Diss ist der Begriff, welchen das Bewusstseyn, das sich seiner als absoluter Durchdringung der In- dividualität und des Seyns gewiss ist, von sich macht; sehen wir, ob er sich ihm durch die Er- fahrung bestätigt, und seine Realität damit überein- stimmt. Das Werk ist die Realität, welche das Be- wusstseyn sich gibt; es ist dasjenige, worin das In- dividuum das für es ist, was es an sich ist, und so dass das Bewusstseyn, für welches es in dem Werke wird, nicht das besondere, sondern das allgemeine Bewusstseyn ist; es hat sich im Werke überhaupt in das Element der Allgemeinheit, in den bestimmt- heitslosen Raum des Seyns hinausgestellt. Das von seinem Werke zurücktretende Bewusstseyn ist in der That das allgemeine, -- weil es die absolute Negativi- tät oder das Thun in diesem Gegensatze wird, -- gegen sein Werk, welches das bestimmte ist; es geht also über sich als Werk hinaus, und ist selbst der bestimmtheitslose Raum, der sich von seinem Werke nicht erfüllt findet. Wenn vorhin im Be- griffe sich doch ihre Einheit erhielt, so geschah diss ebendadurch, dass das Werk als seyendes Werk auf- gehoben wurde. Aber es soll seyn, und es ist zu sehen, wie in seinem Seyn die Individualität seine Allgemeinheit erhalten, und sich zu befriedigen wis- sen wird. -- Zunächst ist das gewordene Werk für sich zu betrachten. Es hat die ganze Natur der Individualität mitempfangen; sein Seyn ist daher selbst ein Thun, worin sich alle Unterschiede durch-
Diſs ist der Begriff, welchen das Bewuſstseyn, das sich seiner als absoluter Durchdringung der In- dividualität und des Seyns gewiſs ist, von sich macht; sehen wir, ob er sich ihm durch die Er- fahrung bestätigt, und seine Realität damit überein- stimmt. Das Werk ist die Realität, welche das Be- wuſstseyn sich gibt; es ist dasjenige, worin das In- dividuum das für es ist, was es an sich ist, und so daſs das Bewuſstseyn, für welches es in dem Werke wird, nicht das besondere, sondern das allgemeine Bewuſstseyn ist; es hat sich im Werke überhaupt in das Element der Allgemeinheit, in den bestimmt- heitslosen Raum des Seyns hinausgestellt. Das von seinem Werke zurücktretende Bewuſstseyn ist in der That das allgemeine, — weil es die absolute Negativi- tät oder das Thun in diesem Gegensatze wird, — gegen sein Werk, welches das bestimmte ist; es geht also über sich als Werk hinaus, und ist selbst der bestimmtheitslose Raum, der sich von seinem Werke nicht erfüllt findet. Wenn vorhin im Be- griffe sich doch ihre Einheit erhielt, so geschah diſs ebendadurch, daſs das Werk als seyendes Werk auf- gehoben wurde. Aber es soll seyn, und es ist zu sehen, wie in seinem Seyn die Individualität seine Allgemeinheit erhalten, und sich zu befriedigen wis- sen wird. — Zunächst ist das gewordene Werk für sich zu betrachten. Es hat die ganze Natur der Individualität mitempfangen; sein Seyn ist daher selbst ein Thun, worin sich alle Unterschiede durch-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><pbfacs="#f0451"n="342"/><p>Diſs ist der Begriff, welchen das Bewuſstseyn,<lb/>
das sich seiner als absoluter Durchdringung der In-<lb/>
dividualität und des Seyns gewiſs ist, von sich<lb/>
macht; sehen wir, ob er sich ihm durch die Er-<lb/>
fahrung bestätigt, und seine Realität damit überein-<lb/>
stimmt. Das Werk ist die Realität, welche das Be-<lb/>
wuſstseyn sich gibt; es ist dasjenige, worin das In-<lb/>
dividuum das für es ist, was es <hirendition="#i">an sich</hi> ist, und so<lb/>
daſs das Bewuſstseyn, <hirendition="#i">für welches</hi> es in dem Werke<lb/>
wird, nicht das besondere, sondern das <hirendition="#i">allgemeine</hi><lb/>
Bewuſstseyn ist; es hat sich im Werke überhaupt<lb/>
in das Element der Allgemeinheit, in den bestimmt-<lb/>
heitslosen Raum des Seyns hinausgestellt. Das von<lb/>
seinem Werke zurücktretende Bewuſstseyn ist in der<lb/>
That das allgemeine, — weil es die <hirendition="#i">absolute Negativi-<lb/>
tät</hi> oder das Thun in diesem Gegensatze wird, —<lb/>
gegen sein Werk, welches das <hirendition="#i">bestimmte</hi> ist; es<lb/>
geht also über sich als Werk hinaus, und ist selbst<lb/>
der bestimmtheitslose Raum, der sich von seinem<lb/>
Werke nicht erfüllt findet. Wenn vorhin im Be-<lb/>
griffe sich doch ihre Einheit erhielt, so geschah diſs<lb/>
ebendadurch, daſs das Werk als <hirendition="#i">seyendes</hi> Werk auf-<lb/>
gehoben wurde. Aber es soll <hirendition="#i">seyn</hi>, und es ist zu<lb/>
sehen, wie in seinem <hirendition="#i">Seyn</hi> die Individualität seine<lb/>
Allgemeinheit erhalten, und sich zu befriedigen wis-<lb/>
sen wird. — Zunächst ist das gewordene Werk für<lb/>
sich zu betrachten. Es hat die ganze Natur der<lb/>
Individualität mitempfangen; sein <hirendition="#i">Seyn</hi> ist daher<lb/>
selbst ein Thun, worin sich alle Unterschiede durch-<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[342/0451]
Diſs ist der Begriff, welchen das Bewuſstseyn,
das sich seiner als absoluter Durchdringung der In-
dividualität und des Seyns gewiſs ist, von sich
macht; sehen wir, ob er sich ihm durch die Er-
fahrung bestätigt, und seine Realität damit überein-
stimmt. Das Werk ist die Realität, welche das Be-
wuſstseyn sich gibt; es ist dasjenige, worin das In-
dividuum das für es ist, was es an sich ist, und so
daſs das Bewuſstseyn, für welches es in dem Werke
wird, nicht das besondere, sondern das allgemeine
Bewuſstseyn ist; es hat sich im Werke überhaupt
in das Element der Allgemeinheit, in den bestimmt-
heitslosen Raum des Seyns hinausgestellt. Das von
seinem Werke zurücktretende Bewuſstseyn ist in der
That das allgemeine, — weil es die absolute Negativi-
tät oder das Thun in diesem Gegensatze wird, —
gegen sein Werk, welches das bestimmte ist; es
geht also über sich als Werk hinaus, und ist selbst
der bestimmtheitslose Raum, der sich von seinem
Werke nicht erfüllt findet. Wenn vorhin im Be-
griffe sich doch ihre Einheit erhielt, so geschah diſs
ebendadurch, daſs das Werk als seyendes Werk auf-
gehoben wurde. Aber es soll seyn, und es ist zu
sehen, wie in seinem Seyn die Individualität seine
Allgemeinheit erhalten, und sich zu befriedigen wis-
sen wird. — Zunächst ist das gewordene Werk für
sich zu betrachten. Es hat die ganze Natur der
Individualität mitempfangen; sein Seyn ist daher
selbst ein Thun, worin sich alle Unterschiede durch-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/451>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.