sinnliche Wirklichkeit; eine sinnliche Wirklichkeit aber bleibt gleichgültig gegen die andre, und das Jenseits hat nur die Bestimmung der Entfernung in Raum und Zeit noch dazu erhalten. -- Der Be- griff aber, die sich selbst gegenwärtige Wirklichkeit des Geistes, bleibt im glaubenden Bewusstseyn das Innre, welches Alles ist und wirkt, aber nicht selbst hervortritt.
In der reinen Einsicht aber ist der Begriff das allein wirkliche; und diese dritte Seite des Glaubens, Gegenstand für die reine Einsicht zu seyn, ist das eigentliche Verhältniss, in welchem er hier auftritt. -- Die reine Einsicht selbst ist ebenso theils an und für sich, theils im Verhältnisse zur wirklichen Welt, insofern sie noch positiv, nemlich als eitles Bewusst- seyn, vorhanden ist, theils endlich in jenem Ver- hältnisse zum Glauben zu betrachten.
Was die reine Einsicht an und für sich ist, ha- ben wir gesehen; wie der Glauben das ruhige reine Bewusstseyn des Geistes, als des Wesens, so ist sie das Selbstbewusstseyn desselben; sie weiss das Wesen daher nicht als Wesen, sondern als absolutes Selbst. Sie geht also darauf, alle dem Selbstbewusstseyn andre Selbstständigkeit, es sey des Wirklichen oder Ansich- seyenden, aufzuheben, und sie zum Begriffe zu ma- chen. Sie ist nicht nur die Gewissheit der selbstbe- wussten Vernunft, alle Wahrheit zu seyn; sondern sie weiss, dass sie diss ist.
H h 2
sinnliche Wirklichkeit; eine sinnliche Wirklichkeit aber bleibt gleichgültig gegen die andre, und das Jenseits hat nur die Bestimmung der Entfernung in Raum und Zeit noch dazu erhalten. — Der Be- griff aber, die sich selbſt gegenwärtige Wirklichkeit des Geiſtes, bleibt im glaubenden Bewuſstseyn das Innre, welches Alles ist und wirkt, aber nicht selbſt hervortritt.
In der reinen Einsicht aber ist der Begriff das allein wirkliche; und dieſe dritte Seite des Glaubens, Gegenſtand für die reine Einsicht zu ſeyn, ist das eigentliche Verhältniſs, in welchem er hier auftritt. — Die reine Einsicht selbſt ist ebenso theils an und für sich, theils im Verhältniſſe zur wirklichen Welt, insofern sie noch positiv, nemlich als eitles Bewuſst- seyn, vorhanden ist, theils endlich in jenem Ver- hältniſſe zum Glauben zu betrachten.
Was die reine Einsicht an und für sich ist, ha- ben wir gesehen; wie der Glauben das ruhige reine Bewuſstseyn des Geistes, als des Wesens, so ist sie das Selbstbewuſstseyn deſſelben; sie weiſs das Wesen daher nicht als Wesen, sondern als absolutes Selbſt. Sie geht also darauf, alle dem Selbstbewuſstseyn andre Selbstständigkeit, es sey des Wirklichen oder Ansich- seyenden, aufzuheben, und sie zum Begriffe zu ma- chen. Sie ist nicht nur die Gewiſsheit der selbstbe- wuſsten Vernunft, alle Wahrheit zu seyn; sondern sie weiſs, daſs sie diſs ist.
