Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 2. Nürnberg, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Kapitel. Der Chemismus.
Abstraction gespannt, eine in sich unruhige Thätigkeit,
die sich verzehrend nach aussen kehrt. Sie bezieht sich
unmittelbar auf das Object, dessen ruhige Neutrali-
tät die reale Möglichkeit ihres Gegensatzes ist; dasselbe
ist nunmehr die Mitte der vorhin bloß formalen Neu-
tralität, nun in sich selbst concret, und bestimmt.

Die nähere unmittelbare Beziehung des Extrems
der negativen Einheit auf das Object ist, daß
dieses durch sie bestimmt und hiedurch dirimirt wird.
Diese Diremtion kann zunächst für die Herstellung des
Gegensatzes der gespannten Objecte angesehen werden,
mit welchem der Chemismus begonnen. Aber diese Be-
stimmung macht nicht das andere Extrem des Schlusses
aus, sondern gehört zur unmittelbaren Beziehung des
differentiirenden Princips auf die Mitte, an der sich
dieses seine unmittelbare Realität gibt; es ist die Be-
stimmtheit, welche im disjunctiven Schlusse die Mitte,
ausser dem daß sie allgemeine Natur des Gegenstandes
ist, zugleich hat, wodurch dieser ebensowohl objective
Allgemeinheit als bestimmte Besonderheit ist. Das an-
dere Extrem
des Schlusses steht dem äussern selbst-
ständigen Extrem
der Einzelnheit gegenüber; es
ist daher das eben so selbstständige Extrem der Allge-
meinheit
; die Diremtion, welche die reale Neutrali-
tät der Mitte daher in ihm erfährt, ist, daß sie nicht
in gegeneinander differente, sondern indifferente
Momente zerlegt wird. Diese Momente sind hiemit die
abstracte, gleichgültige Basis einerseits, und das be-
geistende
Princip derselben andererseits, welches durch
seine Trennung von der Basis ebenfalls die Form gleich-
gültiger Objectivität erlangt.

Dieser disjunctive Schluß ist die Totalität des
Chemismus, in welcher dasselbe objective Ganze sowohl

als

II. Kapitel. Der Chemismus.
Abſtraction geſpannt, eine in ſich unruhige Thaͤtigkeit,
die ſich verzehrend nach auſſen kehrt. Sie bezieht ſich
unmittelbar auf das Object, deſſen ruhige Neutrali-
taͤt die reale Moͤglichkeit ihres Gegenſatzes iſt; daſſelbe
iſt nunmehr die Mitte der vorhin bloß formalen Neu-
tralitaͤt, nun in ſich ſelbſt concret, und beſtimmt.

Die naͤhere unmittelbare Beziehung des Extrems
der negativen Einheit auf das Object iſt, daß
dieſes durch ſie beſtimmt und hiedurch dirimirt wird.
Dieſe Diremtion kann zunaͤchſt fuͤr die Herſtellung des
Gegenſatzes der geſpannten Objecte angeſehen werden,
mit welchem der Chemismus begonnen. Aber dieſe Be-
ſtimmung macht nicht das andere Extrem des Schluſſes
aus, ſondern gehoͤrt zur unmittelbaren Beziehung des
differentiirenden Princips auf die Mitte, an der ſich
dieſes ſeine unmittelbare Realitaͤt gibt; es iſt die Be-
ſtimmtheit, welche im disjunctiven Schluſſe die Mitte,
auſſer dem daß ſie allgemeine Natur des Gegenſtandes
iſt, zugleich hat, wodurch dieſer ebenſowohl objective
Allgemeinheit als beſtimmte Beſonderheit iſt. Das an-
dere Extrem
des Schluſſes ſteht dem aͤuſſern ſelbſt-
ſtaͤndigen Extrem
der Einzelnheit gegenuͤber; es
iſt daher das eben ſo ſelbſtſtaͤndige Extrem der Allge-
meinheit
; die Diremtion, welche die reale Neutrali-
taͤt der Mitte daher in ihm erfaͤhrt, iſt, daß ſie nicht
in gegeneinander differente, ſondern indifferente
Momente zerlegt wird. Dieſe Momente ſind hiemit die
abſtracte, gleichguͤltige Baſis einerſeits, und das be-
geiſtende
Princip derſelben andererſeits, welches durch
ſeine Trennung von der Baſis ebenfalls die Form gleich-
guͤltiger Objectivitaͤt erlangt.

Dieſer disjunctive Schluß iſt die Totalitaͤt des
Chemismus, in welcher daſſelbe objective Ganze ſowohl

