danks u. s. f., die in der Weise des gedankenlosen Zufalls als ein unbegriffner Zusammenhang und ein bewusstloses Thun und Unterlassen das Gericht voll- brächte, sondern als Gerechtigkeit des menschlichen Rechts, welche das aus dem Gleichgewichte tretende Fürsichseyn, die Selbstständigkeit der Stände und In- dividuen in das Allgemeine zurückbringt, ist sie die Regierung des Volks, welche die sich gegenwärtige Individualität des allgemeinen Wesens und der eigne selbstbewusste Willen Aller ist. -- Die Gerechtig- keit aber, welche das über den Einzelnen übermäch- tig werdende Allgemeine zum Gleichgewichte zu- rückbringt, ist ebenso der einfache Geist desjenigen, der Unrecht erlitten; -- nicht zersetzt in ihn, der es erlitten, und ein jenseitiges Wesen; er selbst ist die unterirrdische Macht, und es ist seine Erinnye, wel- che die Rache betreibt; denn seine Individualität, sein Blut, lebt im Hause fort; seine Substanz hat eine dauernde Wirklichkeit. Das Unrecht, welches im Reiche der Sittlichkeit dem Einzelnen zugefügt wer- den kann, ist nur dieses, dass ihm rein etwas ge- schieht. Die Macht, welche diss Unrecht an dem Be- wusstseyn verübt, es zu einem reinen Dinge zu ma- chen, ist die Natur, es ist die Allgemeinheit nicht des Gemeinwesens, sondern die abstracte des Seyns; und die Einzelnheit wendet sich in der Auflösung des erlittenen Unrechts nicht gegen jenes, denn von ihm hat es nicht gelitten, sondern gegen dieses. Das Bewusstseyn des Bluts des Individuums löst diss Un-
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danks u. s. f., die in der Weise des gedankenlosen Zufalls als ein unbegriffner Zusammenhang und ein bewuſstloses Thun und Unterlassen das Gericht voll- brächte, sondern als Gerechtigkeit des menschlichen Rechts, welche das aus dem Gleichgewichte tretende Fürsichseyn, die Selbstständigkeit der Stände und In- dividuen in das Allgemeine zurückbringt, ist sie die Regierung des Volks, welche die sich gegenwärtige Individualität des allgemeinen Wesens und der eigne selbstbewuſste Willen Aller ist. — Die Gerechtig- keit aber, welche das über den Einzelnen übermäch- tig werdende Allgemeine zum Gleichgewichte zu- rückbringt, ist ebenso der einfache Geist desjenigen, der Unrecht erlitten; — nicht zersetzt in ihn, der es erlitten, und ein jenseitiges Wesen; er selbst ist die unterirrdische Macht, und es ist seine Erinnye, wel- che die Rache betreibt; denn seine Individualität, sein Blut, lebt im Hause fort; seine Substanz hat eine dauernde Wirklichkeit. Das Unrecht, welches im Reiche der Sittlichkeit dem Einzelnen zugefügt wer- den kann, ist nur dieses, daſs ihm rein etwas ge- schieht. Die Macht, welche diſs Unrecht an dem Be- wuſstseyn verübt, es zu einem reinen Dinge zu ma- chen, ist die Natur, es ist die Allgemeinheit nicht des Gemeinwesens, sondern die abstracte des Seyns; und die Einzelnheit wendet sich in der Auflösung des erlittenen Unrechts nicht gegen jenes, denn von ihm hat es nicht gelitten, sondern gegen dieses. Das Bewuſstseyn des Bluts des Individuums löst diſs Un-
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danks u. s. f., die in der Weise des gedankenlosen
Zufalls als ein unbegriffner Zusammenhang und ein
bewuſstloses Thun und Unterlassen das Gericht voll-
brächte, sondern als Gerechtigkeit des menschlichen
Rechts, welche das aus dem Gleichgewichte tretende
Fürsichseyn, die Selbstständigkeit der Stände und In-
dividuen in das Allgemeine zurückbringt, ist sie die
Regierung des Volks, welche die sich gegenwärtige
Individualität des allgemeinen Wesens und der eigne
selbstbewuſste Willen Aller ist. — Die Gerechtig-
keit aber, welche das über den Einzelnen übermäch-
tig werdende Allgemeine zum Gleichgewichte zu-
rückbringt, ist ebenso der einfache Geist desjenigen,
der Unrecht erlitten; — nicht zersetzt in ihn, der es
erlitten, und ein jenseitiges Wesen; er selbst ist die
unterirrdische Macht, und es ist seine Erinnye, wel-
che die Rache betreibt; denn seine Individualität,
sein Blut, lebt im Hause fort; seine Substanz hat
eine dauernde Wirklichkeit. Das Unrecht, welches im
Reiche der Sittlichkeit dem Einzelnen zugefügt wer-
den kann, ist nur dieses, daſs ihm rein etwas ge-
schieht. Die Macht, welche diſs Unrecht an dem Be-
wuſstseyn verübt, es zu einem reinen Dinge zu ma-
chen, ist die Natur, es ist die Allgemeinheit nicht
des Gemeinwesens, sondern die abstracte des Seyns;
und die Einzelnheit wendet sich in der Auflösung
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ihm hat es nicht gelitten, sondern gegen dieses. Das
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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 401. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/510>, abgerufen am 22.11.2024.
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