Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 2. Nürnberg, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Kapitel. Das Urtheil.
Allgemeinheit aufgenommen und mit ihr identisch gesetzt.
Das Nichtallgemeine ist daher sogleich das Besondere.

2. Indem die Negation die Beziehung des Urtheils
angeht, und das negative Urtheil noch als solches
betrachtet wird, so ist es vors erste noch ein Ur-
theil
; es ist somit das Verhältniß von Subject und
Prädicat, oder von Einzelnheit und Allgemeinheit vor-
handen, und die Beziehung derselben; die Form des
Urtheils
. Das Subject als das zu Grunde liegende
Unmittelbare bleibt unberührt von der Negation, es be-
hält also seine Bestimmung, ein Prädicat zu haben, oder
seine Beziehung auf die Allgemeinheit. Was daher ne-
girt wird, ist nicht die Allgemeinheit überhaupt im Prä-
dicate, sondern die Abstraction oder die Bestimmtheit
desselben, welche gegen jene Allgemeinheit als Inhalt
erschien. -- Das negative Urtheil ist also nicht die to-
tale Negation; die allgemeine Sphäre, welche das Prä-
dicat enthält, bleibt noch bestehen; die Beziehung des
Subjects auf das Prädicat ist daher wesentlich noch
positiv; die noch gebliebene Bestimmung des Prä-
dicats ist eben so sehr Beziehung. -- Wenn z. B.
gesagt wird, die Rose ist nicht roth, so wird damit nur
die Bestimmtheit des Prädicats negirt, und von der
Allgemeinheit, die ihm gleichfalls zukommt, abgetrennt;
die allgemeine Sphäre, die Farbe, ist erhalten; wenn
die Rose nicht roth ist, so wird dabey angenommen,
daß sie eine Farbe und eine andere Farbe habe; nach die-
ser allgemeinen Sphäre ist das Urtheil noch positiv.

Das Einzelne ist ein Besonderes, -- diese
positive Form des negativen Urtheils drückt diß unmit-
telbar aus; das Besondre enthält die Allgemeinheit. Es
drückt überdem auch aus, daß das Prädicat nicht nur
ein Allgemeines sey, sondern auch noch ein bestimmtes.

Die

II. Kapitel. Das Urtheil.
Allgemeinheit aufgenommen und mit ihr identiſch geſetzt.
Das Nichtallgemeine iſt daher ſogleich das Beſondere.

2. Indem die Negation die Beziehung des Urtheils
angeht, und das negative Urtheil noch als ſolches
betrachtet wird, ſo iſt es vors erſte noch ein Ur-
theil
; es iſt ſomit das Verhaͤltniß von Subject und
Praͤdicat, oder von Einzelnheit und Allgemeinheit vor-
handen, und die Beziehung derſelben; die Form des
Urtheils
. Das Subject als das zu Grunde liegende
Unmittelbare bleibt unberuͤhrt von der Negation, es be-
haͤlt alſo ſeine Beſtimmung, ein Praͤdicat zu haben, oder
ſeine Beziehung auf die Allgemeinheit. Was daher ne-
girt wird, iſt nicht die Allgemeinheit uͤberhaupt im Praͤ-
dicate, ſondern die Abſtraction oder die Beſtimmtheit
deſſelben, welche gegen jene Allgemeinheit als Inhalt
erſchien. — Das negative Urtheil iſt alſo nicht die to-
tale Negation; die allgemeine Sphaͤre, welche das Praͤ-
dicat enthaͤlt, bleibt noch beſtehen; die Beziehung des
Subjects auf das Praͤdicat iſt daher weſentlich noch
poſitiv; die noch gebliebene Beſtimmung des Praͤ-
dicats iſt eben ſo ſehr Beziehung. — Wenn z. B.
geſagt wird, die Roſe iſt nicht roth, ſo wird damit nur
die Beſtimmtheit des Praͤdicats negirt, und von der
Allgemeinheit, die ihm gleichfalls zukommt, abgetrennt;
die allgemeine Sphaͤre, die Farbe, iſt erhalten; wenn
die Roſe nicht roth iſt, ſo wird dabey angenommen,
daß ſie eine Farbe und eine andere Farbe habe; nach die-
ſer allgemeinen Sphaͤre iſt das Urtheil noch poſitiv.

Das Einzelne iſt ein Beſonderes, — dieſe
poſitive Form des negativen Urtheils druͤckt diß unmit-
telbar aus; das Beſondre enthaͤlt die Allgemeinheit. Es
druͤckt uͤberdem auch aus, daß das Praͤdicat nicht nur
ein Allgemeines ſey, ſondern auch noch ein beſtimmtes.

