sich also wohl in beyden Seiten als die Macht ihrer Bewegung dar, aber die Existenz dieser Macht ist nur die allgemeine Verkehrung.
Von der Tugend soll es nun seine wahrhafte Wirklichkeit erhalten, durch das Aufheben der In- dividualität, des Princips der Verkehrung; ihr Zweck ist, hiedurch den verkehrten Weltlauff wieder zu verkehren und sein wahres Wesen hervorzubrin- gen. Diss wahre Wesen ist an dem Weltlauffe nur erst als sein Ansich, es ist noch nicht wirklich; und die Tugend glaubt es daher nur. Diesen Glauben geht sie zum Schauen zu erheben, ohne aber der Früchte ihrer Arbeit und Aufopferung zu geniessen. Denn insofern sie Individualität ist, ist sie das Thun des Kampfes, den sie mit dem Weltlauffe eingeht; ihr Zweck und wahres Wesen aber ist die Besie- gung der Wirklichkeit des Weltlauffs; die dadurch bewirkte Existenz des Guten, ist hiemit das Auf- hören ihres Thuns, oder des Bewusstseyns der Indi- vidualität. -- Wie dieser Kampf selbst bestanden werde, was die Tugend in ihm erfährt, ob durch die Aufopferung, welche sie über sich nimmt, der Weltlauff unterliege, die Tugend aber siege, -- diss muss sich aus der Natur der lebendigen Waffen entscheiden, welche die Kämpfer führen. Denn die Waffen sind nichts anderes, als das Wesen der Kämpfer selbst, das nur für sie beyde gegenseitig hervortritt. Ihre Waffen haben sich hiemit schon aus dem ergeben, was an sich in diesem Kampfe vorhanden ist.
sich also wohl in beyden Seiten als die Macht ihrer Bewegung dar, aber die Existenz dieser Macht ist nur die allgemeine Verkehrung.
Von der Tugend soll es nun seine wahrhafte Wirklichkeit erhalten, durch das Aufheben der In- dividualität, des Princips der Verkehrung; ihr Zweck ist, hiedurch den verkehrten Weltlauff wieder zu verkehren und sein wahres Wesen hervorzubrin- gen. Diſs wahre Wesen ist an dem Weltlauffe nur erst als sein Ansich, es ist noch nicht wirklich; und die Tugend glaubt es daher nur. Diesen Glauben geht sie zum Schauen zu erheben, ohne aber der Früchte ihrer Arbeit und Aufopferung zu genieſsen. Denn insofern sie Individualität ist, ist sie das Thun des Kampfes, den sie mit dem Weltlauffe eingeht; ihr Zweck und wahres Wesen aber ist die Besie- gung der Wirklichkeit des Weltlauffs; die dadurch bewirkte Existenz des Guten, ist hiemit das Auf- hören ihres Thuns, oder des Bewuſstseyns der Indi- vidualität. — Wie dieser Kampf selbst bestanden werde, was die Tugend in ihm erfährt, ob durch die Aufopferung, welche sie über sich nimmt, der Weltlauff unterliege, die Tugend aber siege, — diſs muſs sich aus der Natur der lebendigen Waffen entscheiden, welche die Kämpfer führen. Denn die Waffen sind nichts anderes, als das Wesen der Kämpfer selbst, das nur für sie beyde gegenseitig hervortritt. Ihre Waffen haben sich hiemit schon aus dem ergeben, was an sich in diesem Kampfe vorhanden ist.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0429"n="320"/>
sich also wohl in beyden Seiten als die Macht ihrer<lb/>
Bewegung dar, aber die <hirendition="#i">Existenz</hi> dieser Macht ist<lb/>
nur die allgemeine Verkehrung.</p><lb/><p>Von der Tugend soll es nun seine wahrhafte<lb/>
