der Beſtimmtheit, und der abſtrahirenden Re- flexion unterliegen, und dieſer Innbegriff ſich zur leeren Einfachheit reducirt. Das Weſen iſt auf dieſe Weiſe nur

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Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,2. Nürnberg, 1813, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0102_1813/14>, abgerufen am 29.04.2024.