H h 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><p><pbfacs="#f0592"n="483"/>
sinnliche Wirklichkeit; eine sinnliche Wirklichkeit<lb/>
aber bleibt gleichgültig gegen die andre, und<lb/>
das Jenseits hat nur die Bestimmung der Entfernung<lb/>
in Raum und Zeit noch dazu erhalten. — Der Be-<lb/>
griff aber, die sich selbſt gegenwärtige Wirklichkeit<lb/>
des Geiſtes, bleibt im glaubenden Bewuſstseyn das<lb/><hirendition="#i">Innre</hi>, welches Alles ist und wirkt, aber nicht selbſt<lb/>
hervortritt.</p><lb/><p>In der <hirendition="#i">reinen Einsicht</hi> aber ist der Begriff das<lb/>
allein wirkliche; und dieſe dritte Seite des Glaubens,<lb/>
Gegenſtand für die reine Einsicht zu ſeyn, ist das<lb/>
eigentliche Verhältniſs, in welchem er hier auftritt. —<lb/>
Die reine Einsicht selbſt ist ebenso theils an und für<lb/>
sich, theils im Verhältniſſe zur wirklichen Welt,<lb/>
insofern sie noch positiv, nemlich als eitles Bewuſst-<lb/>
seyn, vorhanden ist, theils endlich in jenem Ver-<lb/>
hältniſſe zum Glauben zu betrachten.</p><lb/><p>Was die reine Einsicht an und für sich ist, ha-<lb/>
ben wir gesehen; wie der Glauben das ruhige reine<lb/><hirendition="#i">Bewuſstseyn</hi> des Geistes, als des <hirendition="#i">Wesens</hi>, so ist sie<lb/>
das <hirendition="#i">Selbst</hi>bewuſstseyn deſſelben; sie weiſs das Wesen<lb/>
daher nicht als <hirendition="#i">Wesen</hi>, sondern als absolutes <hirendition="#i">Selbſt</hi>.<lb/>
Sie geht also darauf, alle dem Selbstbewuſstseyn <hirendition="#i">andre</hi><lb/>
Selbstständigkeit, es sey des Wirklichen oder <hirendition="#i">Ansich</hi>-<lb/>
seyenden, aufzuheben, und sie zum <hirendition="#i">Begriffe</hi> zu ma-<lb/>
chen. Sie ist nicht nur die Gewiſsheit der selbstbe-<lb/>
wuſsten Vernunft, alle Wahrheit zu seyn; sondern<lb/>
sie <hirendition="#i">weiſs</hi>, daſs sie diſs ist.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">H h 2</fw><lb/></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[483/0592]
sinnliche Wirklichkeit; eine sinnliche Wirklichkeit
aber bleibt gleichgültig gegen die andre, und
das Jenseits hat nur die Bestimmung der Entfernung
in Raum und Zeit noch dazu erhalten. — Der Be-
griff aber, die sich selbſt gegenwärtige Wirklichkeit
des Geiſtes, bleibt im glaubenden Bewuſstseyn das
Innre, welches Alles ist und wirkt, aber nicht selbſt
hervortritt.
In der reinen Einsicht aber ist der Begriff das
allein wirkliche; und dieſe dritte Seite des Glaubens,
Gegenſtand für die reine Einsicht zu ſeyn, ist das
eigentliche Verhältniſs, in welchem er hier auftritt. —
Die reine Einsicht selbſt ist ebenso theils an und für
sich, theils im Verhältniſſe zur wirklichen Welt,
insofern sie noch positiv, nemlich als eitles Bewuſst-
seyn, vorhanden ist, theils endlich in jenem Ver-
hältniſſe zum Glauben zu betrachten.
Was die reine Einsicht an und für sich ist, ha-
ben wir gesehen; wie der Glauben das ruhige reine
Bewuſstseyn des Geistes, als des Wesens, so ist sie
das Selbstbewuſstseyn deſſelben; sie weiſs das Wesen
daher nicht als Wesen, sondern als absolutes Selbſt.
Sie geht also darauf, alle dem Selbstbewuſstseyn andre
Selbstständigkeit, es sey des Wirklichen oder Ansich-
seyenden, aufzuheben, und sie zum Begriffe zu ma-
chen. Sie ist nicht nur die Gewiſsheit der selbstbe-
wuſsten Vernunft, alle Wahrheit zu seyn; sondern
sie weiſs, daſs sie diſs ist.
H h 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 483. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/592>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.