Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,2. Nürnberg, 1813.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Erscheinung.
reflectirt in ihr Entgegengesetztes; aber sie haben keine
andere Bestimmung als diese ihre negative Einheit; das
wesentliche Verhältniß hingegen hat solche zu seinen Sei-
ten, welche als selbstständige Totalitäten gesetzt sind.
Es ist dieselbe Entgegensetzung als die des Positiven und
Negativen; aber zugleich als eine verkehrte Welt. Die
Seite des wesentlichen Verhältnisses ist eine Totalität,
die aber als wesentlich ein entgegengesetztes, ein Jen-
seits
seiner hat; es ist nur Erscheinung; seine Existenz
ist vielmehr nicht die seinige, sondern die seines andern.
Es ist daher ein in sich selbst gebrochenes; aber dieß sein
Aufgehobenseyn besteht darin, daß es die Einheit seiner
selbst und seines andern also Ganzes ist, und eben darum
hat es selbstständige Existenz und ist wesentliche Reflexion
in sich.

Diß ist der Begriff des Verhältnisses. Zunächst
aber ist die Identität, die es enthält, noch nicht vollkom-
men; die Totalität, welche jedes relative an ihm selbst
ist, ist erst ein inneres; die Seite des Verhältnisses ist
zunächst gesetzt in einer der Bestimmungen der negati-
ven Einheit; die eigene Selbstständigkeit jeder der bey-
den Seiten ist dasjenige, was die Form des Verhältnis-
ses ausmacht. Seine Identität ist daher nur eine Be-
ziehung
, ausserhalb welcher ihre Selbstständigkeit fällt;
nemlich in die Seiten; es ist noch nicht die reflectirte Einheit
jener Identität und der selbstständigen Existenzen vor-
handen, noch nicht die Substanz. -- Der Begriff des
Verhältnisses hat sich daher zwar ergeben, Einheit der
reflectirten und der unmittelbaren Selbstständigkeit zu
seyn. Aber zuerst ist dieser Begriff selbst noch un-
mittelbar
, seine Momente daher unmittelbare gegen
einander, und die Einheit deren wesentliche Beziehung,
die erst dann die wahrhafte, dem Begriffe entsprechende
Einheit ist, insofern sie sich realisirt, nemlich durch ihre
Bewegung als jene Einheit gesetzt hat.

Das

Die Erſcheinung.
reflectirt in ihr Entgegengeſetztes; aber ſie haben keine
andere Beſtimmung als dieſe ihre negative Einheit; das
weſentliche Verhaͤltniß hingegen hat ſolche zu ſeinen Sei-
ten, welche als ſelbſtſtaͤndige Totalitaͤten geſetzt ſind.
Es iſt dieſelbe Entgegenſetzung als die des Poſitiven und
Negativen; aber zugleich als eine verkehrte Welt. Die
Seite des weſentlichen Verhaͤltniſſes iſt eine Totalitaͤt,
die aber als weſentlich ein entgegengeſetztes, ein Jen-
ſeits
ſeiner hat; es iſt nur Erſcheinung; ſeine Exiſtenz
iſt vielmehr nicht die ſeinige, ſondern die ſeines andern.
Es iſt daher ein in ſich ſelbſt gebrochenes; aber dieß ſein
Aufgehobenſeyn beſteht darin, daß es die Einheit ſeiner
ſelbſt und ſeines andern alſo Ganzes iſt, und eben darum
hat es ſelbſtſtaͤndige Exiſtenz und iſt weſentliche Reflexion
in ſich.

