Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 2. Nürnberg, 1816.I. Abschnitt. Subjectivität. tionsweisen und Gesetze der Vernunft zum Gegenstandhabe, an und für sich vom grösten Interesse seyn müs- se, -- von einem wenigstens nicht geringerem, als die Kenntniß der Gesetze der Natur und der besondern Ge- staltungen derselben. Wenn es nicht gering geachtet wird, etliche und sechzig Arten von Papageyen, hundert und sieben und dreissig Arten der Veronica u. s. f. aufge- funden zu haben, so wird es noch viel weniger für ge- ring geachtet werden dürfen, die Vernunftformen auszu- finden; ist nicht eine Figur des Schlusses ein unendlich höheres, als eine Papagey- oder eine Veronica-Art? So sehr es daher für nichts mehr als Rohheit an- Es
I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt. tionsweiſen und Geſetze der Vernunft zum Gegenſtandhabe, an und fuͤr ſich vom groͤſten Intereſſe ſeyn muͤſ- ſe, — von einem wenigſtens nicht geringerem, als die Kenntniß der Geſetze der Natur und der beſondern Ge- ſtaltungen derſelben. Wenn es nicht gering geachtet wird, etliche und ſechzig Arten von Papageyen, hundert und ſieben und dreiſſig Arten der Veronica u. ſ. f. aufge- funden zu haben, ſo wird es noch viel weniger fuͤr ge- ring geachtet werden duͤrfen, die Vernunftformen auszu- finden; iſt nicht eine Figur des Schluſſes ein unendlich hoͤheres, als eine Papagey- oder eine Veronica-Art? So ſehr es daher fuͤr nichts mehr als Rohheit an- Es
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <p><pb facs="#f0178" n="160"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">I.</hi><hi rendition="#g">Abſchnitt. Subjectivitaͤt</hi>.</fw><lb/> tionsweiſen und Geſetze der Vernunft zum Gegenſtand<lb/> habe, an und fuͤr ſich vom groͤſten Intereſſe ſeyn muͤſ-<lb/> ſe, — von einem wenigſtens nicht geringerem, als die<lb/> Kenntniß der Geſetze der Natur und der beſondern Ge-<lb/> ſtaltungen derſelben. Wenn es nicht gering geachtet<lb/> wird, etliche und ſechzig Arten von Papageyen, hundert<lb/> und ſieben und dreiſſig Arten der Veronica u. ſ. f. aufge-<lb/> funden zu haben, ſo wird es noch viel weniger fuͤr ge-<lb/> ring geachtet werden duͤrfen, die Vernunftformen auszu-<lb/> finden; iſt nicht eine Figur des Schluſſes ein unendlich<lb/> hoͤheres, als eine Papagey- oder eine Veronica-Art?</p><lb/> <p>So ſehr es daher fuͤr nichts mehr als Rohheit an-<lb/> zuſehen iſt, die Kenntniſſe der Vernunftformen uͤberhaupt<lb/> zu verachten, ſo ſehr iſt zuzugeben, daß die gewoͤhnliche<lb/> Darſtellung des Schluſſes und ſeiner beſondern Geſtal-<lb/> tungen, nicht eine <hi rendition="#g">vernuͤnftige</hi> Erkenntniß, nicht<lb/> eine Darſtellung derſelben als <hi rendition="#g">Vernunftformen</hi> iſt,<lb/> und die ſyllogiſtiſche Weisheit ſich durch ihren Unwerth<lb/> die Geringſchaͤtzung zugezogen hat, die ſie erfuhr. Ihr<lb/> Mangel beſteht darin, daß ſie ſchlechterdings bey der<lb/><hi rendition="#g">Verſtandesform</hi> des Schluſſes ſtehen bleibt, nach<lb/> welcher die Begriffsbeſtimmungen als <hi rendition="#g">abſtracte</hi> for-<lb/> male Beſtimmungen genommen werden. Es iſt um ſo<lb/> inconſequenter, ſie als abſtracte Qualitaͤten feſt zu halten,<lb/> da im Schluſſe die <hi rendition="#g">Beziehungen</hi> derſelben das We-<lb/> ſentliche ausmachen, und die Inhaͤrenz und Subſumtion<lb/> es ſchon enthaͤlt, daß das Einzelne, weil ihm das All-<lb/> gemeine inhaͤrirt, ſelbſt allgemeines, und das Allgemeine,<lb/> weil es das Einzelne ſubſumirt, ſelbſt einzelnes iſt, und<lb/> naͤher der Schluß eben dieſe <hi rendition="#g">Einheit</hi> als <hi rendition="#g">Mitte</hi> aus-<lb/> druͤcklich ſetzt, und ſeine Beſtimmung gerade die <hi rendition="#g">Ver-<lb/> mittlung</hi> iſt, d. i. daß die Begriffsbeſtimmungen nicht<lb/> mehr wie im Urtheile ihre Aeuſſerlichkeit gegen einander,<lb/> ſondern vielmehr ihre Einheit zur Grundlage haben. —<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Es</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [160/0178]
I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.
tionsweiſen und Geſetze der Vernunft zum Gegenſtand
habe, an und fuͤr ſich vom groͤſten Intereſſe ſeyn muͤſ-
ſe, — von einem wenigſtens nicht geringerem, als die
Kenntniß der Geſetze der Natur und der beſondern Ge-
ſtaltungen derſelben. Wenn es nicht gering geachtet
wird, etliche und ſechzig Arten von Papageyen, hundert
und ſieben und dreiſſig Arten der Veronica u. ſ. f. aufge-
funden zu haben, ſo wird es noch viel weniger fuͤr ge-
ring geachtet werden duͤrfen, die Vernunftformen auszu-
finden; iſt nicht eine Figur des Schluſſes ein unendlich
hoͤheres, als eine Papagey- oder eine Veronica-Art?
So ſehr es daher fuͤr nichts mehr als Rohheit an-
zuſehen iſt, die Kenntniſſe der Vernunftformen uͤberhaupt
zu verachten, ſo ſehr iſt zuzugeben, daß die gewoͤhnliche
Darſtellung des Schluſſes und ſeiner beſondern Geſtal-
tungen, nicht eine vernuͤnftige Erkenntniß, nicht
eine Darſtellung derſelben als Vernunftformen iſt,
und die ſyllogiſtiſche Weisheit ſich durch ihren Unwerth
die Geringſchaͤtzung zugezogen hat, die ſie erfuhr. Ihr
Mangel beſteht darin, daß ſie ſchlechterdings bey der
Verſtandesform des Schluſſes ſtehen bleibt, nach
welcher die Begriffsbeſtimmungen als abſtracte for-
male Beſtimmungen genommen werden. Es iſt um ſo
inconſequenter, ſie als abſtracte Qualitaͤten feſt zu halten,
da im Schluſſe die Beziehungen derſelben das We-
ſentliche ausmachen, und die Inhaͤrenz und Subſumtion
es ſchon enthaͤlt, daß das Einzelne, weil ihm das All-
gemeine inhaͤrirt, ſelbſt allgemeines, und das Allgemeine,
weil es das Einzelne ſubſumirt, ſelbſt einzelnes iſt, und
naͤher der Schluß eben dieſe Einheit als Mitte aus-
druͤcklich ſetzt, und ſeine Beſtimmung gerade die Ver-
mittlung iſt, d. i. daß die Begriffsbeſtimmungen nicht
mehr wie im Urtheile ihre Aeuſſerlichkeit gegen einander,
ſondern vielmehr ihre Einheit zur Grundlage haben. —
Es
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |