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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807.

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schieden von der Natur philosophischer Wahr-
heiten.

In Ansehung der historischen Wahrheiten,
um ihrer kurz zu erwähnen, insofern nemlich
das rein historische derselben betrachtet wird,
wird leicht zugegeben, dass sie das einzelne
Daseyn, einen Inhalt nach der Seite seiner Zu-
fälligkeit und Willkühr, Bestimmungen dessel-
ben, die nicht nothwendig sind, betreffen. --
Selbst aber solche nakte Wahrheiten wie die als
Beyspiel angeführte, sind nicht ohne die Be-
wegung des Selbstbewusstseyns. Um eine der-
selben zu kennen, muss viel verglichen, auch in
Büchern nachgeschlagen oder auf welche Weise
es sey untersucht werden; auch bey einer un-
mittelbaren Anschauung wird erst die Kenntniss
derselben mit ihren Gründen für etwas gehal-
ten, das wahren Werth habe, obgleich eigent-
lich nur das nakte Resultat das seyn soll, um
das es zu thun sey.

Was die mathematischen Wahrheiten be-
trift, so würde noch weniger der für einen Geo-
meter gehalten werden, der die Theoreme Eu-
klids auswendig wüsste, ohne ihre Beweise, ohne
sie, wie man im Gegensatze sich ausdrücken könne,
inwendig zu wissen. Ebenso würde die Kennt-
niss, die einer durch Messung vieler rechtwink-

lichten

ſchieden von der Natur philoſophiſcher Wahr-
heiten.

In Anſehung der hiſtoriſchen Wahrheiten,
um ihrer kurz zu erwähnen, inſofern nemlich
das rein hiſtoriſche derſelben betrachtet wird,
wird leicht zugegeben, daſs ſie das einzelne
Daſeyn, einen Inhalt nach der Seite ſeiner Zu-
fälligkeit und Willkühr, Beſtimmungen deſſel-
ben, die nicht nothwendig ſind, betreffen. —
Selbſt aber ſolche nakte Wahrheiten wie die als
Beyſpiel angeführte, ſind nicht ohne die Be-
wegung des Selbſtbewuſstſeyns. Um eine der-
ſelben zu kennen, muſs viel verglichen, auch in
Büchern nachgeſchlagen oder auf welche Weiſe
es ſey unterſucht werden; auch bey einer un-
mittelbaren Anſchauung wird erſt die Kenntniſs
derſelben mit ihren Gründen für etwas gehal-
ten, das wahren Werth habe, obgleich eigent-
lich nur das nakte Reſultat das ſeyn ſoll, um
das es zu thun ſey.

Was die mathematiſchen Wahrheiten be-
trift, ſo würde noch weniger der für einen Geo-
meter gehalten werden, der die Theoreme Eu-
klids auswendig wüſste, ohne ihre Beweiſe, ohne
ſie, wie man im Gegenſatze ſich ausdrücken könne,
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[XLVIII/0063] ſchieden von der Natur philoſophiſcher Wahr- heiten. In Anſehung der hiſtoriſchen Wahrheiten, um ihrer kurz zu erwähnen, inſofern nemlich das rein hiſtoriſche derſelben betrachtet wird, wird leicht zugegeben, daſs ſie das einzelne Daſeyn, einen Inhalt nach der Seite ſeiner Zu- fälligkeit und Willkühr, Beſtimmungen deſſel- ben, die nicht nothwendig ſind, betreffen. — Selbſt aber ſolche nakte Wahrheiten wie die als Beyſpiel angeführte, ſind nicht ohne die Be- wegung des Selbſtbewuſstſeyns. Um eine der- ſelben zu kennen, muſs viel verglichen, auch in Büchern nachgeſchlagen oder auf welche Weiſe es ſey unterſucht werden; auch bey einer un- mittelbaren Anſchauung wird erſt die Kenntniſs derſelben mit ihren Gründen für etwas gehal- ten, das wahren Werth habe, obgleich eigent- lich nur das nakte Reſultat das ſeyn ſoll, um das es zu thun ſey. Was die mathematiſchen Wahrheiten be- trift, ſo würde noch weniger der für einen Geo- meter gehalten werden, der die Theoreme Eu- klids auswendig wüſste, ohne ihre Beweiſe, ohne ſie, wie man im Gegenſatze ſich ausdrücken könne, inwendig zu wiſſen. Ebenſo würde die Kennt- niſs, die einer durch Meſſung vieler rechtwink- lichten

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Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. XLVIII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/63>, abgerufen am 24.11.2024.