Wirklichkeit erhalten, durch das Aufheben der In-<lb/>
dividualität, des Princips der Verkehrung; ihr Zweck<lb/>
ist, hiedurch den verkehrten Weltlauff wieder zu<lb/>
verkehren und sein wahres Wesen hervorzubrin-<lb/>
gen. Diſs wahre Wesen ist an dem Weltlauffe nur<lb/>
erst als sein <hirendition="#i">Ansich</hi>, es ist noch nicht wirklich; und<lb/>
die Tugend <hirendition="#i">glaubt</hi> es daher nur. Diesen Glauben<lb/>
geht sie zum Schauen zu erheben, ohne aber der<lb/>
Früchte ihrer Arbeit und Aufopferung zu genieſsen.<lb/>
Denn insofern sie <hirendition="#i">Individualität</hi> ist, ist sie das <hirendition="#i">Thun</hi><lb/>
des Kampfes, den sie mit dem Weltlauffe eingeht;<lb/>
ihr Zweck und wahres Wesen aber ist die Besie-<lb/>
gung der Wirklichkeit des Weltlauffs; die dadurch<lb/>
bewirkte Existenz des Guten, ist hiemit das Auf-<lb/>
hören ihres <hirendition="#i">Thuns</hi>, oder des <hirendition="#i">Bewuſst</hi>seyns der Indi-<lb/>
vidualität. — Wie dieser Kampf selbst bestanden<lb/>
werde, was die Tugend in ihm erfährt, ob durch<lb/>
die Aufopferung, welche sie über sich nimmt, der<lb/>
Weltlauff unterliege, die Tugend aber siege, — diſs<lb/>
muſs sich aus der Natur der lebendigen <hirendition="#i">Waffen</hi><lb/>
entscheiden, welche die Kämpfer führen. Denn<lb/>
die Waffen sind nichts anderes, als das <hirendition="#i">Wesen</hi> der<lb/>
Kämpfer selbst, das nur für sie beyde gegenseitig<lb/>
hervortritt. Ihre Waffen haben sich hiemit schon<lb/>
aus dem ergeben, was an sich in diesem Kampfe<lb/>
vorhanden ist.</p><lb/></div></div></div></div></body></text></TEI>
[320/0429]
sich also wohl in beyden Seiten als die Macht ihrer
Bewegung dar, aber die Existenz dieser Macht ist
nur die allgemeine Verkehrung.
Von der Tugend soll es nun seine wahrhafte
Wirklichkeit erhalten, durch das Aufheben der In-
dividualität, des Princips der Verkehrung; ihr Zweck
ist, hiedurch den verkehrten Weltlauff wieder zu
verkehren und sein wahres Wesen hervorzubrin-
gen. Diſs wahre Wesen ist an dem Weltlauffe nur
erst als sein Ansich, es ist noch nicht wirklich; und
die Tugend glaubt es daher nur. Diesen Glauben
geht sie zum Schauen zu erheben, ohne aber der
Früchte ihrer Arbeit und Aufopferung zu genieſsen.
Denn insofern sie Individualität ist, ist sie das Thun
des Kampfes, den sie mit dem Weltlauffe eingeht;
ihr Zweck und wahres Wesen aber ist die Besie-
gung der Wirklichkeit des Weltlauffs; die dadurch
bewirkte Existenz des Guten, ist hiemit das Auf-
hören ihres Thuns, oder des Bewuſstseyns der Indi-
vidualität. — Wie dieser Kampf selbst bestanden
werde, was die Tugend in ihm erfährt, ob durch
die Aufopferung, welche sie über sich nimmt, der
Weltlauff unterliege, die Tugend aber siege, — diſs
muſs sich aus der Natur der lebendigen Waffen
entscheiden, welche die Kämpfer führen. Denn
die Waffen sind nichts anderes, als das Wesen der
Kämpfer selbst, das nur für sie beyde gegenseitig
hervortritt. Ihre Waffen haben sich hiemit schon
aus dem ergeben, was an sich in diesem Kampfe
vorhanden ist.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/429>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.