Diß iſt der Begriff des Verhaͤltniſſes. Zunaͤchſt
aber iſt die Identitaͤt, die es enthaͤlt, noch nicht vollkom-
men; die Totalitaͤt, welche jedes relative an ihm ſelbſt
iſt, iſt erſt ein inneres; die Seite des Verhaͤltniſſes iſt
zunaͤchſt geſetzt in einer der Beſtimmungen der negati-
ven Einheit; die eigene Selbſtſtaͤndigkeit jeder der bey-
den Seiten iſt dasjenige, was die Form des Verhaͤltniſ-
ſes ausmacht. Seine Identitaͤt iſt daher nur eine Be-
ziehung
, auſſerhalb welcher ihre Selbſtſtaͤndigkeit faͤllt;
nemlich in die Seiten; es iſt noch nicht die reflectirte Einheit
jener Identitaͤt und der ſelbſtſtaͤndigen Exiſtenzen vor-
handen, noch nicht die Subſtanz. — Der Begriff des
Verhaͤltniſſes hat ſich daher zwar ergeben, Einheit der
reflectirten und der unmittelbaren Selbſtſtaͤndigkeit zu
ſeyn. Aber zuerſt iſt dieſer Begriff ſelbſt noch un-
mittelbar
, ſeine Momente daher unmittelbare gegen
einander, und die Einheit deren weſentliche Beziehung,
die erſt dann die wahrhafte, dem Begriffe entſprechende
Einheit iſt, inſofern ſie ſich realiſirt, nemlich durch ihre
Bewegung als jene Einheit geſetzt hat.

