und das Thun ist ein nothwendiges Moment, durch welches die Gewissheit des Seyns in dem absoluten Wesen, zu Stande kommt. Diss Thun des Glaubens erscheint zwar nicht so, dass das absolute Wesen selbst dadurch hervorgebracht werde. Aber das ab- solute Wesen des Glaubens ist wesentlich nicht das abstracte Wesen, das jenseits des glaubenden Bewusst- seyns sey, sondern es ist der Geist der Gemeinde, es ist die Einheit des abstracten Wesens und des Selbstbewusstseyns. Dass es dieser Geist der Gemeine sey, darin ist das Thun der Gemeine ein wesentli- ches Moment; er ist es nur durch das Hervorbringen des Bewusstseyns; -- oder vielmehr nicht ohne vom Bewusstseyn hervorgebracht zu seyn; denn so we- sentlich das Hervorbringen ist, so wesentlich ist es auch nicht der einzige Grund des Wesens, sondern es ist nur ein Moment. Das Wesen ist zugleich an und für sich selbst.
Von der andern Seite ist der Begriff der reinen Einsicht, sich ein Anderes als sein Gegenstand; denn eben diese negative Bestimmung macht den Gegen- stand aus. So spricht sie also von der andern Seite auch das Wesen des Glaubens aus, als ein dem Selbstbewusstseyn Fremdes, das nicht sein Wesen, sondern als ein Wechselbalg ihm unterschoben sey. Allein die Aufklärung ist hier völlig thör icht; der Glauben erfährt sie als ein Sprechen, das nicht weiss, was es sagt, und die Sache nicht versteht, wenn es von Pfaffenbetrug und Volkstäuschung redet.
und das Thun ist ein nothwendiges Moment, durch welches die Gewiſsheit des Seyns in dem absoluten Wesen, zu Stande kommt. Diſs Thun des Glaubens erſcheint zwar nicht so, daſs das abſolute Wesen selbſt dadurch hervorgebracht werde. Aber das ab- ſolute Wesen des Glaubens ist weſentlich nicht das abſtracte Wesen, das jenſeits des glaubenden Bewuſst- seyns ſey, ſondern es ist der Geist der Gemeinde, es ist die Einheit des abſtracten Wesens und des Selbstbewuſstseyns. Daſs es dieſer Geiſt der Gemeine sey, darin ist das Thun der Gemeine ein wesentli- ches Moment; er ist es nur durch das Hervorbringen des Bewuſstseyns; — oder vielmehr nicht ohne vom Bewuſstseyn hervorgebracht zu ſeyn; denn so we- ſentlich das Hervorbringen ist, so wesentlich ist es auch nicht der einzige Grund des Wesens, sondern es ist nur ein Moment. Das Wesen ist zugleich an und für sich selbſt.
Von der andern Seite ist der Begriff der reinen Einsicht, sich ein Anderes als sein Gegenſtand; denn eben dieſe negative Bestimmung macht den Gegen- ſtand aus. So ſpricht sie also von der andern Seite auch das Wesen des Glaubens aus, als ein dem Selbstbewuſstseyn Fremdes, das nicht sein Wesen, sondern als ein Wechſelbalg ihm unterſchoben sey. Allein die Aufklärung ist hier völlig thör icht; der Glauben erfährt sie als ein Sprechen, das nicht weiſs, was es ſagt, und die Sache nicht verſteht, wenn es von Pfaffenbetrug und Volkstäuſchung redet.
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und das Thun ist ein nothwendiges Moment, durch
welches die Gewiſsheit des Seyns in dem absoluten
Wesen, zu Stande kommt. Diſs Thun des Glaubens
erſcheint zwar nicht so, daſs das abſolute Wesen
selbſt dadurch hervorgebracht werde. Aber das ab-
ſolute Wesen des Glaubens ist weſentlich nicht das
abſtracte Wesen, das jenſeits des glaubenden Bewuſst-
seyns ſey, ſondern es ist der Geist der Gemeinde,
es ist die Einheit des abſtracten Wesens und des
Selbstbewuſstseyns. Daſs es dieſer Geiſt der Gemeine
sey, darin ist das Thun der Gemeine ein wesentli-
ches Moment; er ist es nur durch das Hervorbringen
des Bewuſstseyns; — oder vielmehr nicht ohne vom
Bewuſstseyn hervorgebracht zu ſeyn; denn so we-
ſentlich das Hervorbringen ist, so wesentlich ist es
auch nicht der einzige Grund des Wesens, sondern
es ist nur ein Moment. Das Wesen ist zugleich an
und für sich selbſt.
Von der andern Seite ist der Begriff der reinen
Einsicht, sich ein Anderes als sein Gegenſtand; denn
eben dieſe negative Bestimmung macht den Gegen-
ſtand aus. So ſpricht sie also von der andern Seite
auch das Wesen des Glaubens aus, als ein dem
Selbstbewuſstseyn Fremdes, das nicht sein Wesen,
sondern als ein Wechſelbalg ihm unterſchoben sey.
Allein die Aufklärung ist hier völlig thör icht;
der Glauben erfährt sie als ein Sprechen, das nicht
weiſs, was es ſagt, und die Sache nicht verſteht,
wenn es von Pfaffenbetrug und Volkstäuſchung redet.
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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 498. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/607>, abgerufen am 22.11.2024.
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