insofern die Macht des Begriffes als sie die Bewegung und das Beziehen der in seinem Bewusstseyn ausein- ander liegenden Momente ist, ein Beziehen, worin der Widerspruch derselben zum Vorschein kömmt. Hierin liegt das absolute Recht der Gewalt, welche sie über ihn ausübt; die Wirklichkeit aber, zu der sie diese Gewalt bringt, ebendarin, dass das glau- bende Bewusstseyn selbst der Begriff ist, und also das Entgegengesetzte, das ihm die Einsicht herbey- bringt, selbst anerkennt. Sie behält darum gegen es Recht, weil sie an ihm das geltend macht, was ihm selbst nothwendig ist, und was es an ihm selbst hat.
Zuerst behauptet die Aufklärung das Moment des Begriffs, ein Thun des Bewusstseyns zu seyn; sie behauptet diss gegen den Glauben, -- dass sein ab- solutes Wesen, Wesen seines Bewusstseyn als eines Selbsts, oder dass es durch das Bewusstseyn hervor- gebracht sey. Dem glaubenden Bewusstseyn ist sein absolutes Wesen, ebenso wie es ihm Ansich ist, zu- gleich nicht wie ein fremdes Ding, welches darin, man weiss nicht wie und woher, stünde, sondern sein Vertrauen besteht gerade darin, sich als dieses persönliche Bewusstseyn darin zu finden, und sein Gehorsam und Dienst darin, es als sein absolutes Wesen durch sein Thun hervorzubringen. Hieran erinnert eigentlich nur den Glauben die Aufklärung, wenn er rein das Ansich des absoluten Wesens jen- seits des Thuns des Bewusstseyns ausspricht. -- Aber indem sie zwar der Einseitigkeit des Glaubens das
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inſofern die Macht des Begriffes als ſie die Bewegung und das Beziehen der in ſeinem Bewuſstseyn ausein- ander liegenden Momente ist, ein Beziehen, worin der Widerſpruch derſelben zum Vorſchein kömmt. Hierin liegt das abſolute Recht der Gewalt, welche sie über ihn ausübt; die Wirklichkeit aber, zu der sie dieſe Gewalt bringt, ebendarin, daſs das glau- bende Bewuſstseyn ſelbſt der Begriff ist, und alſo das Entgegengeſetzte, das ihm die Einsicht herbey- bringt, ſelbſt anerkennt. Sie behält darum gegen es Recht, weil sie an ihm das geltend macht, was ihm ſelbſt nothwendig ist, und was es an ihm ſelbſt hat.
Zuerſt behauptet die Aufklärung das Moment des Begriffs, ein Thun des Bewuſstſeyns zu ſeyn; sie behauptet diſs gegen den Glauben, — daſs ſein ab- ſolutes Wesen, Wesen ſeines Bewuſstseyn als eines Selbſts, oder daſs es durch das Bewuſstseyn hervor- gebracht ſey. Dem glaubenden Bewuſstseyn ist sein abſolutes Wesen, ebenſo wie es ihm Ansich ist, zu- gleich nicht wie ein fremdes Ding, welches darin, man weiſs nicht wie und woher, ſtünde, ſondern ſein Vertrauen beſteht gerade darin, sich als dieſes perſönliche Bewuſstseyn darin zu finden, und sein Gehorſam und Dienſt darin, es als sein abſolutes Wesen durch sein Thun hervorzubringen. Hieran erinnert eigentlich nur den Glauben die Aufklärung, wenn er rein das Ansich des abſoluten Weſens jen- seits des Thuns des Bewuſstseyns ausſpricht. — Aber indem sie zwar der Einseitigkeit des Glaubens das
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inſofern die Macht des Begriffes als ſie die Bewegung
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ander liegenden Momente ist, ein Beziehen, worin
der Widerſpruch derſelben zum Vorſchein kömmt.
Hierin liegt das abſolute Recht der Gewalt, welche
sie über ihn ausübt; die Wirklichkeit aber, zu der
sie dieſe Gewalt bringt, ebendarin, daſs das glau-
bende Bewuſstseyn ſelbſt der Begriff ist, und alſo
das Entgegengeſetzte, das ihm die Einsicht herbey-
bringt, ſelbſt anerkennt. Sie behält darum gegen es
Recht, weil sie an ihm das geltend macht, was ihm
ſelbſt nothwendig ist, und was es an ihm ſelbſt hat.
Zuerſt behauptet die Aufklärung das Moment
des Begriffs, ein Thun des Bewuſstſeyns zu ſeyn; sie
behauptet diſs gegen den Glauben, — daſs ſein ab-
ſolutes Wesen, Wesen ſeines Bewuſstseyn als eines
Selbſts, oder daſs es durch das Bewuſstseyn hervor-
gebracht ſey. Dem glaubenden Bewuſstseyn ist sein
abſolutes Wesen, ebenſo wie es ihm Ansich ist, zu-
gleich nicht wie ein fremdes Ding, welches darin,
man weiſs nicht wie und woher, ſtünde, ſondern
ſein Vertrauen beſteht gerade darin, sich als dieſes
perſönliche Bewuſstseyn darin zu finden, und sein
Gehorſam und Dienſt darin, es als sein abſolutes
Wesen durch sein Thun hervorzubringen. Hieran
erinnert eigentlich nur den Glauben die Aufklärung,
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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 515. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/624>, abgerufen am 22.11.2024.
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