welches und in welchem diese reine Einheit ist; für es aber als Bewusstseyn ist der Gegensatz seiner selbst und der Triebe. In diesem Widerstreit der Vernunft und der Sinnlichkeit ist für jene diss das Wesen, dass er sich auflöse, und als Resultat die Einheit beyder hervorgehe, die nicht jene ursprüng- liche, dass beyde in Einem Individuum sind, sondern eine solche ist, die aus dem gewussten Gegensatze beyder hervorgeht. Solche Einheit erst ist die wirk- liche Moralität, denn in ihr ist der Gegensatz, wo- durch das Selbst Bewusstseyn oder erst wirkliches und in der That Selbst und zugleich allgemeines ist, enthalten; oder es ist diejenige Vermittlung darin aus- gedrückt, welche der Moralität, wie wir sehen, we- sentlich ist. -- Indem unter den beyden Momenten des Gegensatzes die Sinnlichkeit schlechthin das An- dersseyn oder das Negative, hingegen das reine Den- ken der Pflicht das Wesen ist, von welchem nichts aufgegeben werden kann, so scheint die hervorge- brachte Einheit nur durch das Aufheben der Sinn- lichkeit zu Stande kommen zu können. Da sie aber selbst Moment dieses Werdens, das Moment der Wirklichkeit ist, so wird man sich für die Einheit zunächst mit dem Ausdrucke begnügen müssen, dass die Sinnlichkeit der Moralität gemäss sey. -- Diese Einheit ist gleichfalls ein postulirtes Seyn, sie ist nicht da; denn was da ist, ist das Bewusstseyn, oder der Gegensatz der Sinnlichkeit und des reinen Bewusst- seyns. Sie ist aber zugleich nicht ein An sich, wie
welches und in welchem diese reine Einheit ist; für es aber als Bewuſstseyn ist der Gegensatz seiner selbst und der Triebe. In diesem Widerſtreit der Vernunft und der Sinnlichkeit ist für jene diſs das Wesen, daſs er sich auflöse, und als Reſultat die Einheit beyder hervorgehe, die nicht jene ursprüng- liche, daſs beyde in Einem Individuum sind, sondern eine solche ist, die aus dem gewuſsten Gegenſatze beyder hervorgeht. Solche Einheit erst ist die wirk- liche Moralität, denn in ihr ist der Gegensatz, wo- durch das Selbst Bewuſstseyn oder erst wirkliches und in der That Selbſt und zugleich allgemeines iſt, enthalten; oder es ist diejenige Vermittlung darin aus- gedrückt, welche der Moralität, wie wir ſehen, we- sentlich ist. — Indem unter den beyden Momenten des Gegenſatzes die Sinnlichkeit ſchlechthin das An- dersſeyn oder das Negative, hingegen das reine Den- ken der Pflicht das Weſen ist, von welchem nichts aufgegeben werden kann, ſo ſcheint die hervorge- brachte Einheit nur durch das Aufheben der Sinn- lichkeit zu Stande kommen zu können. Da sie aber ſelbſt Moment dieſes Werdens, das Moment der Wirklichkeit ist, so wird man sich für die Einheit zunächst mit dem Ausdrucke begnügen müſſen, daſs die Sinnlichkeit der Moralität gemäſs ſey. — Diese Einheit ist gleichfalls ein poſtulirtes Seyn, sie ist nicht da; denn was da ist, ist das Bewuſstſeyn, oder der Gegensatz der Sinnlichkeit und des reinen Bewuſst- ſeyns. Sie ist aber zugleich nicht ein An sich, wie
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0664"n="555"/>
welches und in welchem diese reine Einheit ist; für<lb/>
es aber als Bewuſstseyn ist der Gegensatz seiner<lb/>
selbst und der Triebe. In diesem Widerſtreit der<lb/>
Vernunft und der Sinnlichkeit ist für jene diſs das<lb/>
Wesen, daſs er sich auflöse, und als <hirendition="#i">Reſultat</hi> die<lb/>