Das
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0199" n="187"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Die Er&#x017F;cheinung</hi>.</fw><lb/>
reflectirt in ihr Entgegenge&#x017F;etztes; aber &#x017F;ie haben keine<lb/>
andere Be&#x017F;timmung als die&#x017F;e ihre negative Einheit; das<lb/>
we&#x017F;entliche Verha&#x0364;ltniß hingegen hat &#x017F;olche zu &#x017F;einen Sei-<lb/>
ten, welche als &#x017F;elb&#x017F;t&#x017F;ta&#x0364;ndige Totalita&#x0364;ten ge&#x017F;etzt &#x017F;ind.<lb/>
Es i&#x017F;t die&#x017F;elbe Entgegen&#x017F;etzung als die des Po&#x017F;itiven und<lb/>
Negativen; aber zugleich als eine verkehrte Welt. Die<lb/>
Seite des we&#x017F;entlichen Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;es i&#x017F;t eine Totalita&#x0364;t,<lb/>
die aber als we&#x017F;entlich ein entgegenge&#x017F;etztes, ein <hi rendition="#g">Jen-<lb/>
&#x017F;eits</hi> &#x017F;einer hat; es i&#x017F;t nur Er&#x017F;cheinung; &#x017F;eine Exi&#x017F;tenz<lb/>
i&#x017F;t vielmehr nicht die &#x017F;einige, &#x017F;ondern die &#x017F;eines andern.<lb/>
Es i&#x017F;t daher ein in &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t gebrochenes; aber dieß &#x017F;ein<lb/>
Aufgehoben&#x017F;eyn be&#x017F;teht darin, daß es die Einheit &#x017F;einer<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t und &#x017F;eines andern al&#x017F;o Ganzes i&#x017F;t, und eben darum<lb/>
hat es &#x017F;elb&#x017F;t&#x017F;ta&#x0364;ndige Exi&#x017F;tenz und i&#x017F;t we&#x017F;entliche Reflexion<lb/>
in &#x017F;ich.</p><lb/>
              <p>Diß i&#x017F;t der <hi rendition="#g">Begriff</hi> des Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;es. Zuna&#x0364;ch&#x017F;t<lb/>
aber i&#x017F;t die Identita&#x0364;t, die es entha&#x0364;lt, noch nicht vollkom-<lb/>
men; die Totalita&#x0364;t, welche jedes relative an ihm &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
i&#x017F;t, i&#x017F;t er&#x017F;t ein inneres; die Seite des Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;es i&#x017F;t<lb/>
zuna&#x0364;ch&#x017F;t ge&#x017F;etzt in <hi rendition="#g">einer</hi> der Be&#x017F;timmungen der negati-<lb/>
ven Einheit; die eigene Selb&#x017F;t&#x017F;ta&#x0364;ndigkeit jeder der bey-<lb/>
den Seiten i&#x017F;t dasjenige, was die Form des Verha&#x0364;ltni&#x017F;-<lb/>
&#x017F;es ausmacht. Seine Identita&#x0364;t i&#x017F;t daher nur eine <hi rendition="#g">Be-<lb/>
ziehung</hi>, au&#x017F;&#x017F;erhalb welcher ihre Selb&#x017F;t&#x017F;ta&#x0364;ndigkeit fa&#x0364;llt;<lb/>
nemlich in die Seiten; es i&#x017F;t noch nicht die reflectirte Einheit<lb/>
jener Identita&#x0364;t und der &#x017F;elb&#x017F;t&#x017F;ta&#x0364;ndigen Exi&#x017F;tenzen vor-<lb/>
handen, noch nicht die <hi rendition="#g">Sub&#x017F;tanz</hi>. &#x2014; Der Begriff des<lb/>
Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;es hat &#x017F;ich daher zwar ergeben, Einheit der<lb/>
reflectirten und der unmittelbaren Selb&#x017F;t&#x017F;ta&#x0364;ndigkeit zu<lb/>
&#x017F;eyn. Aber zuer&#x017F;t i&#x017F;t die&#x017F;er <hi rendition="#g">Begriff</hi> &#x017F;elb&#x017F;t noch <hi rendition="#g">un-<lb/>
mittelbar</hi>, &#x017F;eine Momente daher unmittelbare gegen<lb/>
einander, und die Einheit deren we&#x017F;entliche Beziehung,<lb/>
die er&#x017F;t dann die wahrhafte, dem Begriffe ent&#x017F;prechende<lb/>
Einheit i&#x017F;t, in&#x017F;ofern &#x017F;ie &#x017F;ich reali&#x017F;irt, nemlich durch ihre<lb/>
Bewegung als jene Einheit <hi rendition="#g">ge&#x017F;etzt</hi> hat.</p><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Das</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[187/0199] Die Erſcheinung. reflectirt in ihr Entgegengeſetztes; aber ſie haben keine andere Beſtimmung als dieſe ihre negative Einheit; das weſentliche Verhaͤltniß hingegen hat ſolche zu ſeinen Sei- ten, welche als ſelbſtſtaͤndige Totalitaͤten geſetzt ſind. Es iſt dieſelbe Entgegenſetzung als die des Poſitiven und Negativen; aber zugleich als eine verkehrte Welt. Die Seite des weſentlichen Verhaͤltniſſes iſt eine Totalitaͤt, die aber als weſentlich ein entgegengeſetztes, ein Jen- ſeits ſeiner hat; es iſt nur Erſcheinung; ſeine Exiſtenz iſt vielmehr nicht die ſeinige, ſondern die ſeines andern. Es iſt daher ein in ſich ſelbſt gebrochenes; aber dieß ſein Aufgehobenſeyn beſteht darin, daß es die Einheit ſeiner ſelbſt und ſeines andern alſo Ganzes iſt, und eben darum hat es ſelbſtſtaͤndige Exiſtenz und iſt weſentliche Reflexion in ſich. Diß iſt der Begriff des Verhaͤltniſſes. Zunaͤchſt aber iſt die Identitaͤt, die es enthaͤlt, noch nicht vollkom- men; die Totalitaͤt, welche jedes relative an ihm ſelbſt iſt, iſt erſt ein inneres; die Seite des Verhaͤltniſſes iſt zunaͤchſt geſetzt in einer der Beſtimmungen der negati- ven Einheit; die eigene Selbſtſtaͤndigkeit jeder der bey- den Seiten iſt dasjenige, was die Form des Verhaͤltniſ- ſes ausmacht. Seine Identitaͤt iſt daher nur eine Be- ziehung, auſſerhalb welcher ihre Selbſtſtaͤndigkeit faͤllt; nemlich in die Seiten; es iſt noch nicht die reflectirte Einheit jener Identitaͤt und der ſelbſtſtaͤndigen Exiſtenzen vor- handen, noch nicht die Subſtanz. — Der Begriff des Verhaͤltniſſes hat ſich daher zwar ergeben, Einheit der reflectirten und der unmittelbaren Selbſtſtaͤndigkeit zu ſeyn. Aber zuerſt iſt dieſer Begriff ſelbſt noch un- mittelbar, ſeine Momente daher unmittelbare gegen einander, und die Einheit deren weſentliche Beziehung, die erſt dann die wahrhafte, dem Begriffe entſprechende Einheit iſt, inſofern ſie ſich realiſirt, nemlich durch ihre Bewegung als jene Einheit geſetzt hat. Das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0102_1813
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0102_1813/199
Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,2. Nürnberg, 1813, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0102_1813/199>, abgerufen am 22.11.2024.