telbar gebraucht zu werden. Aber so ganz nur nach der Zufälligkeit für das Bedürfniss zu sorgen, ist der Natur des bewussten Wesens, von dem allein die Rede ist, widersprechend; denn es muss sich sein Bedürfniss in der Form der Allgemeinheit vorstellen, für seine ganze Existenz sorgen, und sich ein blei- bendes Gut erwerben. So stimmte also der Gedanke, dass ein Ding dem nächsten selbstbewussten Leben nach seinem Bedürfnisse zufälligerweise zu Theil werde, nicht mit sich selbst überein. -- In der Gütergemeinschafft, worin auf eine allgemeine und bleibende Weise dafür gesorgt wäre, wird jedem entweder soviel zu Theil, als er braucht, so wider- spricht diese Ungleichheit und das Wesen des Be- wusstseyns, dem die Gleichheit der Einzelnen Prin- cip ist, einander. Oder es wird nach dem letztern Princip gleich ausgetheilt, so hat der Antheil nicht die Beziehung auf das Bedürfniss, welche doch al- lein sein Begriff ist.
Allein wenn auf diese Weise das Nichteigen- thum widersprechend erscheint, so geschieht es nur darum, weil es nicht als einfache Bestimmtheit ge- lassen worden ist. Dem Eigenthum geht es ebenso, wenn es in Momente aufgelöst wird. Das einzelne Ding, das mein Eigenthum ist, gilt damit für ein allgemeines, befestigtes, bleibendes; diss widerspricht aber seiner Natur, die darin besteht, gebraucht zu werden und zu verschwinden. Es gilt zugleich für das Meinige, das alle andern anerkennen, und sich
telbar gebraucht zu werden. Aber so ganz nur nach der Zufälligkeit für das Bedürfniſs zu sorgen, ist der Natur des bewuſsten Wesens, von dem allein die Rede ist, widersprechend; denn es muſs sich sein Bedürfniſs in der Form der Allgemeinheit vorstellen, für seine ganze Existenz sorgen, und sich ein blei- bendes Gut erwerben. So stimmte also der Gedanke, daſs ein Ding dem nächsten selbstbewuſsten Leben nach seinem Bedürfnisse zufälligerweise zu Theil werde, nicht mit sich selbst überein. — In der Gütergemeinschafft, worin auf eine allgemeine und bleibende Weise dafür gesorgt wäre, wird jedem entweder soviel zu Theil, als er braucht, so wider- spricht diese Ungleichheit und das Wesen des Be- wuſstseyns, dem die Gleichheit der Einzelnen Prin- cip ist, einander. Oder es wird nach dem letztern Princip gleich ausgetheilt, so hat der Antheil nicht die Beziehung auf das Bedürfniſs, welche doch al- lein sein Begriff ist.
Allein wenn auf diese Weise das Nichteigen- thum widersprechend erscheint, so geschieht es nur darum, weil es nicht als einfache Bestimmtheit ge- lassen worden ist. Dem Eigenthum geht es ebenso, wenn es in Momente aufgelöst wird. Das einzelne Ding, das mein Eigenthum ist, gilt damit für ein allgemeines, befestigtes, bleibendes; diſs widerspricht aber seiner Natur, die darin besteht, gebraucht zu werden und zu verschwinden. Es gilt zugleich für das Meinige, das alle andern anerkennen, und sich
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telbar gebraucht zu werden. Aber so ganz nur nach
der Zufälligkeit für das Bedürfniſs zu sorgen, ist der
Natur des bewuſsten Wesens, von dem allein die
Rede ist, widersprechend; denn es muſs sich sein
Bedürfniſs in der Form der Allgemeinheit vorstellen,
für seine ganze Existenz sorgen, und sich ein blei-
bendes Gut erwerben. So stimmte also der Gedanke,
daſs ein Ding dem nächsten selbstbewuſsten Leben
nach seinem Bedürfnisse zufälligerweise zu Theil
werde, nicht mit sich selbst überein. — In der
Gütergemeinschafft, worin auf eine allgemeine und
bleibende Weise dafür gesorgt wäre, wird jedem
entweder soviel zu Theil, als er braucht, so wider-
spricht diese Ungleichheit und das Wesen des Be-
wuſstseyns, dem die Gleichheit der Einzelnen Prin-
cip ist, einander. Oder es wird nach dem letztern
Princip gleich ausgetheilt, so hat der Antheil nicht
die Beziehung auf das Bedürfniſs, welche doch al-
lein sein Begriff ist.
Allein wenn auf diese Weise das Nichteigen-
thum widersprechend erscheint, so geschieht es nur
darum, weil es nicht als einfache Bestimmtheit ge-
lassen worden ist. Dem Eigenthum geht es ebenso,
wenn es in Momente aufgelöst wird. Das einzelne
Ding, das mein Eigenthum ist, gilt damit für ein
allgemeines, befestigtes, bleibendes; diſs widerspricht
aber seiner Natur, die darin besteht, gebraucht zu
werden und zu verschwinden. Es gilt zugleich für
das Meinige, das alle andern anerkennen, und sich
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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/477>, abgerufen am 22.11.2024.
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