Einheit beyder hervorgehe, die nicht jene <hirendition="#i">ursprüng-<lb/>
liche</hi>, daſs beyde in Einem Individuum sind, sondern<lb/>
eine solche ist, die aus dem <hirendition="#i">gewuſsten</hi> Gegenſatze<lb/>
beyder hervorgeht. Solche Einheit erst ist die <hirendition="#i">wirk-<lb/>
liche</hi> Moralität, denn in ihr ist der Gegensatz, wo-<lb/>
durch das Selbst Bewuſstseyn oder erst wirkliches<lb/>
und in der That Selbſt und zugleich allgemeines iſt,<lb/>
enthalten; oder es ist diejenige <hirendition="#i">Vermittlung</hi> darin aus-<lb/>
gedrückt, welche der Moralität, wie wir ſehen, we-<lb/>
sentlich ist. — Indem unter den beyden Momenten<lb/>
des Gegenſatzes die Sinnlichkeit ſchlechthin das <hirendition="#i">An-<lb/>
dersſeyn</hi> oder das Negative, hingegen das reine Den-<lb/>
ken der Pflicht das Weſen ist, von welchem nichts<lb/>
aufgegeben werden kann, ſo ſcheint die hervorge-<lb/>
brachte Einheit nur durch das Aufheben der Sinn-<lb/>
lichkeit zu Stande kommen zu können. Da sie aber<lb/>ſelbſt Moment dieſes Werdens, das Moment der<lb/><hirendition="#i">Wirklichkeit</hi> ist, so wird man sich für die Einheit<lb/>
zunächst mit dem Ausdrucke begnügen müſſen, daſs<lb/>
die Sinnlichkeit der Moralität <hirendition="#i">gemäſs</hi>ſey. — Diese<lb/>
Einheit ist gleichfalls ein <hirendition="#i">poſtulirtes Seyn</hi>, sie <hirendition="#i">ist</hi> nicht<lb/><hirendition="#i">da</hi>; denn was <hirendition="#i">da ist</hi>, ist das Bewuſstſeyn, oder der<lb/>
Gegensatz der Sinnlichkeit und des reinen Bewuſst-<lb/>ſeyns. Sie ist aber zugleich nicht ein An sich, wie<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[555/0664]
welches und in welchem diese reine Einheit ist; für
es aber als Bewuſstseyn ist der Gegensatz seiner
selbst und der Triebe. In diesem Widerſtreit der
Vernunft und der Sinnlichkeit ist für jene diſs das
Wesen, daſs er sich auflöse, und als Reſultat die
Einheit beyder hervorgehe, die nicht jene ursprüng-
liche, daſs beyde in Einem Individuum sind, sondern
eine solche ist, die aus dem gewuſsten Gegenſatze
beyder hervorgeht. Solche Einheit erst ist die wirk-
liche Moralität, denn in ihr ist der Gegensatz, wo-
durch das Selbst Bewuſstseyn oder erst wirkliches
und in der That Selbſt und zugleich allgemeines iſt,
enthalten; oder es ist diejenige Vermittlung darin aus-
gedrückt, welche der Moralität, wie wir ſehen, we-
sentlich ist. — Indem unter den beyden Momenten
des Gegenſatzes die Sinnlichkeit ſchlechthin das An-
dersſeyn oder das Negative, hingegen das reine Den-
ken der Pflicht das Weſen ist, von welchem nichts
aufgegeben werden kann, ſo ſcheint die hervorge-
brachte Einheit nur durch das Aufheben der Sinn-
lichkeit zu Stande kommen zu können. Da sie aber
ſelbſt Moment dieſes Werdens, das Moment der
Wirklichkeit ist, so wird man sich für die Einheit
zunächst mit dem Ausdrucke begnügen müſſen, daſs
die Sinnlichkeit der Moralität gemäſs ſey. — Diese
Einheit ist gleichfalls ein poſtulirtes Seyn, sie ist nicht
da; denn was da ist, ist das Bewuſstſeyn, oder der
Gegensatz der Sinnlichkeit und des reinen Bewuſst-
ſeyns. Sie ist aber zugleich nicht ein An sich, wie
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 555. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/664>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.