Die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0113" n="95"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">II.</hi><hi rendition="#g">Kapitel. Das Urtheil</hi>.</fw><lb/>
Allgemeinheit aufgenommen und mit ihr identi&#x017F;ch ge&#x017F;etzt.<lb/>
Das Nichtallgemeine i&#x017F;t daher &#x017F;ogleich das <hi rendition="#g">Be&#x017F;ondere</hi>.</p><lb/>
                <p>2. Indem die Negation die Beziehung des Urtheils<lb/>
angeht, und das <hi rendition="#g">negative Urtheil</hi> noch als &#x017F;olches<lb/>
betrachtet wird, &#x017F;o i&#x017F;t es <hi rendition="#g">vors er&#x017F;te noch ein Ur-<lb/>
theil</hi>; es i&#x017F;t &#x017F;omit das Verha&#x0364;ltniß von Subject und<lb/>
Pra&#x0364;dicat, oder von Einzelnheit und Allgemeinheit vor-<lb/>
handen, und die Beziehung der&#x017F;elben; <hi rendition="#g">die Form des<lb/>
Urtheils</hi>. Das Subject als das zu Grunde liegende<lb/>
Unmittelbare bleibt unberu&#x0364;hrt von der Negation, es be-<lb/>
ha&#x0364;lt al&#x017F;o &#x017F;eine Be&#x017F;timmung, ein Pra&#x0364;dicat zu haben, oder<lb/>
&#x017F;eine Beziehung auf die Allgemeinheit. Was daher ne-<lb/>
girt wird, i&#x017F;t nicht die Allgemeinheit u&#x0364;berhaupt im Pra&#x0364;-<lb/>
dicate, &#x017F;ondern die Ab&#x017F;traction oder die Be&#x017F;timmtheit<lb/>
de&#x017F;&#x017F;elben, welche gegen jene Allgemeinheit als <hi rendition="#g">Inhalt</hi><lb/>
er&#x017F;chien. &#x2014; Das negative Urtheil i&#x017F;t al&#x017F;o nicht die to-<lb/>
tale Negation; die allgemeine Spha&#x0364;re, welche das Pra&#x0364;-<lb/>
dicat entha&#x0364;lt, bleibt noch be&#x017F;tehen; die Beziehung des<lb/>
Subjects auf das Pra&#x0364;dicat i&#x017F;t daher we&#x017F;entlich noch<lb/><hi rendition="#g">po&#x017F;itiv</hi>; die noch gebliebene <hi rendition="#g">Be&#x017F;timmung</hi> des Pra&#x0364;-<lb/>
dicats i&#x017F;t eben &#x017F;o &#x017F;ehr <hi rendition="#g">Beziehung</hi>. &#x2014; Wenn z. B.<lb/>
ge&#x017F;agt wird, die Ro&#x017F;e i&#x017F;t <hi rendition="#g">nicht</hi> roth, &#x017F;o wird damit nur<lb/>
die <hi rendition="#g">Be&#x017F;timmtheit</hi> des Pra&#x0364;dicats negirt, und von der<lb/>
Allgemeinheit, die ihm gleichfalls zukommt, abgetrennt;<lb/>
die allgemeine Spha&#x0364;re, <hi rendition="#g">die Farbe</hi>, i&#x017F;t erhalten; wenn<lb/>
die Ro&#x017F;e nicht roth i&#x017F;t, &#x017F;o wird dabey angenommen,<lb/>
daß &#x017F;ie eine Farbe und eine andere Farbe habe; nach die-<lb/>
&#x017F;er allgemeinen Spha&#x0364;re i&#x017F;t das Urtheil noch po&#x017F;itiv.</p><lb/>
                <p><hi rendition="#g">Das Einzelne i&#x017F;t ein Be&#x017F;onderes</hi>, &#x2014; die&#x017F;e<lb/>
po&#x017F;itive Form des negativen Urtheils dru&#x0364;ckt diß unmit-<lb/>
telbar aus; das Be&#x017F;ondre entha&#x0364;lt die Allgemeinheit. Es<lb/>
dru&#x0364;ckt u&#x0364;berdem auch aus, daß das Pra&#x0364;dicat nicht nur<lb/>
ein Allgemeines &#x017F;ey, &#x017F;ondern auch noch ein be&#x017F;timmtes.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[95/0113] II. Kapitel. Das Urtheil. Allgemeinheit aufgenommen und mit ihr identiſch geſetzt. Das Nichtallgemeine iſt daher ſogleich das Beſondere. 2. Indem die Negation die Beziehung des Urtheils angeht, und das negative Urtheil noch als ſolches betrachtet wird, ſo iſt es vors erſte noch ein Ur- theil; es iſt ſomit das Verhaͤltniß von Subject und Praͤdicat, oder von Einzelnheit und Allgemeinheit vor- handen, und die Beziehung derſelben; die Form des Urtheils. Das Subject als das zu Grunde liegende Unmittelbare bleibt unberuͤhrt von der Negation, es be- haͤlt alſo ſeine Beſtimmung, ein Praͤdicat zu haben, oder ſeine Beziehung auf die Allgemeinheit. Was daher ne- girt wird, iſt nicht die Allgemeinheit uͤberhaupt im Praͤ- dicate, ſondern die Abſtraction oder die Beſtimmtheit deſſelben, welche gegen jene Allgemeinheit als Inhalt erſchien. — Das negative Urtheil iſt alſo nicht die to- tale Negation; die allgemeine Sphaͤre, welche das Praͤ- dicat enthaͤlt, bleibt noch beſtehen; die Beziehung des Subjects auf das Praͤdicat iſt daher weſentlich noch poſitiv; die noch gebliebene Beſtimmung des Praͤ- dicats iſt eben ſo ſehr Beziehung. — Wenn z. B. geſagt wird, die Roſe iſt nicht roth, ſo wird damit nur die Beſtimmtheit des Praͤdicats negirt, und von der Allgemeinheit, die ihm gleichfalls zukommt, abgetrennt; die allgemeine Sphaͤre, die Farbe, iſt erhalten; wenn die Roſe nicht roth iſt, ſo wird dabey angenommen, daß ſie eine Farbe und eine andere Farbe habe; nach die- ſer allgemeinen Sphaͤre iſt das Urtheil noch poſitiv. Das Einzelne iſt ein Beſonderes, — dieſe poſitive Form des negativen Urtheils druͤckt diß unmit- telbar aus; das Beſondre enthaͤlt die Allgemeinheit. Es druͤckt uͤberdem auch aus, daß das Praͤdicat nicht nur ein Allgemeines ſey, ſondern auch noch ein beſtimmtes. Die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik02_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik02_1816/113
Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 2. Nürnberg, 1816, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik02_1816/113>, abgerufen am 21.11.2024.