als
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0249" n="231"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">II.</hi><hi rendition="#g">Kapitel. Der Chemismus</hi>.</fw><lb/>
Ab&#x017F;traction ge&#x017F;pannt, eine in &#x017F;ich unruhige Tha&#x0364;tigkeit,<lb/>
die &#x017F;ich verzehrend nach au&#x017F;&#x017F;en kehrt. Sie bezieht &#x017F;ich<lb/><hi rendition="#g">unmittelbar</hi> auf das Object, de&#x017F;&#x017F;en ruhige Neutrali-<lb/>
ta&#x0364;t die reale Mo&#x0364;glichkeit ihres Gegen&#x017F;atzes i&#x017F;t; da&#x017F;&#x017F;elbe<lb/>
i&#x017F;t nunmehr die <hi rendition="#g">Mitte</hi> der vorhin bloß formalen Neu-<lb/>
tralita&#x0364;t, nun in &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t concret, und be&#x017F;timmt.</p><lb/>
              <p>Die na&#x0364;here unmittelbare Beziehung des <hi rendition="#g">Extrems</hi><lb/>
der <hi rendition="#g">negativen Einheit</hi> auf das Object i&#x017F;t, daß<lb/>
die&#x017F;es durch &#x017F;ie be&#x017F;timmt und hiedurch dirimirt wird.<lb/>
Die&#x017F;e Diremtion kann zuna&#x0364;ch&#x017F;t fu&#x0364;r die Her&#x017F;tellung des<lb/>
Gegen&#x017F;atzes der ge&#x017F;pannten Objecte ange&#x017F;ehen werden,<lb/>
mit welchem der Chemismus begonnen. Aber die&#x017F;e Be-<lb/>
&#x017F;timmung macht nicht das andere Extrem des Schlu&#x017F;&#x017F;es<lb/>
aus, &#x017F;ondern geho&#x0364;rt zur unmittelbaren Beziehung des<lb/>
differentiirenden Princips auf die Mitte, an der &#x017F;ich<lb/>
die&#x017F;es &#x017F;eine unmittelbare Realita&#x0364;t gibt; es i&#x017F;t die Be-<lb/>
&#x017F;timmtheit, welche im disjunctiven Schlu&#x017F;&#x017F;e die Mitte,<lb/>
au&#x017F;&#x017F;er dem daß &#x017F;ie allgemeine Natur des Gegen&#x017F;tandes<lb/>
i&#x017F;t, zugleich hat, wodurch die&#x017F;er eben&#x017F;owohl objective<lb/>
Allgemeinheit als be&#x017F;timmte Be&#x017F;onderheit i&#x017F;t. Das <hi rendition="#g">an-<lb/>
dere Extrem</hi> des Schlu&#x017F;&#x017F;es &#x017F;teht dem a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;ern <hi rendition="#g">&#x017F;elb&#x017F;t-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;ndigen Extrem</hi> der Einzelnheit gegenu&#x0364;ber; es<lb/>
i&#x017F;t daher das eben &#x017F;o &#x017F;elb&#x017F;t&#x017F;ta&#x0364;ndige Extrem der <hi rendition="#g">Allge-<lb/>
meinheit</hi>; die Diremtion, welche die reale Neutrali-<lb/>
ta&#x0364;t der Mitte daher in ihm erfa&#x0364;hrt, i&#x017F;t, daß &#x017F;ie nicht<lb/>
in gegeneinander differente, &#x017F;ondern <hi rendition="#g">indifferente</hi><lb/>
Momente zerlegt wird. Die&#x017F;e Momente &#x017F;ind hiemit die<lb/>
ab&#x017F;tracte, gleichgu&#x0364;ltige <hi rendition="#g">Ba&#x017F;is</hi> einer&#x017F;eits, und das <hi rendition="#g">be-<lb/>
gei&#x017F;tende</hi> Princip der&#x017F;elben anderer&#x017F;eits, welches durch<lb/>
&#x017F;eine Trennung von der Ba&#x017F;is ebenfalls die Form gleich-<lb/>
gu&#x0364;ltiger Objectivita&#x0364;t erlangt.</p><lb/>
              <p>Die&#x017F;er disjunctive Schluß i&#x017F;t die Totalita&#x0364;t des<lb/>
Chemismus, in welcher da&#x017F;&#x017F;elbe objective Ganze &#x017F;owohl<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">als</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[231/0249] II. Kapitel. Der Chemismus. Abſtraction geſpannt, eine in ſich unruhige Thaͤtigkeit, die ſich verzehrend nach auſſen kehrt. Sie bezieht ſich unmittelbar auf das Object, deſſen ruhige Neutrali- taͤt die reale Moͤglichkeit ihres Gegenſatzes iſt; daſſelbe iſt nunmehr die Mitte der vorhin bloß formalen Neu- tralitaͤt, nun in ſich ſelbſt concret, und beſtimmt. Die naͤhere unmittelbare Beziehung des Extrems der negativen Einheit auf das Object iſt, daß dieſes durch ſie beſtimmt und hiedurch dirimirt wird. Dieſe Diremtion kann zunaͤchſt fuͤr die Herſtellung des Gegenſatzes der geſpannten Objecte angeſehen werden, mit welchem der Chemismus begonnen. Aber dieſe Be- ſtimmung macht nicht das andere Extrem des Schluſſes aus, ſondern gehoͤrt zur unmittelbaren Beziehung des differentiirenden Princips auf die Mitte, an der ſich dieſes ſeine unmittelbare Realitaͤt gibt; es iſt die Be- ſtimmtheit, welche im disjunctiven Schluſſe die Mitte, auſſer dem daß ſie allgemeine Natur des Gegenſtandes iſt, zugleich hat, wodurch dieſer ebenſowohl objective Allgemeinheit als beſtimmte Beſonderheit iſt. Das an- dere Extrem des Schluſſes ſteht dem aͤuſſern ſelbſt- ſtaͤndigen Extrem der Einzelnheit gegenuͤber; es iſt daher das eben ſo ſelbſtſtaͤndige Extrem der Allge- meinheit; die Diremtion, welche die reale Neutrali- taͤt der Mitte daher in ihm erfaͤhrt, iſt, daß ſie nicht in gegeneinander differente, ſondern indifferente Momente zerlegt wird. Dieſe Momente ſind hiemit die abſtracte, gleichguͤltige Baſis einerſeits, und das be- geiſtende Princip derſelben andererſeits, welches durch ſeine Trennung von der Baſis ebenfalls die Form gleich- guͤltiger Objectivitaͤt erlangt. Dieſer disjunctive Schluß iſt die Totalitaͤt des Chemismus, in welcher daſſelbe objective Ganze ſowohl als

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik02_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik02_1816/249
Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 2. Nürnberg, 1816, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik02_1816/249>, abgerufen am 24.11.2024.