Gestalt des Seyns, d. h. fasst seine Negativität nur als Gesetze desselben auf. -- Es ist hier hinreichend, die Ungültigkeit der sogenannten Denkgesetze aus der allgemeinen Natur der Sache aufgezeigt zu ha- ben. Die nähere Entwicklung gehört in die spe- culative Philosophie, worin sie sich als dasjenige zei- gen, was sie in Wahrheit sind, nemlich einzelne verschwindende Momente, deren Wahrheit nur das Ganze der denkenden Bewegung, das Wissen selbst ist.
Diese negative Einheit des Denkens ist für sich selbst, oder vielmehr sie ist das Fürsichselbstseyn, das Princip der Individualität, und in seiner Realität, thuendes Bewusstseyn. Zu ihm als der Realität jener Gesetze wird daher das beobachtende Bewusstseyn durch die Natur der Sache fortgeführt. Indem die- ser Zusammenhang nicht für es ist, so meynt es, das Denken in seinen Gesetzen bleibe ihm auf der einen Seite stehen, und auf der andern Seite erhalte es ein anderes Seyn an dem, was ihm itzt Gegenstand ist, nemlich das thuende Bewusstseyn, welches so für sich ist, dass es das Andersseyn aufhebt, und in dieser Anschauung seiner selbst als des negativen seine Wirklichkeit hat.
Es eröffnet sich also für die Beobachtung ein neues Feld an der handelnden Wirklichkeit des Bewusst- seyns. Die Psychologie enthält die Menge von Ge- tzen, nach welchen der Geist gegen die verschiede- nen Weisen seiner Wirklichkeit, als eines vorgefun-
Gestalt des Seyns, d. h. faſst seine Negativität nur als Gesetze desselben auf. — Es ist hier hinreichend, die Ungültigkeit der sogenannten Denkgesetze aus der allgemeinen Natur der Sache aufgezeigt zu ha- ben. Die nähere Entwicklung gehört in die spe- culative Philosophie, worin sie sich als dasjenige zei- gen, was sie in Wahrheit sind, nemlich einzelne verschwindende Momente, deren Wahrheit nur das Ganze der denkenden Bewegung, das Wissen selbst ist.
Diese negative Einheit des Denkens ist für sich selbst, oder vielmehr sie ist das Fürsichselbstseyn, das Princip der Individualität, und in seiner Realität, thuendes Bewuſstseyn. Zu ihm als der Realität jener Gesetze wird daher das beobachtende Bewuſstseyn durch die Natur der Sache fortgeführt. Indem die- ser Zusammenhang nicht für es ist, so meynt es, das Denken in seinen Gesetzen bleibe ihm auf der einen Seite stehen, und auf der andern Seite erhalte es ein anderes Seyn an dem, was ihm itzt Gegenstand ist, nemlich das thuende Bewuſstseyn, welches so für sich ist, daſs es das Andersseyn aufhebt, und in dieser Anschauung seiner selbst als des negativen seine Wirklichkeit hat.
Es eröffnet sich also für die Beobachtung ein neues Feld an der handelnden Wirklichkeit des Bewuſst- seyns. Die Psychologie enthält die Menge von Ge- tzen, nach welchen der Geist gegen die verschiede- nen Weisen seiner Wirklichkeit, als eines vorgefun-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0346"n="237"/>
Gestalt des <hirendition="#i">Seyns</hi>, d. h. faſst seine Negativität nur<lb/>
als <hirendition="#i">Gesetze</hi> desselben auf. — Es ist hier hinreichend,<lb/>
die Ungültigkeit der sogenannten Denkgesetze aus<lb/>
der allgemeinen Natur der Sache aufgezeigt zu ha-<lb/>
ben. Die nähere Entwicklung gehört in die spe-<lb/>
culative Philosophie, worin sie sich als dasjenige zei-<lb/>
gen, was sie in Wahrheit sind, nemlich einzelne<lb/>
verschwindende Momente, deren Wahrheit nur<lb/>
das Ganze der denkenden Bewegung, das Wissen<lb/>
selbst ist.</p><lb/><p>Diese negative Einheit des Denkens ist für sich<lb/>
selbst, oder vielmehr sie ist das <hirendition="#i">Fürsichselbstseyn</hi>, das<lb/>
Princip der Individualität, und in seiner Realität,<lb/><hirendition="#i">thuendes Bewuſstseyn</hi>. Zu ihm als der Realität jener<lb/>
Gesetze wird daher das beobachtende Bewuſstseyn<lb/>
durch die Natur der Sache fortgeführt. Indem die-<lb/>
ser Zusammenhang nicht für es ist, so meynt es,<lb/>
das Denken in seinen Gesetzen bleibe ihm auf der<lb/>
einen Seite stehen, und auf der andern Seite erhalte<lb/>
es ein anderes Seyn an dem, was ihm itzt Gegenstand<lb/>
ist, nemlich das thuende Bewuſstseyn, welches so<lb/>
für sich ist, daſs es das Andersseyn aufhebt, und in<lb/>
dieser Anschauung seiner selbst als des negativen<lb/>
seine Wirklichkeit hat.</p><lb/><p>Es eröffnet sich also für die <hirendition="#i">Beobachtung</hi> ein<lb/><hirendition="#i">neues Feld</hi> an der <hirendition="#i">handelnden Wirklichkeit des Bewuſst-<lb/>
seyns</hi>. Die Psychologie enthält die Menge von Ge-<lb/>
tzen, nach welchen der Geist gegen die verschiede-<lb/>
nen Weisen seiner Wirklichkeit, als eines <hirendition="#i">vorgefun-<lb/></hi></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[237/0346]
Gestalt des Seyns, d. h. faſst seine Negativität nur
als Gesetze desselben auf. — Es ist hier hinreichend,
die Ungültigkeit der sogenannten Denkgesetze aus
der allgemeinen Natur der Sache aufgezeigt zu ha-
ben. Die nähere Entwicklung gehört in die spe-
culative Philosophie, worin sie sich als dasjenige zei-
gen, was sie in Wahrheit sind, nemlich einzelne
verschwindende Momente, deren Wahrheit nur
das Ganze der denkenden Bewegung, das Wissen
selbst ist.
Diese negative Einheit des Denkens ist für sich
selbst, oder vielmehr sie ist das Fürsichselbstseyn, das
Princip der Individualität, und in seiner Realität,
thuendes Bewuſstseyn. Zu ihm als der Realität jener
Gesetze wird daher das beobachtende Bewuſstseyn
durch die Natur der Sache fortgeführt. Indem die-
ser Zusammenhang nicht für es ist, so meynt es,
das Denken in seinen Gesetzen bleibe ihm auf der
einen Seite stehen, und auf der andern Seite erhalte
es ein anderes Seyn an dem, was ihm itzt Gegenstand
ist, nemlich das thuende Bewuſstseyn, welches so
für sich ist, daſs es das Andersseyn aufhebt, und in
dieser Anschauung seiner selbst als des negativen
seine Wirklichkeit hat.
Es eröffnet sich also für die Beobachtung ein
neues Feld an der handelnden Wirklichkeit des Bewuſst-
seyns. Die Psychologie enthält die Menge von Ge-
tzen, nach welchen der Geist gegen die verschiede-
nen Weisen seiner Wirklichkeit, als eines vorgefun-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/346>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.