erst in sich zurückkehrte, sondern der Gegenstand ist ihm das Bewusstseyn selbst; der Gegensatz besteht al- so allein in dem Unterschiede des einzelnen und allge- meinen Bewusstseyns; aber das einzelne ist sich unmit- telbar selbst dasjenige, was nur den Schein des Gegen- satzes hatte, es ist allgemeines Bewusstseyn und Wil- len. Das Jenseits dieser seiner Wirklichkeit schwebt über dem Leichname der verschwundnen Selbststän- digkeit des realen oder geglaubten Seyns nur als die Ausdünstung eines faden Gases, des leeren Etre su- preme.
Es ist nach Aufhebung der unterschiedeneu geisti- gen Massen, und des beschränkten Lebens der Indivi- duen, so wie seiner beyden Welten also nur die Be- wegung des allgemeinen Selbstbewusstseyns in sich selbst vorhanden, als eine Wechselwirkung desselben in der Form der Allgemeinheit und des persönlichen Be- wusstseyns; der allgemeine Willen geht in sich, und ist einzelner Willen, dem das allgemeine Gesetz und Werk gegenübersteht. Aber diss einzelne Bewusstseyn ist sich seiner ebenso unmittelbar als allgemeinen Wil- lens bewusst; es ist sich bewusst, dass sein Gegenstand von ihm gegebenes Gesetz und von ihm vollbrachtes Werk ist; in Thätigkeit übergehend und Gegenständ- lichkeit erschaffend, macht es also nichts einzelnes, sondern nur Gesetze, und Staatsactionen.
Diese Bewegung ist hiedurch die Wechselwirkung des Bewusstseyns mit sich selbst, worinn es nichts in der Gestalt eines freyen ihm gegenüber tretenden Ge-
erſt in ſich zurückkehrte, ſondern der Gegenſtand iſt ihm das Bewuſstseyn ſelbſt; der Gegenſatz beſteht al- ſo allein in dem Unterſchiede des einzelnen und allge- meinen Bewuſstseyns; aber das einzelne iſt ſich unmit- telbar ſelbſt dasjenige, was nur den Schein des Gegen- ſatzes hatte, es iſt allgemeines Bewuſstſeyn und Wil- len. Das Jenſeits dieſer ſeiner Wirklichkeit ſchwebt über dem Leichname der verſchwundnen Selbſtſtän- digkeit des realen oder geglaubten Seyns nur als die Ausdünſtung eines faden Gaſes, des leeren Etre ſu- prême.
Es iſt nach Aufhebung der unterſchiedeneu geiſti- gen Maſſen, und des beſchränkten Lebens der Indivi- duen, ſo wie ſeiner beyden Welten alſo nur die Be- wegung des allgemeinen Selbſtbewuſstseyns in ſich ſelbſt vorhanden, als eine Wechſelwirkung deſſelben in der Form der Allgemeinheit und des perſönlichen Be- wuſstſeyns; der allgemeine Willen geht in ſich, und iſt einzelner Willen, dem das allgemeine Geſetz und Werk gegenüberſteht. Aber diſs einzelne Bewuſstſeyn iſt ſich ſeiner ebenſo unmittelbar als allgemeinen Wil- lens bewuſst; es iſt ſich bewuſst, daſs ſein Gegenſtand von ihm gegebenes Geſetz und von ihm vollbrachtes Werk iſt; in Thätigkeit übergehend und Gegenſtänd- lichkeit erſchaffend, macht es alſo nichts einzelnes, ſondern nur Geſetze, und Staatsactionen.
Dieſe Bewegung iſt hiedurch die Wechſelwirkung des Bewuſstseyns mit ſich ſelbſt, worinn es nichts in der Geſtalt eines freyen ihm gegenüber tretenden Ge-
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erſt in ſich zurückkehrte, ſondern der Gegenſtand iſt
ihm das Bewuſstseyn ſelbſt; der Gegenſatz beſteht al-
ſo allein in dem Unterſchiede des einzelnen und allge-
meinen Bewuſstseyns; aber das einzelne iſt ſich unmit-
telbar ſelbſt dasjenige, was nur den Schein des Gegen-
ſatzes hatte, es iſt allgemeines Bewuſstſeyn und Wil-
len. Das Jenſeits dieſer ſeiner Wirklichkeit ſchwebt
über dem Leichname der verſchwundnen Selbſtſtän-
digkeit des realen oder geglaubten Seyns nur als die
Ausdünſtung eines faden Gaſes, des leeren Etre ſu-
prême.
Es iſt nach Aufhebung der unterſchiedeneu geiſti-
gen Maſſen, und des beſchränkten Lebens der Indivi-
duen, ſo wie ſeiner beyden Welten alſo nur die Be-
wegung des allgemeinen Selbſtbewuſstseyns in ſich
ſelbſt vorhanden, als eine Wechſelwirkung deſſelben
in der Form der Allgemeinheit und des perſönlichen Be-
wuſstſeyns; der allgemeine Willen geht in ſich, und
iſt einzelner Willen, dem das allgemeine Geſetz und
Werk gegenüberſteht. Aber diſs einzelne Bewuſstſeyn
iſt ſich ſeiner ebenſo unmittelbar als allgemeinen Wil-
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von ihm gegebenes Geſetz und von ihm vollbrachtes
Werk iſt; in Thätigkeit übergehend und Gegenſtänd-
lichkeit erſchaffend, macht es alſo nichts einzelnes,
ſondern nur Geſetze, und Staatsactionen.
Dieſe Bewegung iſt hiedurch die Wechſelwirkung
des Bewuſstseyns mit ſich ſelbſt, worinn es nichts in
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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 537. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/646>, abgerufen am 22.11.2024.
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