ist verschwunden, und es tritt eine andere an ihre Stelle.
Dieser Untergang der sittlichen Substanz, und ihr Uebergang in eine andere Gestalt ist also dadurch bestimmt, dass das sittliche Bewusstseyn auf das Gesetz wesentlich unmittelbar gerichtet ist; in dieser Bestimmung der Unmittelbarkeit liegt, dass in die Handlung der Sittlichkeit die Natur überhaupt her- einkommt. Ihre Wirklichkeit offenbart nur den Widerspruch und den Keim des Verderbens, den die schöne Einmüthigkeit und das ruhige Gleichgewicht des sittlichen Geistes eben an dieser Ruhe und Schön- heit selbst hat; denn die Unmittelbarkeit hat die widersprechende Bedeutung, die bewusstlose Ruhe der Natur, und die selbstbewusste unruhige Ruhe des Geistes zu seyn. -- Um dieser Natürlichkeit willen ist überhaupt dieses sittliche Volk eine durch die Natur bestimmte und daher beschränkte Indivi- dualität, und findet also ihre Aufhebung an einer andern. Indem aber diese Bestimmtheit, die im Da- seyn gesetzt, Beschränkung, aber ebenso das Nega- tive überhaupt, und das Selbst der Individualität ist, -- verschwindet, ist das Leben des Geistes und diese in Allen ihrer selbstbewusste Substanz, verlo- ren. Sie tritt als eine formelle Allgemeinheit an ihnen heraus, ist ihnen nicht mehr als lebendiger Geist in- wohnend, sondern die einfache Gediegenheit ihrer Individualität ist in viele Punkte zersprungen.
ist verschwunden, und es tritt eine andere an ihre Stelle.
Dieser Untergang der sittlichen Substanz, und ihr Uebergang in eine andere Gestalt ist also dadurch bestimmt, daſs das sittliche Bewuſstseyn auf das Gesetz wesentlich unmittelbar gerichtet ist; in dieser Bestimmung der Unmittelbarkeit liegt, daſs in die Handlung der Sittlichkeit die Natur überhaupt her- einkommt. Ihre Wirklichkeit offenbart nur den Widerspruch und den Keim des Verderbens, den die schöne Einmüthigkeit und das ruhige Gleichgewicht des sittlichen Geistes eben an dieser Ruhe und Schön- heit selbst hat; denn die Unmittelbarkeit hat die widersprechende Bedeutung, die bewuſstlose Ruhe der Natur, und die selbstbewuſste unruhige Ruhe des Geistes zu seyn. — Um dieser Natürlichkeit willen ist überhaupt dieses sittliche Volk eine durch die Natur bestimmte und daher beschränkte Indivi- dualität, und findet also ihre Aufhebung an einer andern. Indem aber diese Bestimmtheit, die im Da- seyn gesetzt, Beschränkung, aber ebenso das Nega- tive überhaupt, und das Selbst der Individualität ist, — verschwindet, ist das Leben des Geistes und diese in Allen ihrer selbstbewuſste Substanz, verlo- ren. Sie tritt als eine formelle Allgemeinheit an ihnen heraus, ist ihnen nicht mehr als lebendiger Geist in- wohnend, sondern die einfache Gediegenheit ihrer Individualität ist in viele Punkte zersprungen.
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ist verschwunden, und es tritt eine andere an ihre
Stelle.
Dieser Untergang der sittlichen Substanz, und
ihr Uebergang in eine andere Gestalt ist also dadurch
bestimmt, daſs das sittliche Bewuſstseyn auf das
Gesetz wesentlich unmittelbar gerichtet ist; in dieser
Bestimmung der Unmittelbarkeit liegt, daſs in die
Handlung der Sittlichkeit die Natur überhaupt her-
einkommt. Ihre Wirklichkeit offenbart nur den
Widerspruch und den Keim des Verderbens, den die
schöne Einmüthigkeit und das ruhige Gleichgewicht
des sittlichen Geistes eben an dieser Ruhe und Schön-
heit selbst hat; denn die Unmittelbarkeit hat die
widersprechende Bedeutung, die bewuſstlose Ruhe
der Natur, und die selbstbewuſste unruhige Ruhe
des Geistes zu seyn. — Um dieser Natürlichkeit
willen ist überhaupt dieses sittliche Volk eine durch
die Natur bestimmte und daher beschränkte Indivi-
dualität, und findet also ihre Aufhebung an einer
andern. Indem aber diese Bestimmtheit, die im Da-
seyn gesetzt, Beschränkung, aber ebenso das Nega-
tive überhaupt, und das Selbst der Individualität
ist, — verschwindet, ist das Leben des Geistes und
diese in Allen ihrer selbstbewuſste Substanz, verlo-
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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/530>, abgerufen am 22.11.2024.
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