Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 2. Nürnberg, 1816.I. Abschnitt. Subjectivität. keit sich zu verlauffen. Wir können die Natur in derMannichfaltigkeit ihrer Gattungen und Arten, und der unendlichen Verschiedenheit ihrer Gestaltungen bewun- dern, denn die Bewunderung ist ohne Begriff, und ihr Gegenstand ist das Vernunftlose. Der Natur weil sie das Aussersichseyn des Begriffes ist, ist es frey- gegeben, in dieser Verschiedenheit sich zu ergehen, wie der Geist, ob er gleich den Begriff in der Gestalt des Begriffes hat, auch aufs Vorstellen sich einläßt, und in einer unendlichen Mannichfaltigkeit desselben sich herum- treibt. Die vielfachen Naturgattungen oder Arten müs- sen für nichts höheres geachtet werden, als die will- kührlichen Einfälle des Geistes in seinen Vorstellungen. Beyde zeigen wohl allenthalben Spuren und Ahndungen des Begriffs, aber stellen ihn nicht in treuem Abbild dar, weil sie die Seite seines freyen Aussersichseyns sind; er ist die absolute Macht gerade darum, daß er seinen Unterschied frey zur Gestalt selbstständiger Ver- schiedenheit, äusserlicher Nothwendigkeit, Zufälligkeit, Willkühr, Meynung entlassen kann, welche aber für nicht mehr als die abstracte Seite der Nichtigkeit genommen werden muß. Die Bestimmtheit des Besondern ist einfach Re-
I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt. keit ſich zu verlauffen. Wir koͤnnen die Natur in derMannichfaltigkeit ihrer Gattungen und Arten, und der unendlichen Verſchiedenheit ihrer Geſtaltungen bewun- dern, denn die Bewunderung iſt ohne Begriff, und ihr Gegenſtand iſt das Vernunftloſe. Der Natur weil ſie das Auſſerſichſeyn des Begriffes iſt, iſt es frey- gegeben, in dieſer Verſchiedenheit ſich zu ergehen, wie der Geiſt, ob er gleich den Begriff in der Geſtalt des Begriffes hat, auch aufs Vorſtellen ſich einlaͤßt, und in einer unendlichen Mannichfaltigkeit deſſelben ſich herum- treibt. Die vielfachen Naturgattungen oder Arten muͤſ- ſen fuͤr nichts hoͤheres geachtet werden, als die will- kuͤhrlichen Einfaͤlle des Geiſtes in ſeinen Vorſtellungen. Beyde zeigen wohl allenthalben Spuren und Ahndungen des Begriffs, aber ſtellen ihn nicht in treuem Abbild dar, weil ſie die Seite ſeines freyen Auſſerſichſeyns ſind; er iſt die abſolute Macht gerade darum, daß er ſeinen Unterſchied frey zur Geſtalt ſelbſtſtaͤndiger Ver- ſchiedenheit, aͤuſſerlicher Nothwendigkeit, Zufaͤlligkeit, Willkuͤhr, Meynung entlaſſen kann, welche aber fuͤr nicht mehr als die abſtracte Seite der Nichtigkeit genommen werden muß. Die Beſtimmtheit des Beſondern iſt einfach Re-
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I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.
keit ſich zu verlauffen. Wir koͤnnen die Natur in der
Mannichfaltigkeit ihrer Gattungen und Arten, und der
unendlichen Verſchiedenheit ihrer Geſtaltungen bewun-
dern, denn die Bewunderung iſt ohne Begriff,
und ihr Gegenſtand iſt das Vernunftloſe. Der Natur
weil ſie das Auſſerſichſeyn des Begriffes iſt, iſt es frey-
gegeben, in dieſer Verſchiedenheit ſich zu ergehen, wie
der Geiſt, ob er gleich den Begriff in der Geſtalt des
Begriffes hat, auch aufs Vorſtellen ſich einlaͤßt, und in
einer unendlichen Mannichfaltigkeit deſſelben ſich herum-
treibt. Die vielfachen Naturgattungen oder Arten muͤſ-
ſen fuͤr nichts hoͤheres geachtet werden, als die will-
kuͤhrlichen Einfaͤlle des Geiſtes in ſeinen Vorſtellungen.
Beyde zeigen wohl allenthalben Spuren und Ahndungen
des Begriffs, aber ſtellen ihn nicht in treuem Abbild
dar, weil ſie die Seite ſeines freyen Auſſerſichſeyns
ſind; er iſt die abſolute Macht gerade darum, daß er
ſeinen Unterſchied frey zur Geſtalt ſelbſtſtaͤndiger Ver-
ſchiedenheit, aͤuſſerlicher Nothwendigkeit, Zufaͤlligkeit,
Willkuͤhr, Meynung entlaſſen kann, welche aber fuͤr
nicht mehr als die abſtracte Seite der Nichtigkeit
genommen werden muß.
Die Beſtimmtheit des Beſondern iſt einfach
als Princip, wie wir geſehen haben, aber ſie iſt es
auch als Moment der Totalitaͤt, als Beſtimmtheit gegen
die andere Beſtimmtheit. Der Begriff, inſofern er
ſich beſtimmt oder unterſcheidet, iſt er negativ auf ſeine
Einheit gerichtet, und gibt ſich die Form eines ſeiner
ideellen Momente des Seyns; als beſtimmter Begriff
hat er ein Daſeyn uͤberhaupt. Diß Seyn hat aber
nicht mehr den Sinn der bloſſen Unmittelbarkeit,
ſondern der Allgemeinheit, der durch die abſolute Ver-
mittlung ſich ſelbſt gleichen Unmittelbarkeit, die eben ſo
ſehr auch das andere Moment, das Weſen oder die
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