gut ist, dass endlich die Beziehung des einzelnen be- wussten Seyns auf das absolute Wesen, die Religion, der Begriff der Nützlichkeit erschöpfend ausdrückt, ist dem Glauben schlechthin abscheulich. Diese eigne Weisheit der Aufklärung erscheint ihm nothwendig zugleich als die Plattheit selbst, und als das Geständniss der Plattheit; weil sie darin besteht, vom absoluten Wesen nichts oder was dasselbe ist, von ihm diese ganz ebne Wahrheit zu wissen, dass es eben nur das abso- lute Wesen ist, dagegen nur von der Endlichkeit und zwar sie als das Wahre und diss Wissen von derselben als dem Wahren, als das Höchste zu wissen.
Der Glauben hat das göttliche Recht, das Recht der absoluten Sichselbstgleichheit oder des reinen Den- kens, gegen die Aufklärung, und erfährt von ihr durch- aus Unrecht; denn sie verdreht ihn in allen seinen Momenten, und macht sie zu etwas anderem, als sie in ihm sind. Sie aber hat nur menschliches Recht ge- gen ihn und für ihre Wahrheit; denn das Unrecht das sie begeht, ist das Recht der Ungleichheit, und be- steht in dem Verkehren und Verändern, ein Recht, das der Natur des Selbstbewusstseyns im Gegensatze ge- gen das einfache Wesen oder das Denken angehört Aber indem ihr Recht, das Recht des Selbstbewusst- seyns ist, wird sie nicht nur auch ihr Recht behalten, so dass zwey gleiche Rechte des Geistes einander gegen- über stehen blieben, und keins das andere befriedi- gen könnte, sondern sie wird das absolute Recht be- haupten, weil das Selbstbewusstseyn die Negativität
gut iſt, daſs endlich die Beziehung des einzelnen be- wuſsten Seyns auf das abſolute Weſen, die Religion, der Begriff der Nützlichkeit erſchöpfend ausdrückt, iſt dem Glauben ſchlechthin abſcheulich. Dieſe eigne Weisheit der Aufklärung erſcheint ihm nothwendig zugleich als die Plattheit ſelbſt, und als das Geſtändniſs der Plattheit; weil ſie darin beſteht, vom abſoluten Weſen nichts oder was daſſelbe iſt, von ihm dieſe ganz ebne Wahrheit zu wiſſen, daſs es eben nur das abſo- lute Weſen iſt, dagegen nur von der Endlichkeit und zwar ſie als das Wahre und diſs Wiſſen von derſelben als dem Wahren, als das Höchſte zu wiſſen.
Der Glauben hat das göttliche Recht, das Recht der abſoluten Sichſelbſtgleichheit oder des reinen Den- kens, gegen die Aufklärung, und erfährt von ihr durch- aus Unrecht; denn ſie verdreht ihn in allen ſeinen Momenten, und macht ſie zu etwas anderem, als ſie in ihm ſind. Sie aber hat nur menſchliches Recht ge- gen ihn und für ihre Wahrheit; denn das Unrecht das ſie begeht, iſt das Recht der Ungleichheit, und be- ſteht in dem Verkehren und Verändern, ein Recht, das der Natur des Selbſtbewuſstſeyns im Gegenſatze ge- gen das einfache Weſen oder das Denken angehört Aber indem ihr Recht, das Recht des Selbſtbewuſst- ſeyns iſt, wird ſie nicht nur auch ihr Recht behalten, ſo daſs zwey gleiche Rechte des Geiſtes einander gegen- über ſtehen blieben, und keins das andere befriedi- gen könnte, ſondern ſie wird das abſolute Recht be- haupten, weil das Selbſtbewuſstſeyn die Negativität
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gut iſt, daſs endlich die Beziehung des einzelnen be-
wuſsten Seyns auf das abſolute Weſen, die Religion,
der Begriff der Nützlichkeit erſchöpfend ausdrückt,
iſt dem Glauben ſchlechthin abſcheulich. Dieſe eigne
Weisheit der Aufklärung erſcheint ihm nothwendig
zugleich als die Plattheit ſelbſt, und als das Geſtändniſs
der Plattheit; weil ſie darin beſteht, vom abſoluten
Weſen nichts oder was daſſelbe iſt, von ihm dieſe ganz
ebne Wahrheit zu wiſſen, daſs es eben nur das abſo-
lute Weſen iſt, dagegen nur von der Endlichkeit und
zwar ſie als das Wahre und diſs Wiſſen von derſelben
als dem Wahren, als das Höchſte zu wiſſen.
Der Glauben hat das göttliche Recht, das Recht
der abſoluten Sichſelbſtgleichheit oder des reinen Den-
kens, gegen die Aufklärung, und erfährt von ihr durch-
aus Unrecht; denn ſie verdreht ihn in allen ſeinen
Momenten, und macht ſie zu etwas anderem, als ſie
in ihm ſind. Sie aber hat nur menſchliches Recht ge-
gen ihn und für ihre Wahrheit; denn das Unrecht
das ſie begeht, iſt das Recht der Ungleichheit, und be-
ſteht in dem Verkehren und Verändern, ein Recht,
das der Natur des Selbſtbewuſstſeyns im Gegenſatze ge-
gen das einfache Weſen oder das Denken angehört
Aber indem ihr Recht, das Recht des Selbſtbewuſst-
ſeyns iſt, wird ſie nicht nur auch ihr Recht behalten,
ſo daſs zwey gleiche Rechte des Geiſtes einander gegen-
über ſtehen blieben, und keins das andere befriedi-
gen könnte, ſondern ſie wird das abſolute Recht be-
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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 512. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/621>, abgerufen am 22.11.2024.
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